Bei der Suche der amerikanischen Demokraten nach einem Kandidaten für die nächsten Präsidentschaftswahlen gilt sie als "Präsidentin der Herzen": Michelle Obama genießt hohes Ansehen und große Popularität. Doch die 54-Jährige wird wohl nicht in die Politik gehen. Zu erkennen sei das, so ein Experte, auch am Cover ihres neuen Buches.

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Bis vor Kurzem hatte Beto O’Rourke als Hoffnungsträger der amerikanischen Demokraten gegolten. Doch am 6. November unterlag der 46-Jährige bei den Wahlen zum texanischen Senat, verlor mit 48,3 Prozent der Stimmen knapp gegen seinen republikanischer Gegenspieler Ted Cruz.

Ein in den Augen der Wähler als Verlierer geltender Abgeordneter könnte es schwer haben gegen Donald Trump. Der amtierende Präsident wird am 3. November 2020 erneut als Präsidentschaftskandidat antreten.

Noch sind knapp zwei Jahre Zeit – doch allmählich müssen die Demokraten sich ernsthaft Gedanken darüber machen, mit welchem Kandidaten sie 2020 das Rennen machen könnten gegen den umstrittenen Amtsinhaber, dem nach wie vor und trotz aller Skandale und Blamagen große Chancen eingeräumt werden, ein zweites Mal als Sieger im Weißen Haus zu residieren.

Bis dahin müssen sich die Demokraten zunächst einmal auf eine gemeinsame Linie einigen. Auf der "linken" Seite laufen sich bereits ein paar Kandidaten warm: Die kalifornische Senatorin Kamala Harris etwa, die Steuererleichterungen für Bürger fordert, die hohe Mieten zahlen.

Oder Elizabeth Warren aus dem Bundesstaat Massachusetts, die die Zahl der Arbeitnehmervertreter in den Konzern-Gremien erhöhen will.

Die Demokraten wollen einen jungen Kandidaten

Auch bekannte Namen wie Joe Biden oder Bernie Sanders könnten noch einmal antreten – doch gegen sie spricht die momentane Aufbruchstimmung bei den Demokraten.

Neben inhaltlichen Debatten spielt dabei derzeit auch die Tendenz eine Rolle, der Partei ein neues, jüngeres Image zu geben. Und in dieses Konzept passen weder Biden (75) und Sanders (77) noch die oben genannte Elizabeth Warren (69).

Kein Wunder also, dass in den Diskussionen und Spekulationen immer wieder ein Name auftaucht: Michelle Obama. Die Frau des Ex-Präsidenten ist 54 Jahre jung, gilt als mutig, intelligent, integer, kommunikativ, beliebt.

Und mit dem Namen ihres Mannes Barack verbindet sich die Stimmung von Aufbruch und Erfolg, die den Demokraten auch bei einem Neustart im Kampf gegen Donald Trumps Republikaner guttäte.

Obwohl Michelle Obama mehrfach betont hat, sie wolle auf keinen Fall in die Politik gehen, gibt es Stimmen, die immer noch auf eine Kandidatur der Harvard-Absolventin und Anwältin hoffen.

Und die auch in Michelle Obamas kürzlich erschienenen Buches "Becoming"ein Zeichen dafür sehen, dass sie möglicherweise doch noch Ambitionen auf das mächtigste Amt der Welt anmelden könnte.

"So präsentiert man sich in den USA nicht als Kandidatin"

Mit harten Worten rechnet sie dort mit Donald Trump ab. Sie berichtet, wie sie vor Wut gezittert habe, als sie das Video zu sehen bekam, in dem er damit prahlte, Frauen zwischen die Beine zu grapschen.

Und sie wirft ihm eine Gefährdung ihrer Familie vor, als Trump Zweifel an der Echtheit von Barack Obamas Geburtsurkunde anmeldete.

"Was, wenn jemand in unzurechnungsfähigem Zustand eine Waffe geladen hätte und nach Washington gekommen wäre? Was, wenn er nach unseren Mädchen gesucht hätte?", fragt sie. Das, so Michelle Obama, werde sie Trump nie verzeihen.

Der Amerikanist Dr. Markus Hünemörder von der Universität München interpretiert das Buch ganz anders.

Allein schon das Titelbild der am 13. November mit einer Startauflage von drei Millionen Exemplaren erschienenen Memoiren interpretiert der Wissenschaftler als Beleg dafür, dass Michelle Obama ihre Meinung nicht ändern werde: "Schulterfrei auf dem Cover", so Hünemörder, "– so präsentiert man sich in den USA nicht als Präsidentschaftskandidatin."

Auch der Inhalt des Buches spreche eine deutliche Sprache: "Es ist sehr persönlich, viel persönlicher als wenn man die Veröffentlichung als ersten Schritt für eine Karriere verwenden wollte."

Man dürfe deshalb durchaus ernst nehmen, was Obama schon oft und immer wieder geäußert habe: dass sie "kein Fan der Politik" sei, wie sie auch in ihrem Buch nochmals betont.

Hinzu komme, so Hünemörder, auch die mangelhafte politische Positionierung der Gattin des Ex-Präsidenten: Sie habe sich stets nur allgemein geäußert, nie konkret Stellung bezogen. "Jeder mag sie", stellt der Amerikanist fest, beantwortet aber die Frage nach dem Warum sehr eindeutig: "Weil sie unpolitisch war und ist."

Differenzen bei den Demokraten sind überwindbar

Nicht einmal in der gegenwärtigen Auseinandersetzung zwischen Linken und Gemäßigten in der Demokratischen Partei lasse sich Michelle Obama zuverlässig verorten.

Die Tatsache, dass ihr Name immer wieder auftauche, wenn über den zukünftigen Präsidentschaftskandidaten spekuliert werde, sei eher ein Zeichen für die gegenwärtige Schwäche der Demokraten.

Diese seien ja auch deshalb untereinander zerstritten, weil es keine einigende Persönlichkeit gebe. Es fehle der Partei an einem "Superstar", der sie 2020 ins Feld führen könnte. Kein Wunder also, dass man auf Michelle Obama verfällt, die Charisma hat und in der Öffentlichkeit beliebt ist.

Doch Hünemörder glaubt, dass die Demokratische Partei diese Krise schnell überwinden werde. Die Differenzen zwischen den Flügeln seien nicht gravierend, die Spaltung der Partei weit weniger schwerwiegend als bei den Republikanern: "Bei den Demokraten diskutieren sie darüber, ob man in der Gesundheitsfürsorge bei 'Obamacare' bleiben oder ein neues Konzept verfolgen soll."

Einig sei man sich aber darüber, dass es Aufgabe der Regierung sei, die Krankenversicherung für alle Bürger zugänglich zu machen. Bei den Republikanern dagegen werde darüber gestritten, ob eine solche staatliche Vorsorge überhaupt notwendig sei.

Während es sicher scheint, dass die Diskussion 'Obamacare' versus 'Medicare' auch im Wahlkampf 2020 eine wichtige Rolle spielen dürfte, wird sich erst noch zeigen, welcher Kandidat für die Demokraten in den Ring steigen wird. Michelle Obama wird es wohl nicht sein.

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