Die Zustimmung schwindet zunehmend: In Umfragen liegen die Grünen inzwischen teilweise nur noch bei zwölf Prozent. Nicht nur mit dem gescheiterten Heizungsgesetz, auch in Fragen der Migrationspolitik sind viele Menschen nicht einverstanden mit dem Kurs der Regierungspartei.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Bei "Markus Lanz" stellte sich Partei-Chefin Ricarda Lang der Kritik und versuchte, die Politik ihrer Partei zu verteidigen. Dabei geriet sie jedoch heftig mit Journalist Michael Bröcker aneinander.

Mehr aktuelle News

Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der US-Republikaner hat Donald Trump die Nase vorn. Bei der Vorwahl in Iowa erhielt der ehemalige US-Präsident die Hälfte aller Stimmen und landete damit weit vor seinen Kontrahenten Nikki Haley und Ron DeSantis. Markus Lanz wagte in seiner Sendung einen Blick in die USA und zog gleichzeitig Parallelen zu Deutschland, wo die Wut auf die Ampelregierung die Gesellschaft immer weiter zu spalten droht.

Lanz blickte auch auf die Grünen, die nach dem gescheiterten Heizungsgesetz in weiten Teilen der Gesellschaft immer mehr zu einem "Hass-Objekt" werden. "Was ist da passiert?", wollte der ZDF-Moderator am Dienstagabend von seinen Gästen wissen.

Das sind die Gäste

  • Ricarda Lang, Politikerin (B'90/Grüne): "Das, was ich will, ist, dass wir eine realistische Migrationspolitik haben."
  • Michael Bröcker, Journalist: "Die Grünen machen gerade den schmerzhaftesten Realitätscheck aller Zeiten durch."
  • Elmar Theveßen, Journalist: "Die Wahl 2024 in den USA ist eine Wahl der Angst."
  • Adrian Geiges, Asien-Experte: "Von diesen Wahlen hängt nicht nur ab, wie es mit Taiwan weitergeht, sondern auch mit der Welt."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Dass Donald Trump bei den Vorwahlen in Iowa mit einer absoluten Mehrheit von 51 Prozent den Sieg einfahren konnte, stimmte ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen nachdenklich. Aus Iowa zugeschaltet warnte er: "Er hat hier tatsächlich so etwas wie den möglichen Durchmarsch begonnen über die nächsten Monate." Markus Lanz wollte daraufhin wissen: "Was sagt das über Trump und seine Bedeutung in dieser republikanischen Partei aus?" Theveßen antwortete ernst: "Er hat die Partei im Grunde genommen eisern im Griff. Es gibt eigentlich niemanden, der sich ihm wirklich entgegenstellen kann."

Eine düstere Aussicht, die er mit der Aussage unterstrich, dass es "eine Verbindung zwischen Donald Trump und seinen Anhängern" gebe, die "nicht zerstörbar" sei. Über den Grund sagte der ZDF-Korrespondent, dass man es hier mit Wählern zu tun habe, "die Zweifel haben, die Angst haben. Und das bedient er, weil er auftritt und sagt, er hat auf alles die notwendigen Antworten." Trump präsentiere laut Theveßen eine "Allmacht", die von den Wählern geglaubt werde: "Sie halten ihn für den starken Mann, den man braucht." Der Journalist mahnte deshalb vor einer "unruhigen Zeit", die Amerika und der ganzen Welt bevorstehe, denn: "Die Wahl 2024 in den USA ist eine Wahl der Angst."

Michael Bröcker
"Die Grünen machen gerade den schmerzhaftesten Realitätscheck aller Zeiten durch", erklärte Journalist Michael Bröcker bei "Markus Lanz". © ZDF / Markus Hertrich

Journalist Michael Bröcker stellte daraufhin fest, dass "Ängste vor der Zukunft" und "Ängste vor Überfremdung" nicht nur "das zentrale Leitmotiv der Trump'schen Kampagne" sei, sondern, dass er "ständig Parallelen zu uns" entdecke. Bröcker ergänzte: "Das sind diffuse Ängste. Das ist ein Kulturkampf, den wir da erleben." Mit Blick auf einen möglichen Sieg Donald Trumps bei der US-Wahl 2024 sagte der Journalist vorwurfsvoll: "Wann wacht diese Bundesregierung und diese Europäische Union auf und beschäftigt sich realistisch mit dem Szenario Donald Trump? Im Herbst kann es so weit sein und ich habe nicht das Gefühl, dass irgendeiner in der deutschen Politik darauf vorbereitet ist, was wir eigentlich tun, wenn der wirklich regiert und aus der Ukraine die Gelder abzieht, in Nahost einen Flächenbrand entfacht."

Dem stimmte Asien-Experte Adrian Geiges eindringlichst zu: "Das wird katastrophale Auswirkungen haben." Auch Grünen-Politikerin Ricarda Lang musste zugeben: "Wir erleben eine neue Systemkonkurrenz." Die Frage sei laut Lang nicht mehr, "wie sich Demokratien ausbreiten, sondern ob sich Demokratien überhaupt noch behaupten können". Lanz ergänzte dazu nachdenklich: "Die Vorstellung ist plötzlich da, dass ein autoritäres System attraktiver werden könnte als unser freiheitlich demokratisches System."

