Noch nie war es für deutsche Staatsbürger so unsicher in Russland wie gerade jetzt. Zu diesem Schluss kam die "Markus Lanz"-Runde am Mittwoch.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Das Auswärtige Amt warnt vor Reisen nach Russland, während in Deutschland weiter die Taurus-Debatte die Gemüter erhitzt. Zur selben Zeit droht Wladimir Putin in einem aktuellen Interview im russischen Staatsfernsehen mit dem Einsatz von Atomwaffen.

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Der Jurist Nikolaos Gazeas, der einst in Deutschland den in der sibirischen Haft gestorbenen Kreml-Kritiker Alexej Nawalny vertrat, zollte Russland-Korrespondenten seinen Respekt und sprach eine große Sorge aus.

Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Vor wenigen Tagen wurden mehrere Drohnenangriffe auf russischem Gebiet gemeldet. Nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS gab es unter anderem einen Angriff in der russischen Stadt Belgorod auf das dortige Gebäude des Inlandsgeheimdiensts FSB. In der Region Rjasan geriet zudem eine Ölraffinerie in Brand. Die russische Regierung machte die Ukraine für die Angriffe verantwortlich. Markus Lanz betrachtete die jüngste Entwicklung in Russland mit Blick auf die dortige Präsidentschaftswahl, die vom 15. bis 17. März zum ersten Mal seit dem russischen Angriff auf die Ukraine stattfinden wird, mit Sorge.

Das sind die Gäste

  • Armin Coerper, ZDF-Korrespondent in Moskau: "Es sollte sich jeder fragen, ob sein Aufenthalt in Russland gerade notwendig ist."
  • Nikolaos Gazeas, Jurist: "Nawalny war mental messerscharf unterwegs."
  • Alice Bota, Osteuropa-Expertin: "Putin braucht den Krieg und er hat eine Obsession mit Amerika."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

In Bezug auf die Drohnenangriffe in Russland wollte Markus Lanz von dem aus Moskau zugeschalteten ZDF-Korrespondenten wissen, wie die Lage vor Ort eingeschätzt werde. Armin Coerper antwortete nüchtern: "Das stellt natürlich jetzt vor der Wahl ein Bedrohungsszenario dar für die russische Bevölkerung." Zwar versuchte der Kreml schnell, die Ukraine für die Vorfälle verantwortlich zu machen, doch Coerper warnte: "Man muss da sehr vorsichtig sein und muss sich fragen, wer ein Interesse daran hat, dass so was jetzt passiert."

Man dürfe laut des ZDF-Korrespondenten "nichts ausschließen". Armin Coerper ergänzte mit strengem Blick: "Dass das jetzt vor der Wahl so erzählt wird, das hat was mit der Wahl zu tun und mit dem Narrativ des Kreml. Das hat mit dem Verursacher dieser Anschläge (...) nichts zu tun."

In dem Zusammenhang wollte Lanz wissen, wie die Präsidentschaftswahlen in der Russischen Föderation ablaufen werden. Armin Coerper stellte zunächst klar: "Diese Wahl hat natürlich mit dem, was wir unter Wahlen verstehen, überhaupt nichts zu tun. Es gibt drei Gegenkandidaten, die sind aber vom Kreml aufgestellt." Osteuropa-Expertin Alice Bota nickte zustimmend und nannte die Wahlen vor Ort ein "Schmierentheater".

Dies brachte den ZDF-Moderator auf das jüngste Interview des russischen Präsidenten im Staatsfernsehen zu sprechen. "Er droht wieder mit Atomwaffen", erwähnte Lanz besorgt. Alice Bota versuchte einzuordnen: "Das ist eine Drohung, die Wirkung entfaltet - weltweit." Lanz hakte nach: "Für wen ist diese Botschaft gedacht?" Die Osteuropa-Expertin antwortete vorsichtig, die Botschaft sei "vor allem für das eigene Publikum gedacht kurz vor der Wahl". Putin präsentiere sich laut Bota gerne als jemand, "der der Einzige ist, der Russland vor der Bedrohung des Westens schützen kann". Es finde demnach eine "Täter-Opfer-Umkehr" statt.

Bota weiter: "Man will damit eben auch Unsicherheit säen und verursachen." Lanz stimmte zu und wies darauf hin, dass die nukleare Drohung Russlands zu Beginn der Invasion in der Ukraine fast täglich gekommen sei. Nun kehre sie ausgerechnet während der deutschen Taurus-Debatte zurück. "Gibt es da einen Zusammenhang?", wollte Lanz wissen. Armin Coerper nickte und sagte, dass es seit den deutschen Militär-Leaks fast täglich in russischen Medien geheißen habe: "Die Deutschen wollen uns angreifen mit dem Taurus." Demnach gebe es laut des Korrespondenten "ganz bestimmt" einen Zusammenhang, denn: "Putin spielt ein Spiel der Stärke und er akzeptiert nur Stärke. Und er spielt mit seiner Stärke."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz gelang trotz der verkürzten Sendezeit eine informative Debatte, in der der Fokus auf der Präsidentschaftswahl in Russland sowie den Machtspielen Wladimir Putins lag.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Die russische Unberechenbarkeit wächst von Stunde zu Stunde an. Erst Anfang März hat das Auswärtige Amt seine Reisewarnung für Russland weiter verschärft und "dringend" von Reisen abgeraten. Das Ministerium warnte in dem Zusammenhang vor willkürlichen Festnahmen. Dazu äußerte sich ZDF-Korrespondent Armin Coerper bei "Markus Lanz" mit den Worten: "Ich glaube, es sollte sich jeder schon fragen, ob sein Aufenthalt in Russland gerade notwendig ist."

Dem stimmte Nikolaos Gazeas zu: "Aktuell, Herr Lanz, (...) sehe ich die Situation so, dass es noch nie so gefährlich war in Russland für deutsche Staatsbürger." Der Jurist zollte daher allen Korrespondenten vor Ort seinen "absoluten Respekt". Dennoch habe er "die große Sorge, dass genau sie diejenigen eines Tages sein könnten, die man als Faustpfand und als Geiseln nimmt." Putin sei laut Gazeas nämlich "alles egal".  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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