Eine deutsch-ukrainische Autorin sprach sich bei "maischberger. die woche" vehement für eine Flugverbotszone über der Ukraine aus. Ein Militärexperte warnte dagegen vor deren unkalkulierbaren Folgen. Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck forderte die Deutschen derweil zum Frieren auf – um Russland zu schaden.

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Bei "maischberger. die woche" ging es am Mittwochabend natürlich über den russischen Krieg gegen das Nachbarland Ukraine. Sandra Maischberger sprach mir ihren Gästen über eine mögliche Flugverbotszone über dem ukrainischen Luftraum, die Gefahr einer atomaren Auseinandersetzung, die Strategie von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sowie die Folgen steigender Energiepreise für Deutschland.

Die Gäste bei "maischberger. die woche"

Katja Petrowskaja: Die deutsch-ukrainische Autorin warnte fast verzweifelt vor einem Übergreifen des Krieges auf andere Nachbarländer Russlands. Daher müsse man Putin mit einer Flugverbotszone militärisch "das Rückgrat brechen". Diplomatie allein helfe nicht. Russland "ist in den vergangen Tagen zu Nordkorea geworden", bedauerte die Autorin, deren 86 Jahre alte Mutter sich derzeit auf der Flucht aus Kiew befindet.

Carlo Masala: In den Augen des Militärexperten sieht es "offensichtlich so aus", als habe sich Putin vor dem Überfall auf die Ukraine in vielerlei Hinsicht getäuscht. So habe er tatsächlich geglaubt, die Ukraine und Kiew in ein paar Tagen einnehmen zu können. Aus dieser Fehlkalkulation resultierten zahlreiche Probleme, wie die teils schwierige Versorgungslage der russischen Soldaten.
Masala sprach sich anders als Petrowskaja strikt gegen eine Flugverbotszone aus. Denn das hieße schlussendlich, dass russische Flugzeuge und Militärbasen beschossen werden müssten – mit unkalkulierbaren Folgen. Zwar sei Putin derzeit "weit davon entfernt", Atomwaffen einzusetzen, aber völlig auszuschließen sei dieses Horrorszenario eben nicht, wenn eine schwere militärische Niederlage Russlands drohe, sagte Masala.

Joachim Gauck: Der Altbundespräsident rang mit einer Position, mit welchen Mitteln der Ukraine geholfen werden sollte. Einerseits befürwortet er "unter Schmerzen" eine Flugverbotszone. Wenig später warnte er jedoch, es dürfte keinesfalls zum Abschuss russischer Flugzeuge oder dem Angriff auf russische Militärbasen durch die Nato kommen. Genau das wäre aber wohl für die Schließung des ukrainischen Luftraums nötig. Der Westen solle genau über die Folgen seines möglichen Handelns nachdenken, warnte Gauck.

Thomas Roth: Der langjährige ARD-Korrespondent in Moskau hat Putin vor vielen Jahren als witzigen, charmanten Mann mit einer reizenden Frau kennengelernt. Nun stellt er fest: "Es hat sich was verändert in seiner Persönlichkeit." Putin sei ein Kriegsverbrecher. "Er ist sehr gefährlich". Jemandem, der Kinderkrankenhäuser bombardieren lasse, traue er alles zu. "Er gehört vor den Internationalen Strafgerichtshof." Folglich forderte Roth schärfere Sanktionen wie den vollständigen Stopp von Öl- und Gasimporten aus Russland in Deutschland. Beim Blick auf die Bilder aus der Ukraine blute ihm das Herz, gab Roth zu. Ihm tue es auch leid um die Menschen in Russland. "Das ist nicht das Russland, das ich in seiner Gänze kenne und auch liebe", sagte Roth.

Mariam Lau: Die "Zeit"-Journalistin widersprach dem Mantra von Bundeskanzler Scholz, dass es in dem Konflikt "keine militärische Lösung" gebe. Sie forderte stattdessen mehr Waffenlieferungen, mehr Raketen, mehr Schutzanzüge und mehr Helme für Kiew. Deutschlands Weigerung, nicht auf russische Energieimporte zu verzichten, erklärte Lau mit der Angst der Regierung vor einer Gelbwesten-Bewegung wie in Frankreich, sollten die Energiepreise noch weiter steigen.

