Deutsche Autos spielen auf dem Weltmarkt schon länger keine übergeordnete Rolle mehr. Bei "Markus Lanz" sprach Omid Nouripour über die Wichtigkeit der Elektromobilität. Dabei wurde er von dem ZDF-Moderator mit einer einfachen Frage bloßgestellt.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das amerikanische Elektroauto von Tesla hat sich zum Marktführer sowohl in Europa als auch in China gemausert. Bei "Markus Lanz" stellte sich Grünen-Politiker Omid Nouripour der Kritik am deutschen Wirtschaftsstandort und legte sich dabei verbal mit dem ZDF-Moderator an.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Tesla, der amerikanische Hersteller von Elektrofahrzeugen, hat es geschafft, eines seiner Modelle zum meistverkauften Fahrzeug der Welt zu machen. Das Elektro-SUV-Modell "Y" wurde laut Angaben des Marktanalysten Jato Dynamics im vergangenen Jahr so häufig verkauft wie kein anderer Pkw - nämlich rund 1,23 Millionen Mal.

Auf Platz zwei und drei folgen den jüngsten Analysen zufolge zwei Modelle des japanischen Herstellers Toyota. Markus Lanz stellte in seiner Sendung die Frage, inwieweit der Wirtschaftsstandort Deutschland im Automobilsektor überhaupt noch eine Rolle spielt.

Das sind die Gäste

  • Omid Nouripour, Politiker (B'90/Grüne)
  • Julia Löhr, Journalistin
  • Kai Ambos, Völkerrechtler
  • Gabriel Shipton, Filmproduzent und Stiefbruder von Julian Assange
  • Heribert Prantl, Autor

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Zunächst wollte Markus Lanz von Grünen-Politiker Omid Nouripour wissen, was er davon halte, dass das meistverkaufte Auto der Welt ausgerechnet ein amerikanisches sei: "Was sagt Ihnen das?" Der Politiker antwortete schwammig: "Erstens, dass Elektromobilität die Zukunft der Mobilität ist und dass wir mithalten müssen." Dennoch sei es "schon bitter, dass ganz vieles, was wir gerade sehen an Innovationen, an Erfindungen, an Technologie in diesen Autos in Deutschland entstanden sind". Dass nun andere Länder dafür die Lorbeeren einsammeln, müsse Deutschland zu denken geben.

Lanz stimmte zu: "Sie müssen Gas geben!" Nouripour ergänzte nachdenklich: "Es ist halt so, dass wir ganz dringend vor allem Ladeinfrastruktur in diesem Land brauchen." Gleichzeitig versuchte er, optimistischere Töne anklingen zu lassen, als er sagte, dass er fest daran glaube, "dass wir das drehen können und die deutsche Automobilindustrie gut genug ist".

Diese Aussage überzeugte jedoch kaum einen der Gäste bei "Markus Lanz". Der ZDF-Moderator sprach daher das "Störgefühl" an, das bei vielen herrsche, wenn es um die Grünen und die Wirtschaftspolitik gehe. Autor Heribert Prantl sagte: "Ich habe die Kommunikationsfähigkeit der Grünen-Partei höher eingeschätzt. (...) Die Grünen finden den Ton nicht. Sie finden den Zugang nicht."

Laut Prantl könne die Partei mittlerweile weder den Mittelstand noch die Bauern noch die Autofahrer abholen. Der Autor weiter: "Die Partei war schon mal besser darin, sich gut zu erklären, gut für sich zu werben." Das harte Urteil von Prantl: "Es ist eigentlich ein Kommunikationsdesaster."

Diesen Vorwurf konnte Nouripour nicht unkommentiert auf sich sitzen lassen und gab zu: "Ja, wir versuchen Dinge besser zu machen - auch in der Kommunikation. (...) Gleichzeitig sind wir diejenigen, die am lautesten sagen: 'Wir versprechen euch - wir tun nicht so, als könnte alles so bleiben, weil es nicht so bleiben kann'."

