Bei "Markus Lanz" gerieten der Moderator und sein Gast Marie-Agnes Strack-Zimmermann in einen heftigen Streit über die Verantwortung der Medien - und um die Podcast-Aussagen von Richard David Precht.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Der 7. Oktober hat das Leben in Israel für immer verändert. Nach dem Terrorangriff der Hamas fehlt von Gili Romans Schwester jede Spur. Bei "Markus Lanz" berichtete der Geiselangehörige von seinen traumatischen Erlebnissen aus dem Kibbuz Beeri. Derweil legte sich Marie-Agnes Strack-Zimmermann mit dem ZDF-Moderator an und warnte vor explodierendem Antisemitismus.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Seit dem Großangriff der Terrororganisation Hamas auf Israel sollen sich nach aktuellen Schätzungen mehr als 200 Geiseln im Gazastreifen befinden. Eine davon: die deutsch-israelische Yarden, die mutmaßlich von der Hamas aus dem Kibbuz Beeri verschleppt wurde, der nur etwa fünf Kilometer von der Grenze zum Gazastreifen entfernt liegt. Markus Lanz sprach mit einem Angehörigen über die Gräueltaten der Hamas und die schreckliche Lage vor Ort. Daneben sah sich Lanz gezwungen, seinen Podcast-Kollegen Richard David Precht erneut zu verteidigen.

Das sind die Gäste

  • Gili Roman, Geiselangehöriger: "Bis vor wenigen Tagen war es für mich unvorstellbar, jemals so etwas über das Schicksal meiner Familie erzählen zu müssen."
  • Katrin Eigendorf, Journalistin: "Die Hamas hat im Prinzip das erreicht, was sie wollte."
  • Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Politikerin: "Wer kontrolliert eigentlich, wohin die vielen Milliarden zur Unterstützung der Menschen in Gaza wirklich fließen?"
  • Sönke Neitzel, Militärhistoriker: "Wenn die Bundeswehr kämpfen müsste, dann ist die Lage jetzt deutlich schlechter als im Februar 2022."
  • Andreas Reinicke, Ex-Diplomat: "Der perfide Plan der Hamas, die Leute in den anderen arabischen Staaten aufzuwiegeln, der geht gerade auf fatale Weise auf."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Über den Terrorangriff der Hamas sagte Gili Roman, dass es sich hierbei um "blutrünstiges Verhalten" handle, bei dem es nur darum gehe, "Juden zu töten" und "den jüdischen Staat von der Erdoberfläche zu tilgen". Er gab daraufhin einen emotionalen Einblick in den Horror, den er selbst im Kibbuz Beeri erleben musste: "Überall lagen leblose Körper. (...) Die Terroristen haben die Menschen innerhalb der Häuser verbrannt."

Gili Roman führte weiter aus: "Ich habe Blut gesehen - überall. Das Blut meiner Schwiegermutter, die dort (...) per Kopfschuss getötet wurde, gerade einmal ein paar Meter außerhalb ihres Hauses." Der deutsch-israelische Mann stellte fest: "Diese friedliche Umgebung wandelte sich zu einem Schauplatz eines Massakers." Er verurteilte daraufhin nicht nur "das Ausmaß der Grausamkeit", sondern vor allem auch "den Stolz seitens der Verbrecher". In dem Zusammenhang berichtete Gili Roman vom Verschwinden seiner Schwester Yarden. Sie wurde ebenso wie ihre Tochter Geffen und Ehemann Alon aus dem Kibbuz Beeri verschleppt.

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Der Familie sei es zwar zunächst gelungen, kurz vor dem Grenzübergang nach Gaza "den Terroristen zu entkommen", doch als bewaffnete Terroristen die Familie weiter verfolgten, habe sich Yarden zu einer folgenschweren Tat entschieden. Während sie sich hinter einem Baum vor dem Kugelhagel der Hamas versteckte, habe sie ihre Tochter in die Arme ihres Mannes gedrückt. "Sie gab das Wertvollste in ihrem Leben ihrem Ehemann, (...) weil er schneller rennen konnte", so Gili Roman.

