Die Zahlen der Gewalttaten in Deutschland sind im Vergleich zu den vergangenen Jahren stark angestiegen. Bei "Markus Lanz" äußerte sich CDU-Politiker Herbert Reul zu der neuen Kriminalitätsstatistik und forderte eine generelle Benennung der Nationalitäten aller Straftäter.
Die Kriminalitätsrate unter Nicht-Deutschen ist auf einem neuen Höchststand. Bei "
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
Drei Jugendliche im Alter von 15 und 16 Jahren sitzen aktuell in Untersuchungshaft, da sie einen islamistisch motivierten Terroranschlag geplant haben sollen. Wie die Düsseldorfer Generalstaatsanwaltschaft aktuell verkündete, seien bei gezielten Durchsuchungen unter anderem eine Machete und ein Dolch sichergestellt worden. Markus Lanz nahm dies am Donnerstagabend zum Anlass, um unter anderem über die frühe Radikalisierung von Jugendlichen sowie die steigende Kriminalitätsrate unter Minderjährigen in Deutschland zu sprechen.
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Das sind die Gäste
- Herbert Reul, CDU-Politiker: "Ich habe es nie begriffen, wieso Kinder oder Jugendliche radikalisiert werden können."
- Eva Quadbeck, Journalistin: "Es gibt zu viele, die über Social Media ihren Hass verbreiten können."
- Eren Güvercin, Autor: "Verbotsprüfungen laufen gefühlt endlos."
- Souad Lamroubal, Migrationsexpertin: "Ich sehe viele Jugendliche, die sich mit diesem Land leider nicht identifizieren."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
In Bezug auf die höhere Kriminalitätsrate unter Jugendlichen in Deutschland hatte CDU-Politiker Herbert Reul im Gespräch mit Markus Lanz eine klare Meinung. Er gab zu: "Ich habe es nie begriffen, wieso (...) Kinder oder Jugendliche radikalisiert werden können." Er vermutete eine fehlende Persönlichkeitsstärke: "Da muss in der Erziehung einiges schiefgelaufen sein." Migrationsexpertin Souad Lamroubal warnte jedoch: "Ich nehme wahr, dass viele Jugendliche immer mehr nach dem Thema Identität suchen, dass sie keine Antworten auf bestimmte Fragen haben."
Die langjährige Beamtin einer Ausländerbehörde ergänzte: "Ich sehe viele Jugendliche, die sich mit diesem Staat leider überhaupt nicht identifizieren können." Ein Alarmsignal für den Islam-Experten Eren Güvercin, der sagte, dass sich die Politik nun die Frage stellen müsse: "Wie können wir diese Menschen noch erreichen? Wo verlieren wir den Kontakt zu diesen jungen Menschen?"
Mit Blick auf die neue Eskalation im Nahen Osten wollte Lanz wissen, inwiefern dies einen Einfluss auf die innere Sicherheit in Deutschland haben könnte. Herbert Reul antwortete ehrlich: "Es hat eine Bedeutung, das ist unstrittig." Der CDU-Mann fügte hinzu: "Konflikte, die woanders stattfinden, können sich hier widerspiegeln." Markus Lanz hakte nach: "Woran merken Sie das?" Reul antwortete: "Begonnen haben wir, das festzustellen, an der hohen Anzahl von Demonstrationen, die stattgefunden haben. (...) Das wäre wahrscheinlich vor ein paar Jahren so nicht vorstellbar gewesen. Es braucht einen Anlass oft, um das, was da ist, auch zu aktivieren."
Eren Güvercin brachte daraufhin sein Unverständnis zum Ausdruck, 30 Jahre lang das "Islamische Zentrum Hamburg" zu beobachten, ohne politisch einzuschreiten. Er bezeichnete das Zentrum unter anderem als "Propaganda-Zentrale für das Teheraner Regime in Deutschland". Laut Güvercin mangle es "nicht an den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden", sondern "es mangelt an dem politischen Willen, die Konsequenzen zu ziehen".
Wie der Autor erklärte, habe es erst nach dem 7. Oktober Durchsuchungen im "Islamischen Zentrum Hamburg" gegeben. "Das zeigt halt auch, dass man lange Jahre dieses Problem unter den Teppich gekehrt hat", urteilte Eren Güvercin streng. "Wie kann sowas sein?", fragte Lanz fassungslos. Der Islam-Experte antwortete nüchtern: "Man will natürlich auch den Iran nicht vor den Kopf stoßen. (...) Wirtschaftliche Interessen spielen da eine Rolle, außenpolitische Interessen."
Herbert Reul ergänzte vorsichtig: "Meistens dann, wenn es richtig brennt, reagieren wir. Und das halte ich für ein Problem, aber ich will ja jetzt nicht irgendeinem etwas in die Schuhe schieben, weil es ist, glaube ich, ein Problem, das über Parteigrenzen hinweg (...) passiert."
