Sahra Wagenknecht will bis Ende des Jahres entscheiden, ob sie eine eigene Partei gründet. Bei "Markus Lanz" offenbarte die frühere Fraktionschefin der Linkspartei am Dienstagabend unter anderem, warum sie eine stärkere Opposition für nötig hält. Gleichzeitig wetterte sie gegen die "verengte Debattenkultur" in Deutschland und geriet dabei mit dem ZDF-Moderator aneinander.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Gründet Sahra Wagenknecht eine neue Partei? Angeblich hat sie sich entschieden: Die "Bild"-Zeitung behauptete vor knapp zwei Wochen, dass die Politikerin den Schritt tatsächlich wagen wolle und eine Neugründung bereits beschlossene Sache sei.

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Bei "Markus Lanz" ließ sich Wagenknecht dazu nichts entlocken. Dafür erneuerte sie von ihr bekannte Forderungen und sprach sich einmal mehr gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine aus. Mit einigen ihrer weiteren provokanten Thesen eckte sie dabei vor allem bei dem ZDF-Moderator an.

Florence Gaub
Militärstrategin Florence Gaub widersprach Wagenknechts Positionen zum Ukraine-Krieg: "Ein Waffenstillstand sieht aus wie eine Lösung, ist aber keine." © ZDF / Cornelia Lehmann

Das sind die Gäste

  • Sahra Wagenknecht, Politikerin: "Die Ampel ist mit Abstand die schlechteste Regierung, die Deutschland je hatte."
  • Timo Lehmann, Journalist: "Wenn Sahra Wagenknecht eine neue Partei gründet, dann dürfte die Linkspartei Geschichte sein."
  • Florence Gaub, Militärstrategin: "Ein Waffenstillstand sieht aus wie eine Lösung, ist aber keine."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Zu Beginn der Sendung stichelte Markus Lanz in Richtung Sahra Wagenknecht: "In welcher Funktion sind Sie heute eigentlich hier?" Die Politikerin ließ sich davon jedoch nicht beirren und antwortete trocken: "Das müssen Sie wissen. Sie haben mich eingeladen." Lanz hakte weiter nach: "Sind Sie noch bei der Linken?" Auch darauf antwortete Wagenknecht nüchtern: "Sie hätten es bestimmt gehört, wenn ich ausgetreten wäre."

Kurz darauf machte sie jedoch ihrem Ärger Luft und stellte klar, dass sie "die Kursänderung, die die Linke vorgenommen hat" nicht für richtig halte. Markus Lanz wollte deshalb wissen: "Stehen Sie mittlerweile anderen Parteien näher?" Doch statt eine konkrete Aussage zu tätigen, reagierte Sahra Wagenknecht schwammig: "Das Problem ist ja, dass wir eine riesige Leerstelle im politischen Spektrum haben." Es gebe deshalb ganz viele Menschen, "die fühlen sich von keiner Partei mehr vertreten". Die Politikerin ergänzte energisch: "Ich finde es eigentlich unerträglich, dass diese Ampel (...) mit ihrer unglaublich schlechten Politik auch gleichzeitig so wenig Opposition hat. Ich finde, sie verdient eine starke, seriöse Opposition und die haben wir zurzeit nicht. Deswegen wünsche ich mir, dass so eine Partei entsteht."

Markus Lanz, Sahra Wagenknecht, Florence Gaub, Timo Lehmann
Markus Lanz (l.) diskutierte am Dienstagabend mit Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht (2.v.l.), Militärstrategin Florence Gaub (2.v.r.) und Journalist Timo Lehmann. © ZDF / Cornelia Lehmann

Eine perfekte Steilvorlage für Lanz, der prompt fragte: "Worauf warten Sie, Frau Wagenknecht?" Ihre klare Antwort: "Ich warte darauf, dass die Voraussetzungen da sind. (...) Ich kann nicht alleine eine Partei gründen." Sahra Wagenknecht fügte mit ernster Miene hinzu, dass sie "ein verlässliches Team" brauche, "damit man so etwas starten kann. Sonst wird das ein Flop." Markus Lanz sprach daraufhin Wagenknechts kürzliches Treffen mit Ex-Grünen-Politiker Boris Palmer an. "Er kann organisieren", so der ZDF-Moderator grinsend. Sahra Wagenknecht ließ sich auf die Spekulation jedoch nur bedingt ein und sagte: "Es gibt Fragen, wo wir durchaus einer Meinung sind. Es gibt Fragen, wo wir sehr unterschiedlicher Meinung sind."

