Weil mit Donald Trumps zweiter Amtszeit ein NATO-Austritt der USA denkbar wäre, machte sich Markus Söder im ZDF-Talk für die Aufrüstung der Bundeswehr stark. Als es um die Kosten ging, kam es mit Moderator Markus Lanz zum Streit.

Eine Kritik
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Am Mittwochabend bezeichnete Markus Lanz seinen Gast Markus Söder zunächst als "Meister des gepflegten Halbsatzes". Innerhalb der Sendung sprach der CSU-Chef jedoch Tacheles und machte deutlich, warum er für eine Wehrpflicht wäre und welche Herausforderungen der Welt bei einem Wahlsieg Donald Trumps bevorstehen würden.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Im Interview mit "Bild am Sonntag" forderte CSU-Chef Markus Söder im Dezember eine Wehrpflicht für alle Männer, eine Drohnenarmee mit 100.000 Drohnen, eine moderne Infrastruktur mit neuen Kasernen sowie volle Munitionsdepots. Gerade mit Blick auf den Sieg Donald Trumps bei der Vorwahl der Republikaner im US-Bundesstaat New Hampshire blickte Markus Lanz am Mittwochabend genauer auf den Zustand der deutschen Bundeswehr sowie die möglichen Gefahren und Herausforderungen, die in naher Zukunft auf Deutschland und Europa zukommen könnten.

Das sind die Gäste

  • Markus Söder, CSU-Vorsitzender: "Wir müssen vorsorgen für den Fall, dass die USA mit Trump uns allein lassen."
  • Anna Lehmann, Journalistin: "Es ist gefährlich, dass die Union die Grünen zum Hauptfeind erklärt hat."
  • Elmar Theveßen, Journalist: "Trump sagt, dass sich die Europäer komplett eigenständig um ihre Sicherheit kümmern sollen."
  • Claudia Major, Militärexpertin: "Die Diskussion um deutsche Atomwaffen führen wir nur, weil wir Angst haben, dass Trump Präsident wird."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Mit Blick auf den Sieg Donald Trumps bei den Vorwahlen der Republikaner im US-Bundesstaat New Hampshire erklärte ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen, dass Trump die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten "eigentlich nicht zu nehmen" sei. "Es ist nichts anderes als eine Krönung, die dann irgendwann kommt", sagte der aus Washington zugeschaltete Journalist.

Grund genug für CSU-Chef Markus Söder, die Warnung auszusprechen: "Sollte Trump gewinnen, kann das für uns fundamentale Folgen haben. Und darauf müssen wir uns einstellen." Markus Lanz hakte nach: "Was könnte der Welt da blühen, wenn Trump den Wiedereinzug ins Weiße Haus schafft?" Elmar Theveßen erklärte, dass unter anderem ein Austritt aus der NATO anstehen könnte, denn: "Trump sagt, dass sich die Europäer komplett eigenständig um ihre Sicherheit kümmern sollen."

Militärexpertin Claudia Major fügte hinzu, dass nicht nur der Abzug der Truppen, sondern allein schon die Androhung eines NATO-Austritts weitreichende Folgen haben könnte. "Allein schon ein politisches Statement von Trump (...) hätte eine enorm desaströse Wirkung auf die Abschreckung und Verteidigung in Europa", warnte Major. In dem Moment breche laut der Militärexpertin über alle Alliierten "ein Moment der Unsicherheit" herein.

Gleichzeitig offenbarte Claudia Major, dass "die Europäer die Unterstützung der USA für die Ukraine nicht auffangen" könnten, sowohl "wenn es um die finanziellen" als auch "die militärischen Beiträge" gehe. "Nicht in dem Maße, wie es die Ukraine bräuchte, um tatsächlich Überlegenheit in dem Krieg zu gewinnen und noch mehr Gebiete zu befreien", bekräftigte Major, die hinzufügte, dass die Militärhilfen der USA "eine zentrale Rolle im Kriegsgeschehen" spielten.

Dass ein Sieg Russlands in der Ukraine schwerwiegende Folgen für ganz Europa hätte, machte auch Markus Söder mehrfach deutlich und sagte, es bestehe eine "echte Herausforderung, wie wir sie noch nie hatten". Gerade deshalb stellte er im Gespräch mit Lanz die Forderung: "Unser Ziel ist klar, uns zu verteidigen. Unsere NATO-Grenzen zu schützen, unsere eigene Freiheit zu schützen."

Söder erklärte weiter, dass "der Schutz der Amerikaner" längst nicht nur "die ganzen Fragen der Waffen" betreffe, sondern auch die "Geheimdienste und Terrorfragen". "Im Grunde genommen hängt ganz Europa an den Geheimdienstkenntnissen der Vereinigten Staaten. Sollte das (...) weniger werden, wird's schwierig", erwog Söder nüchtern. Auf diese Situation müsse man sich jetzt laut des CSU-Chefs vorbereiten und die Bundeswehr verteidigungsfähig machen.

