Bei "Markus Lanz" dreht sich an diesem Abend alles um Markus Söder. Lässig lümmelt der bayerische Ministerpräsident in seinem Sessel und teilt, mal mehr, mal weniger im Dialekt, gegen seine politischen Gegner aus. Söder hat auf Wahlkampfmodus geschaltet. Lanz und seine beiden weiteren Gäste sind nicht in der Lage, den CSU-Mann zu bremsen.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Christian Einmüller dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Besonders arbeitet sich der gebürtige Franke an den Grünen ab: "Die Grünen sind aus meiner Sicht in der Regierung eine totale Enttäuschung." Markus Söder kritisiert "Umerziehungswünsche" und Verbotspolitik, außerdem Veganer, die Cannabislegalisierung, Habecks Heizungsgesetz, die Chinapolitik von Annalena Baerbock, den Länderfinanzausgleich und natürlich die Abschaltung des Atomkraftwerks Isar 2.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Die Energiekrise und die daraus resultierenden Strom- und Gaspreise haben zu einer Debatte über den Weiterbetrieb der letzten deutschen Atommeiler geführt. Markus Söder will das Kernkraftwerk Isar 2 in Niederbayern deshalb wieder ans Netz nehmen, am liebsten in Eigenregie. Der bayerische Ministerpräsident argumentierte bei "Markus Lanz" mit einer drohenden Deindustrialisierung Deutschlands, wenn die Strompreise weiter steigen.

Ökonom Marcel Fratzscher widersprach dieser Darstellung. Der Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität Berlin bezweifelte, dass ein Weiterbetrieb des AKWs den Strompreis stabilisieren könnte und bezeichnete Söders Pläne als "kompletten Irrweg". Fratzscher argumentierte, dass nur der Ausbau der erneuerbaren Energien dauerhaft günstige Strompreise garantieren könne. Kristina Dunz vom "Redaktionsnetzwerk Deutschland" warf Söder hingegen Populismus im Hinblick auf die Landtagswahlen 2023 vor: "Ihnen kommt es immer darauf an, dass es die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung genauso sieht."

Das sind die Gäste

  • Markus Söder, bayerischer Ministerpräsident (CSU) kritisiert die Energiepolitik der Bundesregierung: "Der Ausstieg jetzt ist brutal von den Grünen durchgedrückt worden und das aus rein ideologischen Gründen."
  • Kristina Dunz, Journalistin vom "RedaktionsNetzwerk Deutschland", vermutet hinter Söders Forderung ein Wahlkampfmanöver. Sie sieht Versäumnisse in der bayerischen Infrastrukturpolitik: "Wenn Sie funktionierende Stromtrassen hätten, würde es in Bayern nicht so eng rauskommen."
  • Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, hält die Debatte und Strompreise für überbewertet. Es komme bei der Frage der Deindustrialisierung auf etwas ganz anderes an. Fratzscher warnt: "Die Gefahr ist real".

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Die Gefahr, dass ganze Industrien abwandern könnten, bereitet Politik und Arbeitnehmern gleichermaßen Sorgen. Söder setzt deshalb weiter auf Kernenergie: "Die Kernenergie ist jetzt das Richtige, um vorübergehend unsere Energie- und Netzstabilität und die Strompreise zu halten."

Marcel Fratzscher entkräftete diesen Punkt sofort mit klugen Argumenten: "Bestehende Kraftwerke laufen zu lassen, wäre ein minimalster Beitrag. Der wird das Problem für Deutschland nicht lösen." Fratzscher weiter: "Energie aus Atomkraft ist doppelt so teuer wie Energie aus den Erneuerbaren. Deutschland hatte nie einen komparativen Vorteil bei den Energiekosten. Die Zukunft Deutschlands als Industriestandort entscheidet sich nicht an den Energiekosten, sondern daran, ob die Unternehmen die digitale Transformation hinbekommen."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Vor der Wiederinbetriebnahme eines Kernkraftwerks stellt sich die Frage der technischen Machbarkeit. Lanz wollte wissen, wie schnell Isar 2 wieder ans Netz gehen kann, falls sich Söders Idee durchsetzt. Als Söder nicht wirklich auf die Frage antworten will, hakte Lanz nach: "Wie lange dauert es, bis dieses Kraftwerk wieder Strom produziert?"

Söder blieb vage: "Ich glaube, dass es schneller geht, als gedacht." Lanz ließ daraufhin aber nicht locker: "Also, wissen Sie es nicht?" Söder konterte: "Wissen Sie es?" Lanz überrascht: "Nein!" Söder selbstzufrieden: "Eben!" Spätestens da wurde es Lanz zu bunt: "Aber ich fordere auch nicht den Weiterbetrieb von Isar 2!" Söder: "Sie haben ja sonst auch keine Ahnung in den anderen Dingen." Peinlich für alle Beteiligten.

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Diese Ausgabe von "Markus Lanz" kann man im besten Fall als skurril bezeichnen. Lanz war von Söder völlig überfordert, der bayerische Ministerpräsident überrumpelte nicht nur die beiden weiteren Gäste, sondern auch den Moderator selbst.

Nachfragen liefen ins Leere, Söder kontrollierte die Sendung und entschied, über welche Themen er spricht. Die Redeanteile waren völlig ungleich verteilt. Zwischenzeitlich sprach Söder sogar in die Kamera und fing an, Journalistin Kristina Dunz Interviewfragen zu stellen. Dazu kamen die Rededuelle: Lanz und Söder kabbelten sich teils auf Kindergartenniveau.

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Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Die Sendung vom 2. Mai war eine Diskussion auf Stammtisch-Niveau. Söder hatte einen kostenlosen Wahlkampfauftritt. Die beiden weiteren Gäste waren im Studio nahezu überflüssig. Leider hielten sich damit auch die neuen Erkenntnisse nach 75 Minuten Gespräch in Grenzen.

An den Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Civey kann jeder teilnehmen. In das Ergebnis fließen jedoch nur die Antworten registrierter und verifizierter Nutzer ein. Diese müssen persönliche Daten wie Alter, Wohnort und Geschlecht angeben. Civey nutzt diese Angaben, um eine Stimme gemäß dem Vorkommen der sozioökonomischen Faktoren in der Gesamtbevölkerung zu gewichten. Umfragen des Unternehmens sind deshalb repräsentativ. Mehr Informationen zur Methode finden Sie hier, mehr zum Datenschutz hier.

Dafür versuchte Lanz am Ende einmal mehr die K-Frage zu klären: "Angenommen, Sie wären jetzt Bundeskanzler ..." Söder ließ sich allerdings nicht überrumpeln: "Ich stehe da nicht zur Verfügung!", sagte er. Seine Lebensaufgabe sei Bayern, erklärte er einmal mehr und bedauerte dann den Schluss der Sendung: "Sind wir schon fertig? Schade!" Bedauerlich war das Ende der Sendung in diesem Fall nicht.  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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