Ist es sinnvoll, die AfD zu verbieten? Braucht es eine Brandmauer und wie sollte man sich mit der AfD auseinandersetzen? Über Fragen wie diese diskutierte Louis Klamroth am Montag mit seinen Studiogästen. Darunter war auch ein AfD-Politiker, der mehrmals mit anderen Gästen heftig zusammenstieß. Besonders bei einem Thema bekam er keinen Fuß auf den Boden.

Eine Kritik
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Im September stehen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg Landtagswahlen an, die AfD kommt in den ostdeutschen Bundesländern teilweise auf über 30 Prozent. Gleichzeitig gehen bundesweit Menschen auf die Straße, um gegen Rechtsextremismus und Rechtspopulismus zu demonstrieren. Welches Rezept ist das richtige, um Wählerinnen und Wähler auf dem demokratischen Pfad zu halten?

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Das ist das Thema bei "Hart aber Fair"

Unter dem Titel "Wut, Proteste, neue Parteien: Wer hält unser Land noch zusammen?" diskutierte Louis Klamroth am Montagabend mit seinen Gästen über die Gefahr durch Rechtsextremismus und Rechtspopulismus für unsere Demokratie. Dabei ging es unter anderem um ein AfD-Verbot, Strategien im Umgang mit Rechten und Verfehlungen der Ampel-Politik.

Es diskutierten (v.l.n.r.): Mario Voigt (CDU, Vorsitzender im Landesverband Thüringen), Lamya Kaddor (Bündnis 90/Die Grünen, Bundestagsabgeordnete und Leiterin der Arbeitsgruppe Inneres und Heimat), Leif-Erik Holm (AfD, Bundestagsabgeordneter und wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion), Moderator Louis Klamroth, Hildegard Müller (Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie), Ulf Buermeyer (Jurist und Podcaster "Lage der Nation"). © /© WDR/Oliver Ziebe

Das sind die Gäste

  • Mario Voigt (CDU): "Es wird häufig wie so eine Art Kaninchen vor der Schlange gesessen", so der Vorsitzende im Landesverband Thüringen. Man müsse den Schwachsinn der AfD in der Sache auseinandernehmen. "Als wir als CDU noch in der Bundesregierung waren, war die AfD noch halb so stark", sagte Voigt. Die Ampel betreibe in Berlin ein Konjunkturprogramm für den Frust der Bürger.
  • Lamya Kaddor (Grüne): Die Bundestagsabgeordnete sagte: "Alles, was die AfD sagt, meint sie auch so." Wenn es keine Pläne zur Vertreibung von Menschen gebe, die in den Augen der AfD nicht assimiliert seien, "dann müssten Sie sich schützend vor Menschen wie mich stellen, die auch einiges zum Wohlstand dieses Landes beitragen – das tun sie aber nicht, ganz im Gegenteil", so die Grünen-Politikerin.
  • Collien Ulmen-Fernandes: "Dort, wo protestiert wird, geht die Zustimmung für rechte Parteien zurück. Insofern ist es total wichtig, dass alle laut sind und auf die Straße gehen", sagte die Schauspielerin und Moderatorin. Es gebe einen Schneeball, der von rechts komme und zum Schmelzen gebracht werden müsse. Über eigene Erfahrungen mit Rassismus berichtete sie: "Die Kommentare werden von Jahr zu Jahr schlimmer, es wird immer drastischer." Sie sehe einen Zusammenhang zum Erstarken der AfD.
  • Tino Schomann (CDU): Der Landrat in Nordwestmecklenburg sagte: "Es geht doch bei der gesamten Debatte um Extremismus – und um den gesamten Extremismus, rechts wie links. Das stört mich so ein bisschen an der Debatte." Er halte die Formulierung "Wir sind gegen rechts" für schwierig, es brauche ein breites demokratisches Spektrum. Er distanziere sich von Extremismus.
  • Leif-Erik Holm (AfD): Der wirtschaftspolitische Sprecher der AfD-Fraktion sagte über ein AfD-Verbotsverfahren: "Die Partei fürchtet ein solches Verfahren nicht. Es wird nach hinten losgehen, es kann nicht durchkommen, denn wir sind durch und durch eine staatstragende Partei." Die AfD wolle die Regierung übernehmen und stehe fest auf dem Boden des Grundgesetzes, behauptete er.
  • Celia Šašić: "Es ist sichtbar, dass wir die Art und Weise, wie wir zusammenleben wollen, verteidigen, dass wir dafür einstehen – das sind alles Werte, die ich aus dem Fußball kenne", so die Vizepräsidentin des DFB. Fußball funktioniere nur da, wo Teilhabe für alle möglich sei. Ausgrenzung sei nie eine Lösung.
  • Ulf Buermeyer: Der vom Podcast "Lage der Nation" bekannte Jurist sagte über ein mögliches AfD-Verbot: "Bislang führen wir diese Diskussion in einem luftleeren Raum. Wir reden von einem AfD-Verbot und wissen gar nicht – bezieht sich das auf den Bundesverband der AfD, bezieht sich das auf Landesverbände der Partei?" Es sei sinnvoll, einen Verbotsantrag mit Beweismaterial vorzubereiten. Dann könnte man prüfen, ob er angesichts der Kriterien des Bundesverfassungsgerichts reichen würde.
  • Hildegard Müller: Die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie äußerte: "Ein Dexit wäre für die deutsche Wirtschaft insgesamt eine Katastrophe." Wenn man den Brexit als Vorlage nehme, würde Deutschland rund 400 Milliarden Euro an Wirtschaftsvermögen und 2,2 Millionen an Arbeitsplätzen verlieren. Auch der AfD-Vorschlag, wieder eine Deutsche Mark einzuführen, würde der deutschen Wirtschaft schaden. Eine Rückkehr in alte Zeiten sei nicht der richtige Weg.

