Daniel Bangert aus Griesheim wollte nur einen kleinen Spaziergang machen und sich das Gelände "Dagger Complex" des US-Militärs in seinem Heimatort ansehen. Als kleinen Witz nannte er den Ausflug "NSA-Spione beobachten" und lud seine Freunde dazu ein. Kurz darauf stand die Polizei vor seiner Tür. Seine Geschichte zeigt, wie eng die Behörden in Deutschland - trotz aller gegenteiligen Beteuerungen aus Berlin - zusammenarbeiten.

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Daniel Bangert ist in Griesheim aufgewachsen. Bisher interessierte er sich nicht besonders für den streng gesicherten "Dagger Complex", ein Stützpunkt der US-Armee, der auch vom US-Geheimdienst NSA genutzt werden soll. Doch dann wurde er auf den Fall Edward Snowden aufmerksam. Seitdem postet der gelernte Heizungsbauer regelmäßig Artikel, Witze und Cartoons rund um das Thema auf seiner Facebook-Seite.

Dabei kam ihm auch die Idee, sich den "Dagger Complex" einmal aus der Nähe anzusehen. Seine als Spaß gemeinte Einladung zu einem Spaziergang wurde von den Behörden allerdings ernst genommen. Wenige Tage nach der Veröffentlichung wecken Polizeibeamte den 28-Jährigen um halb acht Uhr morgens. Wir sprachen mit Daniel Bangert über seine Motivation, das Auftreten der Polizeibeamten und seine Meinung zum Datenschutz in Deutschland.

Was hast du genau gemacht, dass auf einmal die Polizei bei dir geklingelt hat?

Daniel Bangert: Ich habe auf Facebook eine Veranstaltung erstellt und meine Freunde dazu eingeladen. Bis zu der Sache mit der Polizei haben 32 Leute zugesagt. Nach meiner Erfahrung wäre wahrscheinlich nur die Hälfte zu dem Spaziergang gekommen. Durch die Polizei ist das Interesse aber deutlich gestiegen. Bei der Veranstaltung am Samstag waren dann etwa 80 Menschen da.

Was hattest du bei deiner Aktion vor?

Daniel Bangert: Ich wollte einfach nur spazieren gehen, da ich den "Dagger Complex" noch nicht gesehen habe. Und da ich nicht alleine gehen wollte, habe ich meine Freunde dazu eingeladen. Aber die Polizei hat darauf bestanden, dass ich den Spaziergang als Demonstration anmelden muss. Wir haben darüber diskutiert, ob dann nicht auch eine Fußball-Veranstaltung angemeldet werden müsse. Ich habe den Unterschied nicht verstanden, aber ich habe das dann eben trotzdem gemacht.

Was hast du gedacht, als die Polizei vor deiner Tür stand?

Daniel Bangert: Ich habe gedacht: "Das kann nicht wahr sein." Als ich den Streifenwagen vor der Tür gesehen habe, habe ich gleich gewusst, warum sie hier sind. Ich war nicht erschrocken oder verängstigt, sondern fand es einfach nur lustig.

Wirkten die Beamten bedrohlich oder eher amüsiert?

Daniel Bangert: Die Polizisten haben es mit einem Lächeln gesehen und es auch nicht ganz ernst genommen. Aber das Ganze hat wohl den Dienstweg genommen, bis der Staatsschutz von der Militärpolizei beauftragt wurde, der Sache nachzugehen.

Was hast du nach dem Polizeibesuch gemacht?

Daniel Bangert: Ich habe alles, auch den Dialog mit den Polizisten, gleich auf Facebook gepostet. Auch der Lokalzeitung habe ich einen Bericht gegeben und im Internet verschickt. Das hat dann immer weitere Kreise gezogen. Von der Medienreaktion bin ich aber doch etwas überrascht.

Planst du noch weitere Aktionen?

Daniel Bangert: Es wird wohl noch einen Spaziergang geben. (lacht)

Glaubst du, dass so eine Geschichte auf das Thema Datensicherheit und Überwachung aufmerksam machen kann?

Daniel Bangert: Ja, weil es ein praktisches Beispiel dafür ist. Die Menschen, die sagen "Das geht mich ja nichts an", merken an meiner Geschichte, welche Folgen ein Spaßeintrag im Internet haben kann. Daran sieht man ja, wie eng die Behörden zusammen arbeiten, auch wenn die Regierung das Gegenteil behauptet. Die große Resonanz im Internet und in den Medien freut mich. Alle lachen darüber. Negative Konsequenzen fürchte ich nicht. Ich habe nichts gemacht und ich habe mir nichts vorzuwerfen.

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