In Deutschland steigt die absolute Zahl der Rentnerinnen und Rentner, die auf Grundsicherung angewiesen sind. Die Bundesregierung erklärt dies mit dem demografischen Wandel. Die Linke hingegen fordert einen Kurswechsel in der Rentenpolitik.

Mehr aktuelle News

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) haben ein Ziel: Sie wollen die Rente zukunftsfest machen. Dafür soll das Rentenniveau – es beschreibt, wie sich die Renten im Vergleich zu den Löhnen entwickeln – bis zum Jahr 2040 auf mindestens 48 Prozent festgeschrieben werden. Und: Erstmals legt der Staat mit dem Generationenkapital Geld am Aktienmarkt an. Aus den Erträgen soll der Anstieg der Beitragssätze in der Rentenversicherung abgebremst werden.

Grundsicherung: Zahl der Empfänger steigt um knapp 65 Prozent

Sind damit die Probleme der Rente gelöst? Experten bezweifeln das. Es zeigt sich bereits heute: Die Rente reicht für viele Menschen nicht aus, um den Lebensstandard im Alter zu sichern. Sie muss mit staatlichen Mitteln aufgestockt werden.

So ist die Zahl der Empfängerinnen und Empfänger der Grundsicherung im Alter von 436.210 Personen (Ende 2011) auf 676.400 Personen (Ende 2022) angestiegen, ein Anstieg von knapp 65 Prozent. Das geht aus einer Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) an den Linken-Abgeordneten Matthias W. Birkwald hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Anspruch auf Grundsicherung im Alter hat, wer die Regelaltersgrenze erreicht hat und bedürftig oder dauerhaft voll erwerbsgemindert ist. Die Bundesregierung verweist in ihrer Antwort an Linken-Politiker Birkwald darauf, dass es korrekt sei, dass die Zahl der Sozialleistungsempfänger im Alter gestiegen sei. Aber: "Ein großer Teil des Anstiegs ist demografisch bedingt", heißt es in der Antwort. Bedeutet also: Wenn die Gruppe der Alten wächst, steigt auch der Anteil der Transferempfänger.

Lesen Sie auch: Rente: Warum sie besser als ihr Ruf ist - und was sich trotzdem ändern muss

Das Arbeitsministerium argumentiert, dass Rentner im Vergleich zur Gesamtbevölkerung seltener auf zusätzliche Sozialleistungen angewiesen seien. Ein Argument, das Linken-Rentenexperte Birkwald nicht gelten lässt. Denn: Auch prozentual ist der Anteil der Grundsicherungsempfänger gestiegen – und zwar von 2,3 Prozent im Jahr 2006 auf 3,4 Prozent in 2021. "Egal, wie die Bundesregierung es dreht und wendet: Die Altersarmut ist ein wachsendes Problem in Deutschland", sagt Birkwald unserer Redaktion.

Rente: Ist Österreich ein Vorbild für Deutschland?

Der Linken-Politiker verweist auf aktuelle Zahlen zur Armutsrisikoquote, die er ebenfalls beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales abgefragt hat. Als armutsgefährdet gilt, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens – also des Einkommens, das die Bevölkerung in der Mitte in eine ärmere und eine reichere Hälfte teilt – verfügt. Dieser Grenze liegt bei 1.250 Euro.

Die Armutsrisikoquote für Menschen ab 65 Jahren ist nach Auskunft des BMAS in Deutschland von 14,2 Prozent (2011) auf 18 Prozent (2019) gestiegen. Im EU-Durchschnitt stieg sie im gleichen Zeitraum von 15,1 Prozent auf 16,1 Prozent.

In Österreich sank sie derweil auf 13,9 Prozent. Österreichische Rentnerinnen und Rentner erhalten deutlich mehr Geld im Alter als Deutsche. Allerdings sind die Beitragssätze zur gesetzlichen Rente auch höher.

Für Linken-Politiker Birkwald ist das Land trotzdem ein Vorbild. "Es gibt in Österreich eine Mindestrente, die direkt ausgezahlt wird. Die Renten der Frauen liegen im Durchschnitt fast 400 Euro höher, während die der Männer mehr als doppelt so hoch sind", sagt Birkwald. Anders als die Bundesregierung, die auf den Aktienmarkt setzt, will die Linke das Rentenniveau auf 53 Prozent anheben. "Damit könnten die Renten sofort um zehn Prozent erhöht werden", sagt Birkwald.

Verwendete Quellen

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.