Das ist der Moment des Abends bei "Hart aber Fair"

Klamroth konfrontierte Jurist Buermeyer mit dem Argument, es sei undemokratisch, eine Partei zu verbieten, die von so vielen Menschen gewählt wird. Buermeyer erinnerte: "Das Grundgesetz steht auf den Trümmern Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg. Wir haben furchtbare Erfahrungen gemacht, dass die erste deutsche Demokratie auf formal-legalem demokratischem Wege ruiniert wurde." Die NSDAP habe in der letzten freien Reichstagswahl 33 Prozent gehabt und es sei ihr dennoch gelungen, eine Diktatur zu errichten.

"Das Grundgesetz hat daraus gelernt. Wir wollen eben nicht mehr jede beliebige Position im Parlament abbilden", erklärte Buermeyer. Das Grundgesetz wolle eine Repräsentationslücke, verfassungsfeindliche Positionen sollten nicht mehr über den Treibriemen des demokratischen Prozesses im Parlament ankommen. Nur wer auf dem Boden der Werte im Grundgesetz stehe, solle seine Position überhaupt im Parlament vertreten können.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Streit gab es am Montagabend jede Menge. Oft lauthals und ohne den anderen aussprechen zu lassen, dabei aber ziemlich beherzt. So auch, als es um den Begriff der Remigration ging, den vor allem die identitäre Bewegung geprägt hatte. "Erklären Sie mir mal, warum sie exakt denselben Begriff benutzen, wenn das alles nicht so gemeint sein soll?", fragte Kaddor AfD-Vertreter Holm.

"Es ist ein wissenschaftlicher Begriff. In Rostock wird gerade sogar ein Sachbearbeiter für Remigration gesucht. Es ist ein normaler Begriff, da dreht es sich um das Zurückführen, das Zurückwandern", verteidigte sich Holm. Voigt schaltete sich ein: "Es gibt einen klaren Beschluss aller Fraktionsvorsitzenden der AfD aus dem Osten, da steht das genauso drin. Sie können versuchen, das hier wegzulächeln, Herr Holm, tatsächlich ist aber eines ganz klar: Sie sind letztes Jahr mit Herrn Höcke Seite an Seite durch Erfurt marschiert", erinnerte er ihn.

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Das sei wiederum derjenige, der kürzlich gesagt habe, 20 bis 30 Prozent der Deutschen würde es betreffen. "Nein, das ist falsch", rief Holm und warf ihm Propaganda vor. "Ich merke, wie Sie sich aufregen, dass Sie sich ertappt fühlen", konterte Voigt.

So hat sich Louis Klamroth geschlagen

Klamroth moderierte eine bemerkenswerte Sendung. Er zeigte Härte gegenüber dem AfD-Vertreter, als dieser beispielsweise behauptete, die AfD stehe auf dem Boden des Grundgesetzes: "Ihnen ist schon bewusst, dass in drei Bundesländern ihre Partei als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird?", fragte der Moderator.

Auch, als Holm von den Menschen sprach, die zurückgeführt werden müssten, wollte Klamroth ganz genau wissen, welche Gruppe denn mit "Millionen Menschen" gemeint sei, wenn die derzeit Ausreisepflichtigen nur 50.000 ausmachten. Klamroth ging aber auch mit anderen Studiogästen hart ins Gericht. Als CDU-Mann Voigt beispielsweise forderte, die AfD inhaltlich zu stellen, erinnerte ihn Klamroth, dass dazu bereits 11 Jahre Zeit gewesen sei und fragte: "Was macht Sie so sicher, dass es jetzt auf einmal klappt?"

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Das ist das Ergebnis bei "Hart aber Fair"

Klares Ergebnis: Es ist nicht nur eine Maßnahme, die dem Rechtsextremismus die Stirn bieten kann. Am Ende braucht es einen Blumenstrauß aus inhaltlichem Streit, besseren Angeboten und juristischer Betrachtung. Außerdem sollte das Programm der AfD genau unter die Lupe genommen werden, um aufzuzeigen, was die Partei beispielsweise wirklich für Geringverdiener tun will. Gleichzeitig darf man der AfD ihr Programm aber auch nicht als Alibi abkaufen, sondern muss sie an ihren Taten messen. Zuletzt lautete ein eindeutiger Rat: Die Positionen der AfD zu übernehmen, wird für CDU und Co. nicht funktionieren.

Verwendete Quellen


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