Wiederauflage: Bei Sandra Maischberger ging es am Mittwoch erneut um die Sparpolitik der Ampel. Sind die Prioritäten falsch gesetzt? Der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) erklärte, an welcher Stelle er die Ampel für zu "selbstgewiss" hält und worauf sie nicht vorbereitet ist.

Eine Kritik
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Die Unzufriedenheit mit der Ampel-Regierung ist groß: Erst in der vergangenen Woche mobilisierten die Bauern bundesweit und protestierten gegen Subventionskürzungen. Auch die guten Umfragewerte der AfD sind Ausdruck von Unzufriedenheit im Land. Hat die Regierung es in der krisengebeutelten Zeit einfach schwer, oder macht sie schlechte Arbeit? Eine der Fragen bei Sandra Maischberger.

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Das war das Thema bei "Maischberger"

Maischberger startete ihre Talkrunde am Mittwoch mit der Frage: "Pfiffe und Buh-Rufe gegen die Regierung – Ist die Ampel so schlecht wie ihr Ruf?" Dabei kamen auch die Themen Bürgergeld und Schuldenbremse zur Sprache. Außerdem ging es um eine mögliche Wiederwahl Donald Trumps in den USA. Ist der Ex-Präsident noch zu stoppen? Welche Folgen hätte seine Wiederwahl für Deutschland und Europa?

Das waren die Gäste

  • Peer Steinbrück (SPD): Der Bundesfinanzminister a. D. sagte: "Es muss eine Schuldenbremse geben, aber die jetzige ist erkennbar nicht mehr zeitgemäß. Wir haben einen extremen Investitionsbedarf auf diversen Feldern." In der jetzigen Situation würde er der Regierung empfehlen, die Beiträge, die notwendig sind, in der Breite einzusammeln. Die Regierung sei mit Blick auf das Urteil des Verfassungsgerichts zu siegessicher gewesen. "So wie sie übrigens im Moment auch zu selbstgewiss sind, dass das Urteil über die Wahlrechtsreform vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand hat", sagte Steinbrück.
  • Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP): "Eine Wiederwahl von Donald Trump wäre für Deutschland, Europa und die Welt ein unfassbarer Schaden und ein einziger Albtraum", so die FDP-Verteidigungspolitikerin. Sie sagte: "Es ist schon spooky, dass jemand, der verantwortlich ist für die Störung des Kapitols, der 91 strafrechtlich relevante Verfahren am Hals hat, derart viele Anhänger hat." Trump könne die Demokratie auf links drehen. "Das ist besorgniserregend", so Strack-Zimmermann.
  • George Weinberg: Der Vertreter der "Republicans Overseas Germany" und Trump-Unterstützer sagte: "Donald Trumps großartiger Sieg in Iowa zeigt: Das amerikanische Volk will einen Machtwechsel." Trump habe die Kandidatur so gut wie in der Tasche. Er habe in Iowa auch besonders bei Menschen unter 30 Jahren gepunktet und sei nicht nur bei Älteren beliebt.
  • Oliver Kalkofe: "Was man bisher erlebt, ist wirklich ein Fettnapf-Hopping mit Arschbombe von einem Fehler zum anderen", sagte der Comedian und Schauspieler über die Arbeit der Ampel. Das sei "erschütternd und tragisch". Nach außen enstehe mehr und mehr das Gefühl einer nicht existenten Führung. "Man merkt, dass da drei Parteien unterwegs sind, die nicht mehr miteinander reden können."
  • Anna Mayr: Die Journalistin von der "Zeit" sagte: "Christian Lindner versucht gerade, den harten Sparer zu mimen, der er sein will." Die Sparmaßnahmen seien falsch und sollten nicht umgesetzt werden. Die Bürgergeld-Diskussion sei beispielsweise reine Symbolpolitik. Man gebe vor, 170 Millionen Euro zu sparen, aber: "Es gibt überhaupt nicht so viele Menschen, die diese Pflichten verletzten. Das ist ein ganz marginaler Teil", so Mayr. Selbst, wenn man denen das Geld streiche, sei man lange nicht bei 170 Millionen Euro – vor allem, wenn man es nur zwei Monate tue.
  • Alexander Kissler: "Ich befürchte, dass wir einen Strömungsabbruch des Vertrauens in das gesamte politische System bekommen", warnte der Journalist von der "NZZ". Die Regierung setze die falschen Prioritäten. Es müsse kein neues Kanzleramt gebaut werden, der Beamtenapparat sei aufgebläht und es brauche keine neue Behörde für die Kindergrundsicherung. Deshalb sei auch die Kernaussage bei den Bauernprotesten: "Unsere Mittel werden von euch schlecht verwaltet, unsere Gelder werden für Zwecke entfremdet, die wir so nicht gutheißen", so Kissler.