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Das ist das Rede-Duell des Abends

Markus Lanz fragte daraufhin den CSU-Chef: "100.000 Drohnen haben Sie gefordert. Einen Flugzeugträger. Einen atomaren Abwehrschirm. Wie stellen Sie sich das konkret alles vor?" Markus Söder antwortete schwammig und sagte, es müsse "in mehreren Stufen gedacht werden". Eine Steilvorlage für Lanz, der anhob: "Angenommen, der neue Bundeskanzler heißt Markus Söder ..." Der CSU-Chef unterbrach den Moderator jedoch prompt: "Oder Friedrich Merz oder Hendrik Wüst!"

Lanz konterte: "Wir spielen jetzt mal 'Markus Söder Bundeskanzler'." Der bayerische Ministerpräsident reagierte genervt: "Wir machen jetzt kein Kanzlerkandidat-Monopoly!" Stattdessen forderte er: "Wir brauchen eine voll ausgestattete Bundeswehr mit (...) Panzer, Artillerie, Material, Munition." Grund genug für Lanz, nach den einzelnen Kosten zu fragen. "Auf solche Spielchen" wollte sich Söder jedoch nicht einlassen.

Lanz listete dennoch auf, dass allein die Betriebskosten eines Flugzeugträgers bei weit über 100 Milliarden Euro liegen würden. Als Markus Söder die Summen entnervt abtat, stellte Lanz klar: "Herr Söder, wir wollen doch Dinge verstehen und erklären." Der CSU-Chef schoss wütend zurück: "Wir sind ja hier nicht Erziehungs-Fernsehen!" Lanz ließ sich davon nicht beirren und konterte: "Wenn man so etwas politisch fordert, dann klingt das so wie 'Morgen haben wir so was'."

Der bayerische Ministerpräsident antwortete energisch: "Das ist ja Quatsch!" Es handle sich laut Söder lediglich um "mittelfristige und langfristige Projekte". "Alles dauert, aber die Gefahren kommen schneller, als wir denken", mahnte der Politiker. Gerade deshalb machte er sich für eine Wehrpflicht stark und forderte, die Bundeswehr künftig komplett zu öffnen "für Männer und Frauen". Die Wehrpflicht selbst würde er jedoch "bei den jungen Männern belassen".

Söder

Söder sieht Massenproteste gegen AfD als gutes Signal

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die Kundgebungen gegen rechts mit Hunderttausenden Teilnehmern als gutes Signal gegen die AfD bezeichnet. (Photocredit: picture alliance / Jens Niering)

Lanz hakte überrascht nach: "Warum?" Söder antwortete: "Für Frauen eine Verpflichtung würde ich nicht machen, weil ich finde, dass in der (...) Lebensplanung da unterschiedliche Akzente sind. (...) Und schneller zu organisieren ist es für junge Männer." Journalistin Anna Lehmann äußerte ihren Unmut: "Also schlüssig erscheint mir die Begründung noch nicht. (...) Also normalerweise sind Frauen ja die flexibleren."

Gleichzeitig sprach sie sich gegen die Wehrpflicht aus und sagte: "Das ist ein irrer Aufwand (...) eigentlich gibt es doch andere Prioritäten, als junge Leute heranzuziehen und zu sagen: 'Lernt jetzt erst mal richtig, Gewehre zu putzen und im Gleichschritt zu marschieren'. Eigentlich brauchen wir doch etwas anderes zurzeit."

Claudia Major stimmte zu: "Ich glaube ehrlich gesagt, dass die Frage 'Wehrpflicht - ja oder nein', die komplett falsche Frage ist." Der Grund? "Mit einem Zwangsdienst, wo eigentlich keiner so richtig hinwill, kriegen Sie weder Masse noch Expertise." Ein Argument, das Söder nicht akzeptierte: "Ab einem bestimmten Punkt, wenn das Personal nicht genügend da wäre zur Landesverteidigung (...), ist die Wehrpflicht verfassungsrechtlich okay."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz gelang eine äußerst lebendige Diskussion, in der er Markus Söder immer wieder stichelnd zu konkreten Aussagen bewegte. Neben einigen hitzigen Momenten gab es jedoch auch unterhaltsame Konversationen. So berichtete der CSU-Chef, dass er selbst bei der Bundeswehr gewesen sei und als Lastwagenfahrer Munition transportiert habe: "Alles, was explodieren kann nach wenigen Sekunden." Er ergänzte: "Früh um 5 Uhr aus Mutters Schlaf geweckt zu werden, mit dem berühmten Pfiff und Ruf 'Kompanie aufstehen', wird nie einer vergessen, der da war."

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

Markus Söder machte bei "Markus Lanz" deutlich, dass eine Wehrpflicht auch zur gesellschaftlichen "Bindung an diese Demokratie und diesen Staat und das Einstehen dafür" beitragen könnte. Lanz zeigte sich jedoch skeptisch: "Wären wir als Land dafür bereit?" Söder antwortete selbstbewusst: "Wenn sich die Lage zuspitzt, ändert sich auch das Bewusstsein." Gleichzeitig warnte er: "Die Welt verändert sich fundamental. Und wir Europäer fallen immer weiter zurück. (...) Tolle Leute sind wir, aber wenn es ernst wird, nimmt uns keiner ernst, weil wir nicht bereit sind, Entscheidungen zu treffen." Aus diesem Grund forderte er: "Wir müssen unser Land zu 100 Prozent verteidigungsfähig machen."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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Teaserbild: © ZDF/Cornelia Lehmann