Egal, ob es um die Energiewende, den Austausch von Gas- und Ölheizungen oder den allgemeinen Ausbau des Straßen- und Schienennetzes geht: Bei zahlreichen politischen Themen gibt es trotz der jüngsten Beschlüsse nach dem Koalitionsausschuss immer wieder Streit zwischen der SPD, FDP und den Grünen.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Bei "Markus Lanz" stellte sich FDP-Fraktionschef Christian Dürr am Dienstagabend den brennendsten Fragen zur Heizungs-Debatte und geriet dabei vor allem mit dem ZDF-Moderator mehrmals heftig aneinander.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Ende März einigte sich die Ampel-Koalition nach mehrtägigen Diskussionen auf ein 16-seitiges Beschlusspapier für ein "Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung". Doch damit ist das Thema alles andere als erledigt: Am Dienstagabend lieferte sich FDP-Fraktionschef Christian Dürr bei "Markus Lanz" eine hitzige Debatte mit dem ZDF-Moderator und seinen Gästen, als es um den Erhalt von Gasheizungen und die Mobilitätswende ging.

Gleichzeitig wetterte Dürr nicht nur immer wieder gegen die Grünen, sondern auch gegen die sogenannten "Klima-Kleber" der Letzten Generation, die am Montagmorgen Berlin lahmlegten.

Das sind die Gäste

  • Christian Dürr, Politiker und FDP-Fraktionschef: "Deutschland ist aus verdammt vielem ausgestiegen, aber in zu wenigen Bereichen eingestiegen."
  • Kerstin Münstermann, "Rheinische Post"-Redakteurin: "Im Heizungsgesetz ist vieles unscharf."
  • Isabella Weber, Ökonomin und Wirtschaftsprofessorin: "Wir müssen in der Zeitenwende neu herausfinden, wie Staat und Markt zusammenarbeiten können."
  • Felix Lee, Journalist und China-Experte: "Die Energiewende muss kommen, sonst kriegen wir auch wirtschaftliche Probleme."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Das gerade beschlossene Gebäudeenergiegesetz sorgt in der Ampel-Koalition weiter für Diskussionen. Vor allem zwischen den Grünen und der FDP gelten die Fronten als verhärtet. Markus Lanz stichelte daher in Richtung FDP-Fraktionschef Christian Dürr: "Es entsteht der Eindruck, dass in der FDP sehr viele Menschen etwas gegen dieses Gesetz haben. Warum benutzen Sie das Wort 'Heizungsverbots-Gesetz', was soll das?".

Der Politiker verteidigte die Wortwahl seiner Partei und erklärte mit Blick auf den ursprünglichen Gesetzesentwurf der Grünen: "Dieser Vorschlag hat ja Menschen reihenweise in Sorge versetzt!" Besonders die Debatte um den Einbau von Wärmepumpen löste eine Welle der Empörung aus, wie auch Journalistin Kerstin Münstermann anmerkte: "Tatsächlich wurde in dem ersten Vorschlag der Eindruck erweckt, dass Herr Habeck persönlich bei Ihnen steht und Ihre Heizung rausreißt. Das hat natürlich jeder dann für sich politisch genutzt."

Lanz hakte kritisch bei Christian Dürr nach: "Der Mann, der die Partei ist, Christian Lindner, hat diesem Gesetz jedoch zugestimmt. Wie geht das zusammen? Es geht doch auch um Glaubwürdigkeit." Dürr antwortete darauf nur schwammig und sagte: "Die sehr spannende Frage ist doch jetzt, ob die politische Vereinbarung der technologischen Offenheit im Gesetz wirklich da ist. Die Vorbehalte sind jetzt durch den Bundestag zu ändern."

Lanz bohrte unbeirrt weiter: "Was bedeutet das Gesetz? Wie soll's laufen?" Dürr erklärte, dass man bestehende Gasnetzwerke weiter nutzen wolle: "Wenn Sie eine Gasheizung haben, sollte in Zukunft auch Wasserstoff in diesen Netzen sein, die klimaneutral betrieben werden können. Sonst wird es schlicht zu teuer für die privaten Haushalte."

Als Lanz nach einem konkreten Zeitraum fragte, antwortete Dürr kurz und knapp: "Das wird sukzessive so eintreten." Einen Wärmepumpen-Zwang soll es jedoch laut Dürr nicht geben. Der ZDF-Moderator fragte ungläubig: "Ich kann weiter eine Gasheizung kaufen, in der Hoffnung, dass es irgendwann Wasserstoff gibt? Und wenn es keinen gibt, dann heize ich weiter mit Gas?"

Christian Dürr blieb schwammig: "Die Hoffnung muss erfüllt sein, weil wir die Menschen nicht auf den Kosten sitzen lassen können. Wenn wir klimaneutral werden, wird CO2 auf dem Weg dorthin teurer." Eine Aussage, die Lanz stutzig machte: "Das heißt, Sie kaufen die Gasheizung und dann wird es in Zukunft teurer und teurer."