Weitere News gibt's in unserem WhatsApp-Kanal. Klicken Sie auf "Abonnieren", um keine Updates zu verpassen.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland stehe laut Lanz das Thema Migration im Mittelpunkt der Debatten und sorge für Unsicherheiten innerhalb der Gesellschaft. "Haben Sie bei dem Thema etwas nicht sehen wollen, was Sie aus ideologischen Gründen nicht sehen wollten?", fragte der ZDF-Moderator Ricarda Lang. Die Grünen-Politikerin antwortete schwammig: "Ich glaube, dass Deutschland sehr lange sich nicht aktiv mit seiner Rolle als Einwanderungsland auseinandergesetzt hat." Diesen Zustand habe die Ampel "jetzt verändert".

Markus Lanz, Ricarda Lang
ZDF-Moderator Markus Lanz lieferte sich heftige Wortgefechte mit Grünen-Chefin Ricarda Lang. © ZDF / Markus Hertrich

Eine Aussage, die Lanz stutzig machte: "Sie als Chefin der Grünen würden sagen: Wir als Grüne haben bei dem Thema Migration nichts falsch gemacht?" Lang reagierte genervt: "Niemand hat bei keinem Thema was falsch gemacht!" Lanz konterte: "Der Satz passt immer!" Die Grünen-Chefin wollte auf die Stichelei jedoch nicht weiter eingehen und sagte stattdessen, dass Umbruchsphasen für viele Menschen "mit Unsicherheiten behaftet" seien: "Ich glaube, dass auf diese Unsicherheiten die Rechten eine sehr einfache Antwort haben. Und das ist: Die anderen sind schuld." Statt ebenfalls mit dem Finger auf andere zu zeigen, plädierte Lang dafür, "den Leuten ein eigenes Angebot für Sicherheit zu geben und auch ein Zugehörigkeitsgefühl".

Eine Aussage, die bei Bröcker für Fassungslosigkeit sorgte. Er wetterte gegen die "Wünsch-dir-was-Rhetorik und Kommunikation" der Grünen und bemängelte die fehlende "konkrete Politik", die viele Wähler enttäuscht zurücklasse. "Es ist eine willkürliche, es ist eine irrationale (...) Politik gemacht worden in der Migrationsfrage", so Bröcker wütend. Laut des Journalisten sei "die naive und widersprüchliche Migrationspolitik" der Hauptgrund, warum die Grünen jetzt bei zwölf Prozent liegen. Dagegen wehrte sich Lang: "Wir waren bis vor zwei Jahren überhaupt gar nicht in der Regierung." Laut der Grünen-Politikerin seien "Humanität und Ordnung" die grüne Linie in der Migrationspolitik. Dies heiße im Umkehrschluss: "Natürlich werden Grenzen kontrolliert."

Bröcker hakte nach: "Wo?" Lang antwortete sauer: "An der europäischen Außengrenze!" Der Journalist stichelte unbeirrt weiter: "Passiert doch alles gar nicht. Ihr sagt immer Humanität und Ordnung und macht nur Humanität!" Laut Bröcker dürfe "jeder, der nach Europa kommt" auch "in Europa bleiben". Als Lang immer wieder schwammig auswich und eine "realistische Migrationspolitik" forderte, fragte Lanz in Bezug auf die Sorgen der deutschen Bürger: "Ist das nicht eine Form von Respektlosigkeit, wenn man das einfach abtut und sagt, da müssen wir ein bisschen mehr reden, da müssen wir Debatten führen, da müssen wir zuhören, da müssen wir ein emotionales Angebot machen?" Ein Vorwurf, den Lang nicht annehmen wollte. Sie stellte klar, dass sie an der "Lebensrealität der Menschen" anknüpfen wolle, die auch eine "emotionale" sei und "nicht immer nur rational" und "durch Zahlen getrieben".

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz stichelte am Dienstag mit spitzen Fragen gegen Ricarda Lang und versuchte, die Grünen-Politikerin bei wichtigen Themen wie der Migrationsfrage aus der Reserve zu locken. Leider bekam der ZDF-Moderator nur selten konkrete Antworten von der Politikerin, woraufhin Lanz genervt feststellen musste: "Sie argumentieren ausschließlich emotional, psychologisch!"

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Dass die Unzufriedenheit der Menschen sowohl in den USA als auch in Deutschland immer weiter steigt, trieb die Gäste bei "Markus Lanz" um. Der ZDF-Moderator fragte deshalb Ricarda Lang, ob sie glaube, dass der Erfolg der AfD gar nichts mit der AfD zu tun habe. Weil die Grünen-Politikerin jedoch keine konkrete Antwort finden konnte, stellte Michael Bröcker fest: "Das beste Anti-AfD-Programm wäre eine widerspruchsfreie, realistische, ideologiefreie Politik der Ampel." Der Journalist wetterte weiter gegen die Grünen: "Immer dann, wenn es konkret wird, kommt ihr auf die Metaebene und das speist die AfD-Wähler!"  © 1&1 Mail & Media/teleschau

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.