Das war der Moment des Abends bei "Maischberger"

Steinbrück sprach mit Maischberger über vergangene Äußerungen von Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) zur Einwanderung. Dieser hatte beispielsweise geäußert, dass Einwanderung aus Polen unproblematisch sei, wohingegen sie es aus der Türkei und weiter östlichen Ländern nicht sei. "Die AfD Hamburg schreibt: 'Helmut Schmidt würde heute AfD wählen'", kommentierte Maischberger. "Dummes Zeug", meinte Steinbrück entschieden. "Das ist reine Polemik."

Maischberger fragte daraufhin: "Wo ist der Unterschied, der Art und Weise wie Helmut Schmidt über Zuwanderung und andere Nationen gesprochen hat und der Art und Weise, wie wir es heute hören von der AfD?" Die Antwort von Steinbrück erntete Applaus: "Der Unterschied liegt darin, dass er ein absolut überzeugter Demokrat gewesen ist – anders als weite Teile der AfD."

Einen Verbotsantrag hielt Steinbrück für zwecklos. "Die AfD lebt von der Unzufriedenheit vieler Menschen und Unzufriedenheit kann man nicht verbieten", sagte er. Die Scheinlösungen der AfD müssten entlarvt werden. Mit einem AfD-Ministerpräsidenten im Osten rechnete er nicht, aber: "Ich rechne mit einem bedenklich hohen Wahlergebnis der AfD – und meine Wahrnehmung ist, dass die Politik hier in Berlin darauf bisher nicht vorbereitet ist."

Das war das Rede-Duell des Abends

Strack-Zimmermann hatte gerade ihre Sorge vor einer weiteren Amtszeit von Trump geäußert, da sagte Weinberg: "Er war vier Jahre schon Präsident, gab es da irgendwelche diktatorischen Maßnahmen? Hat deutsche Politik darunter gelitten, außer, dass er die Bundesrepublik aufgefordert hat, die zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes für die Bundeswehr und für die Verteidigung aufzubringen?" Die Ängste von Strack-Zimmermann seien für ihn nicht nachvollziehbar.

Die Verteidigungspolitikerin hielt dagegen: "Inzwischen hat er etwas Faschistoides." Wenn Trump von "Deportation" von Migranten spreche, dann sei das "Nazi-Sprech". Zu seiner "brutalen Terminologie" komme ein "Aufhetzen des Volkes" dazu. Die FDP-Politikerin sagte: "Ich bin überrascht, dass es verfängt, auch bei jungen Menschen." Trump habe es für in Ordnung erklärt, Frauen unter den Rock zu greifen und behaupte bis heute, er sei um den Sieg gebracht worden, erinnerte sie. Wenn Angela Merkel nach einem Sieg aufgerufen hätte, den Bundestag zu stürmen: "Da würde jeder sagen, die hat nicht alle Tassen im Schrank", befand sie.

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Maischberger brachte erfrischende Fragen mit. "Haben Sie das Gefühl, da wurden Vorsätze gefasst?", fragte sie mit Blick auf den Jahresbeginn und die Ampelregierung. Als es um die Schuldenbremse ging, wollte sie von Steinbrück wissen: "Haben Sie Angst um Ihr Lebenswerk?" Schade war nur, dass sie bei einer Frage nicht inhaltlich nachhakte. Die Antwort auf die Frage: "Wo würden Sie denn sparen, wenn Sie jetzt Finanzminister wären?" umschiffte Steinbrück geschickt, indem er von "Körben" sprach, in denen er Projekte einordnen würde.

Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Die Ergebnisse des Abends hielt vor allem Steinbrück fest. Zum einen sagte er: "Wir haben kein Einnahmeproblem, wir haben ein Ausgabeproblem" und warnte: "Wir gehen enormen haushaltspolitischen Problemen entgegen." Dabei nannte er beispielsweise die soziale Belastung durch die demographische Entwicklung, ein kommendes Wiederaufbauprogramm für die Ukraine und die Einhaltung des Zwei-Prozent-Ziels.

Als Maischberger ihn fragte: "Was ist Ihr Worst-Case-Szenario für dieses Jahr?", antwortete er: "Dass bei allen drei Landtagswahlen die AfD überragende Ergebnisse erzielt." Ebenso gehöre zu einem solchen Szenario, dass Trump wiedergewählt wird und sich in Ostasien der Konflikt zwischen China und den USA zuspitzt.

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