Frank Plasberg will Orientierung in der unübersichtlichen Lage zum Corona-Virus bieten. Seine Gäste verzichten weitgehend auf Panikmache. Doch alle Fragen zum Thema können sie naturgemäß auch noch nicht beantworten.
Besondere Zeiten verlangen besondere Maßnahmen: Bei "Hart aber fair" gönnt man sich am Montagabend eine extralange Sendung zum Corona-Virus. Dem Robert-Koch-Institut zufolge ist die Gefährdungslage in Deutschland derzeit "mäßig" – und auch Plasbergs zentrale Botschaft könnte an diesem Abend lauten: Nur keine Panik.
Was ist das Thema bei "Hart aber fair"?
Rund 90.000 Corona-Infizierte gibt es inzwischen auf der ganzen Welt, mehr als 150 davon in Deutschland. Unternehmer schicken Mitarbeiter ins Home-Office, Aktienkurse brechen ein, Bürger machen Hamster-Käufe: Selbst wer keine Angst davor hat, sich selbst anzustecken, bekommt die indirekten Folgen der Krise zu spüren. Doch sind die heftigen Reaktionen berechtigt? Oder sind die Vorkehrungen in Deutschland vielleicht noch gar nicht ausreichend? Der Abend mit
Wer sind die Gäste bei Frank Plasberg?
Susanne Johna: Die Vorsitzende des Ärzteverbands Marburger Bund fordert mehr Mitarbeiter und eine bessere Ausstattung für die deutschen Intensivstationen, damit diese auch auf eine steigende Zahl von Patienten eingestellt wären: "Wir würden uns eine bessere Personalausstattung in den Kliniken wünschen."
Borwin Bandelow: Der Psychiater erklärt, dass der Mensch neben dem rational-gelassenen "Vernunftgehirn" auch ein "Angstgehirn" habe. Deshalb versetze das Corona-Virus so viele Bürger in Schrecken: "Das Angstgehirn denkt: Ich bin das nächste Opfer, obwohl alle Statistiken dagegen sprechen."
Was war der Moment des Abends?
In Erinnerung dürfte vielen Zuschauern der kurze Auftritt von Joachim Kugler bleiben. Der Gesundheitswissenschaftler an der Technischen Universität Dresden erklärt, warum es zurzeit zu Engpässen bei Medikamenten in Deutschland kommt: Weil es billiger ist, werden wichtige Arzneimittel inzwischen in China oder Indien hergestellt. Da die Lieferketten eng getaktet seien, könne es zu Problemen kommen, wenn wie jetzt in China eine ganze Volkswirtschaft vom Corona-Virus getroffen ist. Kugler fordert daher, größere Vorräte von Medikamenten anzulegen: ähnlich einer "nationalen Ölreserve wie beim Benzin".
Diese Engpässe gibt es nicht nur bei Arzneimitteln, sondern auch bei Schutzmasken und Schutzkleidung sogar in Krankenhäusern. Eine Situation, die auch Gesundheitsminister Laumann unumwunden als "blamabel" bezeichnet. Er verspricht, Konsequenzen zu ziehen: "Man muss in einer Krise einen Zettel haben, wo man sich aufschreibt, was man nach Ende der Krise nicht vergessen darf."
Was war das Rededuell des Abends bei "Hart aber fair"?
Wortgefechte gibt es nicht – höchstens eine Meinungsverschiedenheit über den besonders weitreichenden Vorschlag von Alexander Kekulé. Der Virologe ist für eine zweiwöchige Schließung von Schulen und Kindergärten und die Absage von Großveranstaltungen, um die weitere Ausbreitung zu unterbrechen. "Wenn wir das machen wollen, müssen wir es jetzt machen", findet er.
Da schüttelt Karl-Josef Laumann den Kopf. Im Kreis Heinsberg sei es richtig gewesen, viele Menschen in häusliche Quarantäne zu schicken. Für Regionen, in denen das Virus bisher gar nicht nachgewiesen wurde, findet er solche restriktiven Maßnahmen aber unnötig: "Man muss gucken, dass ein Land auch immer irgendwie funktionsfähig bleibt."
Wie hat sich Frank Plasberg geschlagen?
Dass die Gäste nicht ständig streiten und sich nicht ins Wort fallen, macht die Aufgabe auch für Plasberg einfach. Vielleicht gibt er sich deswegen an anderer Stelle besonders streng. Als Ärzte-Funktionärin Susanne Johna kritisieren will, dass das ganze Gesundheitswesen zu sehr auf Effizienz getrimmt sei, fährt der Moderator ihr in die Parade. "Ich möchte jetzt hier bei Corona bleiben", stellt Plasberg klar. Ganz konsequent bleibt er dabei aber nicht. Die Sendung ist lang – und später wird dann auch über die Schweinegrippe von 2009 gesprochen. Diesen Abstecher hätte man sich ebenfalls sparen können.
Was ist das Ergebnis?
Es liegt in der Natur der Sache, weil das Corona-Virus auch für Wissenschaftler noch ein neues Forschungsobjekt ist: Viele Fragen können die Experten an diesem Abend nicht beantworten. Deshalb kann die Sendung dem Ziel, Orientierung zu bieten, auch nur zum Teil gerecht werden. Sind Infizierte nach der Genesung immun? Wahrscheinlich ja, aber man weiß es noch nicht. Kann man weiterhin planen, im Sommer in den Urlaub zu fliegen? Das lässt sich bisher nicht einschätzen. Schützen spezielle Atemmasken wirklich gegen Corona? Das kommt auf die Maske an.
Hypochonder und ängstliche Hamster-Käufer werden diese Unklarheiten wohl in ihren Zweifeln bestärkt haben. Wer unvoreingenommen die ganze lange Sendung verfolgt hat, dürfte aber etwas gelassener ins Bett gehen. Wobei der Blick in die Zukunft des Virologen Alexander Kekulé auch vermuten lässt, dass das Corona-Virus leider gekommen ist, um noch ein bisschen zu bleiben. In den Sommermonaten werde die Ausbreitung wahrscheinlich ein Stück weit zurückgehen, sagt Kekulé. "Ich befürchte aber, es wird im Herbst wiederkommen." Und eine Impfung werde es bis dahin wohl noch nicht geben.
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