Die Stimmung im Land sei zudem laut Nouripour allgemein gereizt und nicht nur gegen die Grünen gerichtet. Er ergänzte: "Da haben wir auch als Koalition nicht immer geliefert, weil wir zuweilen so zerstritten gewirkt haben, wie es nicht hätte sein müssen. Weil es teilweise auch hinter der Bühne deutlich besser funktioniert als auf der Bühne."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Ein kommunikatives Ei legte sich Nouripour dennoch bei "Markus Lanz". Der ZDF-Moderator wollte von dem Politiker wissen: "Was würden Sie schätzen, wie viele Ladepunkte haben wir in Deutschland?" Nouripour reagierte ratlos: "Weiß ich nicht." Lanz klärte ihn prompt auf: "100.000 ungefähr." Daraufhin fragte er: "Letztes Jahr haben wir wie viele neugebaut ?" Nouriopour antwortete erneut: "Ich weiß es nicht." Grund genug für Lanz, weiter zu sticheln: "Wie viele Elektroautos müssen wir jedes Jahr auf den Markt bringen, damit wir die 15 Millionen bis 2030 schaffen?"

Sichtlich irritiert sagte der Grünen-Politiker: "Hätte ich einen Knopf im Ohr, würde ich jetzt einen Telefonjoker anrufen, aber ich weiß es nicht." Davon ließ sich der ZDF-Moderator nicht ablenken und hakte erneut nach: "Wie viele müssen wir auf den Markt bringen?" Nouripour forderte genervt: "Sagen Sie es mir!" Lanz klärte daraufhin auf: "1,5 Millionen jedes Jahr. Und letztes Jahr haben wir 500.000 zugelassen. Wie sollen wir das schaffen? Und Ladepunkte 13.000. Das passt an keiner Ecke zusammen, merken Sie, oder?"

Nouripour wehrte sich: "Ja, natürlich! Das hat viele Gründe. Unter anderem ist es ja auch so, dass zum Beispiel immer noch Antragsverfahren viel zu lange dauern. Deshalb muss man es ja beschleunigen." Lanz wetterte unbeirrt weiter: "Wir müssen 1,5 Millionen Autos jedes Jahr auf die Straße bringen, wenn wir die 15 Millionen schaffen wollen. Wir schaffen gerade mal 500.000!" Mit den Fakten und Zielen schien der ZDF-Moderator den Politiker weiter in die Ecke zu drängen. Ihm blieb daher nichts anderes übrig, als zu sagen: "Ja, das ist mir klar."

Eine Steilvorlage für Lanz, der wissen wollte: "Und warum kürzen wir dann in der Situation quasi über Nacht die Förderung und würgen das Ding endgültig ab, wenn das so zentral ist, wie Sie gerade sagen?" Nouripour platzte daraufhin offenbar der Kragen, denn er erklärte, dass einfach "kein Geld mehr da" sei und "wenn kein Geld mehr da ist, dann können wir es nicht bezahlen". Der Grünen-Politiker erklärte weiter: "Wir haben versucht, anzuschieben mit Subventionen." Die Subventionen können jedoch laut Nouripour "nicht endlos dauern".

Er ergänzte: "Natürlich haben sich viele auch (...) gewünscht, dass es länger laufen kann, weil wir noch in der Anschubphase sind de facto. Aber wenn das Geld nicht da ist, ist das Geld nicht da." Lanz konterte fassungslos: "Aber Sie sind die Regierung. (...) In dieser Automobilwelt - Sie müssen doch Leitplanken setzen!" Darauf antwortete Nouripour unbeeindruckt: "Wir sind nur eine Regierungskoalition und keine Gelddruckmaschine, und wir haben klare Regeln, wie man das Geld ausgeben kann." Daraufhin stichelte Prantl in Richtung Nouripour: "Warum kein Geld da ist, hat ja auch seinen Grund ..."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz schaffte es am Donnerstagabend, Grünen-Politiker Omid Nouripour mehrmals aus der Reserve zu locken, als es um die fehlende Geschwindigkeit in der deutschen Automobilindustrie sowie den Mangel an konkreten Plänen ging. Zwar versuchte sich Nouripour herauszureden, doch dies gelang ihm bis zum Schluss nicht wirklich.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Bei "Markus Lanz" wurde die Frage erörtert, wie gefährdet der Wirtschaftsstandort Deutschland ist. Dazu sagte Journalistin Julia Löhr, dass die deutschen Automobilhersteller aktuell "von zwei Seiten in die Zange genommen" werden - von China und den USA, die den eigenen Automobilmarkt extrem fördern.

Omid Nouripour widersprach dem jedoch und gab zu bedenken: "Wenn wir uns mit den USA beispielsweise vergleichen: Wir haben auch ein paar Standortvorteile. Die sollten wir nicht zu kleinreden. Wir haben vom Ausbildungsniveau einen deutlich besseren Markt hier als die USA. Wir haben eine Netzstabilität. (...) Bei uns gibt es deutlich mehr Planungssicherheit!"  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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