Markus Feldenkirchen. Der "Spiegel"-Reporter lobte den Umgang von Bundeskanzler Scholz mit Putin. Er mache ihn nicht zu einem Paria, sondern spreche weiter mit dem russischen Machthaber. Ein militärisches Eingreifen eines Nato-Staats in der Ukraine lehnte Feldenkirchen strikt ab. "Finger weg davon", forderte er, sonst könnte "etwa Schlimmes passieren". Zudem kritisierte er scharf, dass die EU eine Milliarde Euro am Tag für Energie nach Russland überweist und so den Krieg letztlich mitfinanziert.

Das war der Gauck-Moment des Abends

Dass der frühere Bundespräsident einer der begnadetsten politischen Redner des Landes ist, bewies er auch bei Sandra Maischberger. Besonders Markus Feldenkirchen schien regelrecht an den Lippen des ehemaligen Pastors zu hängen. Und Gauck gab gleich mehrere Beispiele seiner scharfen Beobachtungsgabe gepaart mit rhetorischem Talent zum Besten. "Wir können auch mal frieren für die Freiheit", war so ein Satz, der auch emotional Gänsehaut auslöste. Gemeint war, dass Deutschland auf ein Stück seines Wohlstands verzichten könne und müsse, um ein klares Zeichen gegen Russland zu setzen - zum Beispiel, indem es auf Energieimporte verzichtet.

Das war der Gauck-Moment des Abends II

Während "Spiegel"-Mann Markus Feldenkirchen vor einer atomaren Auseinandersetzung warnte, sah Gauck die Dinge viel nüchterner. Man müsse jetzt auf die politischen Beobachter hören, mahnte der Altbundespräsident. Putin habe noch Entscheidungsmöglichkeiten und wolle letztlich als ruhmreiche Person in die russische Geschichte eingehen. Daher Gaucks Fazit zur atomaren Bedrohung durch Putin: "Es ist nicht realistisch, damit zu rechnen, dass er diese Option wählt."

Das war der Gauck-Moment des Abends III

Noch so ein Satz, der haften blieb. Während viele den Kalten Krieg als beendet ansahen und schon die "Friedensdividende" einstreichen wollten, blieb Gauck laut eigenen Angaben immer misstrauisch gegenüber Putin, dem im Geheimdienst KGB sozialisierten "Homo Sovjeticus". Feindbilder galten als obsolet im Westen, erklärte Gauck. "Das ist tugendhaft, kein Feindbild zu haben. Aber man darf nicht so blöd sein, zu glauben, die Feindschaft gibt es nicht mehr." Freiheitliche Demokratien müssten gegenüber autokratischen Systemen beständig verteidigt werden, mahnte Gauck.

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Eine Frage der Gastgeberin brachte schmerzhaft auf den Punkt, wo das Dilemma der Nato-Staaten und ihrer Verbündeten im Ukraine-Krieg liegt. "Ist der Westen dazu verdammt, zuzusehen, wie die Ukraine zerstört wird?" Die ernüchternde Antwort lautet: wenn es ganz schlimm kommt, ja. Denn die Nato hat es kategorisch ausgeschlossen, militärisch einzugreifen. Der Preis wäre zu hoch. Sogar die Lieferung von polnischen Kampfjets sowjetischer Bauart an die Ukraine lehnen die USA ab.

Das ist das Fazit

Wie geht der Krieg gegen die Ukraine in den kommenden Wochen weiter? Entwarnung gab Militärexperte Masala, was den Überfall auf mögliche weitere Länder betrifft. "Die russische Armee hat nicht die Kapazitäten, um noch eine zweite Front aufzumachen". Langfristig sei so etwas aber nicht ausgeschlossen. "In drei weiteren Jahren könnte das gleiche Spiel mit Moldawien losgehen", schaute Masala in die Glaskugel der Weltpolitik.

Auch deshalb warnte Russland-Kenner Thomas Roth vor Putin: "Er geht soweit, wie man ihn gehen lässt." Hoffnung gab ihm, dass es schon erste Risse in Putins Umfeld gibt. So haben sich einige der mächtigen Oligarchen für ein Ende der Kampfhandlungen ausgesprochen. Aber reicht das, um den Krieg zu beenden? Joachim Gauck wagte es nicht, eine konkrete Prognose abzugeben. "In absehbarer Zeit", so lautete seine vage Hoffnung auf Frieden. Bis dahin wird das Leiden in der Ukraine fürs Erste weitergehen. Ein trauriges Fazit des Mittwochtalks.

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