Der ZDF-Moderator ließ jedoch nicht locker und betonte: "Das ist doch ein perfektes Match eigentlich. Also Elite-Partner dürfen Sie nicht sagen, dann klingt das wieder so abgehoben. Aber gutes Match. Politisches Tinder-Match!" Der ZDF-Moderator stichelte weiter: "Würden Sie sich freuen, wenn er mitmacht?" Eine weitere Frage, der Sahra Wagenknecht aus dem Weg ging und sagte: "Sollten wir eine Partei gründen, freue ich mich immer, wenn Menschen mitmachen, die vernünftig sind und die solide Ansichten haben." Gleichzeitig stellte sie klar: "Ich glaube nicht, dass Boris Palmer jetzt vorhat, ins Orga-Team einzusteigen und Landesverbände aufzubauen. Das halte ich doch für abwegig."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Hitziger wurde die Debatte, als Sahra Wagenknecht immer wieder gegen die Ampelregierung wetterte und sagte: "Menschen werden ausgegrenzt, wenn sie den Mainstream verlassen." Markus Lanz wollte die teils zu generelle Kritik jedoch nicht unkommentiert lassen und hakte nach: "Wo schreibt der Staat vor, was wir zu reden haben?" Wagenknecht erklärte wütend: "Wer äußert, dass er Zuwanderung (...) für problematisch hält, hat sofort den Vorwurf, er ist ein Rassist."

Für Lanz war dies jedoch kein Anzeichen dafür, dass der Staat die Meinungsfreiheit einschränke. "Bei mir hat noch nie jemand vom Staat geklopft und gesagt: Passen Sie auf, das haben wir heute für Sie vorbereitet und das denken Sie bitte heute", so der ZDF-Moderator. Sahra Wagenknecht machte dennoch deutlich, dass sie eine Mitschuld bei den öffentlich-rechtlichen Medien sehe, denn: "Es ist eine Ausrichtung, die breit im Medienfeld geteilt wird, aber die ein Problem ist und die unserer Demokratie nicht hilft." Sie halte es "nicht für einen demokratischen Diskurs", wenn man sie als Putin-freundlich bezeichne, weil sie sich für Verhandlungen und gegen Waffenlieferungen ausspreche.

Diesen Vorwurf wollte sich Lanz nicht gefallen lassen und stellte klar: "Dass Sie jetzt insinuieren, da gibt es den Staat, der Leuten wie mir im öffentlich-rechtlichen Rundfunk quasi vorschreibt, was ich zu sagen habe: Nie! Das meinen Sie nicht ernst, oder?" Sahra Wagenknecht blieb bei ihrer Meinung und sagte trocken: "Dann ist es aber die Rekrutierung, wer im öffentlich-rechtlichen Fernsehen etwas sagt, welche Journalisten sich durchsetzen." Wagenknecht weiter: "Wir haben zunehmend in Deutschland eine Debatte, die sich verengt, wo Menschen ausgegrenzt werden, wo Menschen auch unter Druck gesetzt werden. (...) Wenn Sie das in Abrede stellen, dann leben Sie nicht in diesem Land!"

Der ZDF-Moderator konterte prompt: "Doch, ich lebe in diesem Land, Frau Wagenknecht! Und ich sage ganz offen meine Meinung und ich gebe Ihnen recht, wenn Sie sagen, es ist manchmal hart. Aber ganz ehrlich, da muss ich Ihnen auch sagen: Das halte ich aus." Gleichzeitig kritisierte er die Politikerin mit den Worten: "Ich habe ein Problem mit diesem Geraune, mit diesem Insinuieren von Dingen!"

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz schaffte es am Dienstagabend, eine packende Diskussionsrunde zu leiten, bei der vor allem Sahra Wagenknecht den größten Redeanteil hatte. Ob bei ihrer Kritik der Regierung oder ihrer Haltung zum Ukrainekrieg: Lanz ließ nicht locker und löcherte die Politikerin mit unzähligen Fragen und versuchte, sie mit teils spitzen Kommentaren aus der Reserve zu locken.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Sahra Wagenknecht bezeichnete bei "Markus Lanz" die Ampelkoalition als die "schlechteste Regierung, die Deutschland je hatte". Im Gespräch mit dem ZDF-Moderator erklärte die Politikerin, was ihrer Meinung nach alles schiefläuft. Dafür erntete sie jedoch keinen Applaus, sondern jede Menge Kritik in der Runde. Militärstrategin Florence Gaub stichelte beispielsweise: "Eigentlich wollen Sie ewig 1995!"

  • Korrektur: Aufgrund eines technischen Fehlers enthielt eine frühere Version dieser Kritik Textpassagen einer Sendung vom 14. September. Wir haben den Text korrigiert und bitten um Entschuldigung und Ihr Verständnis.

  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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