Wird Indien bald - ähnlich wie China - dank seiner großen Bevölkerung eine echte Großmacht? Bei "Markus Lanz" wagten Moderator Ranga Yogeshwar und Südasien-Expertin Britta Petersen einen Blick auf die jüngsten Entwicklungen in Indien, der mittlerweile bevölkerungsreichsten Nation der Erde.

Eine Kritik
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Während Markus Lanz am Mittwoch über die jüngsten politischen Staatsbesuche in Indien sprach, erklärte Ranga Yogeshwar unter anderem, dass wir vor einer deutlichen Verschiebung in der Rangfolge der Weltmächte stehen.

Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Mit rund 1,4 Milliarden Menschen löste Indien jüngst China als weltweit bevölkerungsreichste Nation ab. Somit kommt mittlerweile jeder Dritte der rund acht Milliarden Menschen der Welt entweder aus China oder Indien. Während China längst auch wirtschaftlich als Supermacht bewertet wird, befindet sich Indien auf dem besten Weg dorthin.

Jüngst eröffnete Apple-Boss Tim Cook den ersten Apple-Store in Mumbai und zeigte damit, dass der indische Markt immer attraktiver wird. Auch bei "Markus Lanz" ging es am Mittwochabend um die rasanten Entwicklungen in Indien. Im Gespräch mit dem ZDF-Moderator warnten sowohl Südasien-Expertin Britta Petersen als auch Moderator Ranga Yogeshwar vor der europäischen Ignoranz mit Blick auf das Land.

Das sind die Gäste

  • Ranga Yogeshwar, Moderator: "Nach 400 Jahren Kolonialisierung und Demütigung gibt es jetzt eine Phase des Erwachens des Selbstbewusstseins."
  • Britta Petersen, Südasien-Expertin und Neu-Delhi-Korrespondentin der "Financial Times": "Indien ist die einzige große Alternative zu China."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Zu Beginn der Sendung sagte Moderator Ranga Yogeshwar treffend: "Früher war Indien für viele nur Mutter Theresa, aber das ist lange vorbei." Dem stimmte Markus Lanz nicht nur zu, er verkündete auch, dass Indien jüngst "eine Schallmauer durchbrochen" hat: "Mehr als 1,4 Milliarden Menschen leben dort - mehr als in China. Das größte Land der Welt ist jetzt Indien - was die Bevölkerung angeht."

Der ZDF-Moderator sprach daraufhin die Eröffnung des ersten indischen Apple-Stores in Mumbai an und fragte seine Gäste mit Blick auf die "neue Supermacht": "Was ist das für ein Riese, der da gerade erwacht?" Ranga Yogeshwar, der einen indischen Vater hat und im indischen Bangalore aufwuchs, erklärte dazu: "Apple überlegt jetzt strategisch, weil 90 Prozent der iPhone-Fertigung immer noch in China stattfindet." Südasien-Expertin Britta Petersen fügte hinzu: "Es zeigt auch, dass es sich inzwischen für Apple lohnt, im indischen Markt größer einzusteigen."

Lanz hakte interessiert nach: "Über welchen Markt reden wir?" Britta Peterson antwortete prompt: "Die konservativen Schätzungen gehen davon, aus, dass die Mittelklasse rund 350 Millionen Menschen sind. Zur unteren Mittelklasse gehören 600 Millionen Menschen. Das ist ein Markt, der noch nicht so beackert wurde wie China. Indien ist die einzige große Alternative zu China."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Der Moderator kam auch auf die jüngsten indischen Staatsbesuche von Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu sprechen. "Es fällt auf, wer sich da in letzter Zeit plötzlich die Klinke in die Hand gibt", so Lanz. Ranga Yogeshwar erklärte: "Global-politisch knistert ein Konflikt, der sich immer mehr verstärkt zwischen den USA und China. Irgendwie will man sich da jetzt in Stellung bringen." Der Wissenschaftsjournalist mahnte gleichzeitig: "Es gab schon immer ein Bestreben, Indien auf die Seite Russlands oder der USA zu ziehen. Indien war aber immer blockfrei und nie ein Land, das 'pro Amerika' oder 'pro Sowjetunion' war. Indien möchte unabhängig bleiben."

Yogeshwar ergänzte, dass in Indien seit einigen Jahren ein Umdenken stattfindet: "Nach 400 Jahren Kolonialisierung und Demütigung gibt es jetzt eine Phase des Erwachens des Selbstbewusstseins. Die Chinesen sagen ja inzwischen selbstbewusst: 'Wir wissen, was wir können und sind in vielen Bereichen Weltspitze und lassen uns nicht mehr herumkommandieren'. In Indien fängt das jetzt allmählich auch an."

Yogeshwar sagte dazu mit strengem Blick: "Wir Europäer laufen immer noch mit dem alten Narrativ herum, dass wir der Nabel der Welt sind. Vielleicht ist es jetzt an der Zeit zu sagen, dass der Nullmeridian durch Beijing oder bald durch Delhi gehen muss. Denn die Zeit, in der man Vasall war, ist vorbei." Britta Peterson stimmte zu und ergänzte: "Man muss die Art und Weise, wie wir auf Indien schauen, korrigieren. Es ist zweifellos so, dass Indien in zehn bis 15 Jahren eine der größten Volkswirtschaften der Welt sein wird."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Am Mittwochabend schaffte es Markus Lanz trotz kürzerer Sendungsdauer, eine spannende und vor allem lehrreiche Diskussionsrunde zu generieren. Besonders im Gespräch mit Moderator Ranga Yogeshwar gab die Sendung nicht nur einen interessanten Blick in die Vergangenheit Indiens, Lanz spekulierte mit ihm auch über die vielversprechende Zukunft der "neuen Supermacht".

Auch wenn die Diskussion unter den beiden Gästen nicht besonders hitzig wurde, machte Lanz durch seine teils konkreten Nachfragen deutlich, wie brisant das Thema Indien auch in Zukunft für Deutschland und Europa werden wird.

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Wenn es um die Supermacht China geht, ist mittlerweile klar, welche Gefahren künftig für die deutsche Wirtschaft lauern. Am Mittwochabend wagte Markus Lanz deshalb einen genaueren Blick auf Indien, die mögliche "neue Supermacht", die jetzt schon mit mehr als 1,4 Milliarden Menschen eine Schallmauer durchbrochen hat. Auch wirtschaftlich scheint es, als würde sich Indien dank talentierter Facharbeiter immer schneller weiterentwickeln - und Europa potenziell hinter sich lassen.

Mit aktuell rund 5.000 vielversprechenden Start-ups in Indien waren sich sowohl Moderator Ranga Yogeshwar als auch die langjährige Neu-Delhi-Korrespondentin Britta Petersen einig, dass Indien künftig neben China eine große Rolle auf der Welt spielen wird. Markus Lanz beendete die rund 45-minütige Sendung daher mit den Worten: "Das ist ein Thema, über das wir noch häufiger reden werden!"  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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