Daraufhin schaltete sich China-Experte Felix Lee ein: "Die Energiewende muss kommen, sonst kriegen wir auch wirtschaftliche Probleme. Ich nehme die FDP als Blockierer wahr. Nach jahrzehntelangen Debatten, hat sich Deutschland dazu entschieden, aus der Kernkraft auszusteigen. Jetzt will die FDP das Ganze auf Standby halten. Das halte ich für rückwärtsgewandt. Man sollte mehr auf die neuen Technologien schauen. Unsere Photovoltaikanlagen kommen zu 86 Prozent aus China. Wir haben uns in eine Abhängigkeit begeben und das wiederholt sich jetzt bei den Wärmepumpen."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Der ZDF-Moderator wollte den FDP-Fraktionschef im Laufe der Sendung mehrmals aus der Reserve locken und fragte direkt: "Wer hatte die Idee, die Grünen als Großgegner auszumachen?" Dürr reagierte überrascht: "Die Frage könnte den Eindruck erwecken, als ginge es um irgendeine Show. Bei der Heizfrage sind fast 80 Millionen Menschen betroffen. Das ist eine reale Betroffenheit und wenn man sagt 'So kann es nicht laufen', dann ist es eine Frage, ob man Menschen ernst nimmt mit ihren Sorgen."

Lanz hakte interessiert nach: "Habeck nimmt die Menschen also nicht ernst?" Christian Dürr zeigte sich daraufhin genervt und verteidigte sich mit den Worten "Sie unterstellen mir gerade etwas, das ich nicht gesagt habe", woraufhin Lanz erneut stichelte "Ich muss sie ja provozieren, Herr Dürr".

Provoziert wurde Dürr auch beim Thema Klima-Aktivisten. Dazu sagte der FDP-Mann zunächst erbost: "Das geht so nicht weiter. Das Tyrannisieren der Republik ist ja keine Lösung."

Lanz fragte daraufhin mit Blick auf das geplante Treffen zwischen dem FDP-Verkehrsminister Volker Wissing und Vertretern der Letzten Generation: "Was wollen Sie machen, ihnen die Ohren langziehen?" Dürr reagierte patzig: "Man kann ja auch entlarven, Herr Lanz. Ich habe manchmal den Eindruck, es geht mehr um die Selbstdarstellung als um den Klimawandel. Es fällt mir schwer, die Letzte Generation ernst zu nehmen."

Lanz hakte mit kritischem Blick nach: "Selbstdarsteller? Das sind doch Menschen, die bereit sind, ins Gefängnis zu gehen." Dürr wollte dies nicht akzeptieren und merkte an: "Ich kann nicht erkennen, dass es ihnen wirklich ums Klima geht. Es geht ihnen eher darum, zu stören. Die Proteste legen sehr viel lahm. Das ist für mich schon ein Stück weit Demokratie ablehnend. Mein großes Problem ist, dass es eine Straftat mit Ansage ist. Zu sagen, ich begehe bewusst Straftaten, geht für mich einfach nicht."

Dies brachte Lanz auf die geplante Verkehrswende. Dazu sagte Dürr zunächst selbstbewusst: "Die Mehrheit der Menschen in Deutschland ist der Meinung der FDP, was den Verbrennungsmotor betrifft." Lanz ließ dieses Argument jedoch nicht gelten. "Geht's Ihnen um Umfragen oder geht es Ihnen um die Sache?" Der Politiker kam ins Straucheln und antwortete: "Es geht darum, den Verbrennungsmotor klimaneutral zu bekommen. Ich halte es für wichtig, dass wir vor 2035 über Klimaneutralität auf der Straße reden."

China-Experte Felix Lee merkte an: "In der Verkehrswende gibt es so viele Vorbilder, wie man es angehen kann. Für viele Leute in den Metropolen ist es zutiefst ärgerlich, wie viel Platz Autos einnehmen." Dürr antwortete darauf: "Ich habe nichts gegen Metropolen, die freundlicher und besser werden. Aber man kann sich nicht nur auf die Metropolen fokussieren. Mir geht's um die 60 Prozent der Menschen, die im ländlichen Raum leben und auf ihr Auto angewiesen sind." Ein Argument, das Lanz zum Schmunzeln brachte: "Jetzt geht's Ihnen wieder um Umfragen!"

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz schaffte es am Dienstagabend, FDP-Fraktionschef Christian Dürr mit konkreten Nachfragen aus der Reserve zu locken. Nicht nur beim Heizungsgesetz, sondern auch bei der Umsetzung der Energiewende gelang es dem ZDF-Moderator, Dürr ins Straucheln zu bringen.

Gerade als es um die weitere Verwendung von Gasheizungen ging, ließ Lanz nicht locker und fragte den Politiker mehrmals nach genauen Fakten. Auch als sich Dürr von den ständigen Unterbrechungen des ZDF-Moderators genervt zeigte, ließ sich Lanz nicht beirren und sagte am Ende der Sendung zurecht: "Was hier heute klar wird: Das Land kämpft."

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Die geplante Energiewende in Deutschland und das dazu verabschiedete Gebäudeenergiegesetz sorgt für jede Menge Verwirrung und Unsicherheit im Land. Bei "Markus Lanz" stellte sich FDP-Fraktionschef Christian Dürr den brennendsten Fragen des ZDF-Moderators und sah sich im Laufe der Sendung nicht nur einmal in die Ecke gedrängt.

Ob bei der Verkehrswende, der Energiewende oder dem Umgang mit Klima-Aktivisten wie der Letzten Generation: Dürr sah sich in mehreren Themenbereichen in Erklärungsnot und schaffte es nur gelegentlich, mit konkreten Fakten und Argumenten zu punkten. Ökonomin Isabella Weber forderte daher zu Recht am Dienstagabend "eine klare Strategie" und "klare politische Commitments".  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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