Yardens Ehemann fand mit Tochter Geffen schließlich ein sicheres Versteck, in dem beide "mehr als zwölf Stunden lang" still ausharrten, bis sie vom israelischen Militär gerettet wurden. Von Yarden fehle jedoch nach wie vor jedes Lebenszeichen. Aus diesem Grund entschied sich Gili Roman dazu, selbst in der Gegend nach seiner Schwester zu suchen. "Uns wurde in diesem Zuge dann klar, dass es keine Blutspuren gibt, keine Hinweise auf Kampfhandlungen, auf Verletzungen. Insofern können wir annehmen, dass sie somit gesund und unversehrt ist", erklärte der Angehörige, der im Gespräch mit Lanz offenbarte, dass er momentan davon ausgehe, dass seine Schwester in den Gazastreifen entführt wurde.

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Das ist das Rede-Duell des Abends

FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann redete sich plötzlich in Rage, als sie die umstrittene Podcast-Folge von Markus Lanz und Richard David Precht ansprach, in der der Philosoph antisemitische Stereotype über orthodoxe Juden verbreitete. Inzwischen entschuldigte er sich in einer weiteren Podcast-Folge unter anderem mit den Worten: "Das ist falsch, das war salopp dahergeredet, und das entspricht einfach nicht den Fakten."

Strack-Zimmermann verurteilte Precht vor allem dafür, dass er "völlig ohne rot zu werden" eine "antisemitische Plattitüde rausgehauen" habe. Als sie versuchte, Prechts Wortlaut zu wiederholen, wurde sie von Lanz unterbrochen. Strack-Zimmermann konterte daraufhin wütend: "Herr Lanz, ich habe es gehört!" Der ZDF-Moderator antwortete: "Er hat das so nicht gesagt, und er hat sich im Übrigen sehr ausführlich dafür entschuldigt."

Die Politikerin ließ sich davon jedoch nicht beirren und zog Parallelen zwischen dem "Mob", der "auf der Straße tobt", und der "bürgerlichen Mitte", die beide mit "solchen Stereotypen" arbeiteten, was laut Strack-Zimmermann "knallharter Antisemitismus" sei. Sie machte zwar klar, dass sie Lanz nicht persönlich Antisemitismus vorwerfe, verurteilte jedoch sein fehlendes Gespür dafür, "was geht und was nicht geht".

Lanz antwortete sichtlich angefasst: "Das betrifft mich jetzt persönlich und ich muss ehrlich sagen: Ich finde es schwierig, von meiner Person - von der Person Richard David Prechts - eine direkte Linie zu ziehen, zu dem, was auf deutschen Straßen zum Teil stattfindet." Für den Moderator gehe es hier auch "um den Kontext".

Er erklärte: "Es gibt (...) wenige Leute im deutschen Fernsehen, die in den letzten 15 Jahren so viele Gespräche mit Holocaust-Überlebenden in einer Fernsehsendung geführt haben wie ich hier!" Auch wenn es um Richard David Precht gehe, den er persönlich sehr gut kenne, müsse er "deutlich sagen: Da führt überhaupt keine Linie zu dem, was auf der Straße stattfindet - und zwar in keinster Weise!"

Marie-Agnes Strack-Zimmermann ließ dennoch nicht locker. Ihr nächster Kritikpunkt: Die Berichterstattung über das zerstörte Krankenhaus in Gaza, bei dem "das öffentlich-rechtliche Fernsehen" laut der Politikerin das Narrativ der Hamas verbreitet habe. Markus Lanz antwortete wütend: "Sie müssen bitte schon mit richtigen Fakten operieren!" Strack-Zimmermann sagte daraufhin streng: "Jetzt wissen Sie mal, wie das ist, wenn Sie hier Ihre Gäste grillen!" Ein Spruch, der bei Lanz alles andere als gut ankam: "Diese Situation ist zu ernst, um jetzt Späße zu machen!"

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Nachdem Markus Lanz von Marie-Agnes Strack-Zimmermann hart attackiert worden war, war ihm den Rest der Sendung lang anzumerken, dass er aufgewühlt war. Dennoch schaffte er es, emotional auf Gili Roman einzugehen und mehr über dessen Familientragödie zu erfahren.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Über die knapp 200 Geiseln in Gaza ist bislang nur wenig bekannt, da die Hamas kaum Informationen an die Öffentlichkeit oder die Politik weitergibt. Gili Roman äußerte daher bei "Markus Lanz" einen dringenden Wunsch: "Deutschland muss sich hier einbringen - gemeinsam mit uns - in diesem Bemühen, (...) die Geiseln zurückzubringen und ihr Leben zu retten!"  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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