Das ist das Rede-Duell des Abends
CDU-Politiker Herbert Reul machte in der Diskussion auch deutlich, dass es für Politiker nicht einfach sei, das Thema Ausländerkriminalität richtig anzupacken: "Ich habe irre lange überlegt, wie und ob ich das Thema Kriminalität von Nicht-Deutschen überhaupt anspreche." Besonders, als er in der Vergangenheit den Begriff "Clan-Kriminalität" benutzt habe, sei er auf Gegenwind gestoßen: "Da sind die über mich hergefallen!"
Migrationsexpertin Souad Lamroubal reagierte verständnislos und erklärte, dass sie ebenfalls ein Problem mit dem Begriff "Clan-Kriminalität" habe, "weil der Begriff an sich ja auch ganz viele Menschen ausgrenzt". Lamroubal weiter: "Damit erschweren wir gewissen Leuten auch einfach das Leben, die eigentlich unschuldig sind."
Als die Expertin sich darüber beschwerte, dass in der Kriminalitätsstatistik zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen unterschieden werde, konterte Herbert Reul: "Dadurch, dass man nicht darüber redet und aus lauter Furcht, man könnte irgendeinen falsch verletzen, (...) wird es immer schlimmer. Ich habe für mich eine Konsequenz gezogen: Ich spreche es jetzt an - mit dem Risiko, dass man auch Menschen stigmatisiert, die gar nicht betroffen sind."
Herbert Reul erklärte weiter, dass er bei allen Kriminellen die Nationalitäten nennen wolle. Bei jeder Straftat soll es demnach laut dem Politikers heißen: "Es war ein Iraner oder es war ein Grieche." Souad Lamroubal argumentierte prompt dagegen: "Das ist Unsinn! (...) Wenn wir tatsächlich jetzt die Nationalitäten benennen würden, dann würden wir ja noch mehr Vorurteile entwickeln."
Reul konterte unbeeindruckt: "Wir können doch zur Kenntnis nehmen, dass diese Schweigerei, die wir gemacht haben, (...) dazu geführt hat: Die AfD wird immer dicker und immer größer." Ein Argument, das die Migrationsexpertin nicht überzeugte, denn: "Wenn Sie doch die Nationalitäten benennen, dann führt das doch zum selben Effekt." Der CDU-Mann schüttelte energisch mit dem Kopf: "Dann haben sie ein Argument weniger, zu sagen, der Reul und die Politik und der Staat verschweigt die Probleme. (...) Diese Verschwörungselemente sind das Teuflische. Wenn wir über Realitäten reden, kann ich differenzieren."
Journalistin Eva Quadbeck stimmte zwar zu, dass in vielerlei Hinsicht eine ehrlichere Debatte geführt werden müsse, aber "wenn man es so differenziert diskutiert und die Dinge klar formuliert, muss man jedes Mal den Sturm aushalten, der darauf folgt". Lanz reagierte darauf verständnislos: "Das ist ja auch Teil des Jobs. Dann hält man das halt aus. Ich frage mich manchmal: Was ist das eigentlich für eine Zumutung, wenn man dann mal so ein bisschen Sturm aushalten muss? Was ist eigentlich das Problem daran? Ich verstehe es nicht! Dann mach's halt einfach!"
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz schaffte es, durch eine abwechslungsreiche Sendung zu führen, in der Themen wie die Zunahme der Jugendkriminalität sowie die Versäumnisse in der Integrationspolitik abgedeckt wurden. Der Moderator merkte dazu sichtlich zufrieden an: "Wir haben ganz offen und ohne Schaum vor dem Mund diskutieren können."
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Bei "Markus Lanz" stellte CDU-Politiker Herbert Reul klar, dass in der öffentlichen Debatte zum Thema Kriminalität und Radikalisierung ein Umdenken stattfinden müsse, denn: "Ich glaube, das Schlimmste ist, wenn man den Eindruck erweckt, man verschweigt Wahrheiten. Das geht schief." Eren Güvercin kritisierte derweil den "nicht konsequenten Umgang mit (...) radikalen Milieus" und warnte: "Jetzt sehen wir aktuell ja auch das böse Erwachen (...), dass diese Strategie auch mit dem Iran scheitert."
Ein Argument, gegen das Souad Lamroubal konterte: "Wir haben das Thema Integration völlig vernachlässigt die letzten Jahre." Daraufhin platzte Markus Lanz der Kragen und er fragte abschließend: "Woher kommt eigentlich diese seltsame Idee, dass Integration sowas wie eine Bringschuld dieses deutschen Staates ist?" © 1&1 Mail & Media/teleschau
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