Die Zahlen haben das Land aufgeschreckt: Laut der neuen Polizeilichen Kriminalstatistik wurden 2023 so viele Straftaten in Deutschland erfasst wie seit 2016 nicht mehr.

Eine Kritik
Diese Kritik stellt die Sicht von Natascha Wittmann dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Markus Lanz fragte daher: "Ist Deutschland tatsächlich unsicherer geworden?" Extremismusforscher Ahmad Mansour lieferte darauf eine klare Antwort und forderte das Land auf, härtere und ehrlichere Debatten zu führen, was die irreguläre Migration angeht.

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Das ist das Thema bei "Markus Lanz"

Bundesinnenministerin Nancy Faeser sorgte mit der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik 2023 für Schlagzeilen. Bei Gewalttaten, Diebstählen oder Einbrüchen stiegen die Zahlen laut der Statistik rapide an. "Es gibt eine gestiegene Gewaltkriminalität. Es gibt mehr Jugend- und es gibt mehr Ausländerkriminalität", erklärte Faeser.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr bundesweit rund 5,94 Millionen Straftaten statistisch erfasst. Das sind immerhin 5,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Grund genug für Markus Lanz, die Zusammenhänge und Ursachen näher zu erforschen und zu fragen, was irreguläre Migration damit zu tun hat.

Das sind die Gäste

  • Sebastian Fiedler, SPD-Politiker: "Die Kriminalitätsstatistik ist die am meisten missbrauchte Statistik überhaupt."
  • Nicole Bögelein, Kriminologin: "Es geht nicht darum, jetzt hart durchzugreifen, sondern es geht um mehr Unterstützung für Jugendliche, die kriminell werden."
  • Ahmad Mansour, Extremismusforscher: "Ich appelliere dafür, weniger Leute aufzunehmen."

Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"

Auf die Kriminalitätsstatistik angesprochen, machte SPD-Politiker Sebastian Fiedler zunächst klar, dass es sich um "eine sehr komplizierte Statistik" handle, die nicht so einfach zu interpretieren sei. "Es ist, vereinfacht gesprochen, ein Arbeitsnachweis der Polizei", so der Innen- und Kriminalpolitik-Experte. Markus Lanz hakte irritiert nach: "Hat diese Statistik eine Aussagekraft oder nicht?"

Fiedler antwortete schwammig: "Es kommt darauf an." In Bereichen wie der Gewaltkriminalität hängen die Zahlen etwa "von vielen unterschiedlichen Faktoren ab". Lanz stellte daraufhin klar, dass die Gewaltkriminalität auf dem "höchsten Stand seit 15 Jahren" sei. "Wie ist Gewaltkriminalität definiert?", wollte der ZDF-Moderator wissen. Fiedler antwortete, dass darunter Raubkriminalität, häusliche Gewalt, Mord und Totschlag sowie Sexualdelikte fallen.

Nicole Bögelein, Ahmad Mansour
Wie ist die Kriminalitätsstatistik zu interpretieren? Darüber stritten Kriminologin Nicole Bögelein und Extremismusforscher Ahmad Mansour. © ZDF / Cornelia Lehmann

Die genannten Themenfelder geben laut des SPD-Mannes "allesamt Grund zur Sorge". Hinzu komme, dass auch im Bereich der Kinder- und Jugendkriminalität eine "starke Zunahme" zu sehen sei und auch "bei der Wohnungseinbruchskriminalität gibt es viel Anlass zur Sorge". Eine Steilvorlage für Lanz, der wissen wollte: "Ist das Land sicherer oder unsicherer geworden?" Fiedler gab daraufhin zu: "Es ist in Teilen unsicherer geworden." Besonders "im Bereich der Drogenkriminalität" sei dies der Fall, denn "wir haben es mit einer Kokain-Schwemme zu tun".

Der Innen- und Kriminalpolitik-Experte merkte auch an, dass über Themen wie "islamistischen Terror" mehr gesprochen werden müsse, da dieser in der Statistik keine Erwähnung finde. "Wir haben viele Themen, über die wir uns sorgen müssen", so Fiedler ernst. Dem konnte Extremismusforscher Ahmad Mansour in Teilen nur zustimmen und sagte: "Wenn wir jetzt die Menschen fragen, dann ist Deutschland unsicherer geworden. Deutschland ist für Juden unsicherer geworden, (...) Deutschland ist für Frauen unsicherer geworden."

Das ist das Rede-Duell des Abends

Als es um die hohe Ausländerkriminalität in Deutschland ging, war sich die Runde weniger einig. Zunächst warnte Kriminologin Nicole Bögelein vor voreiligen Schlüssen und behauptete, dass die Wahrscheinlichkeit einer Anzeige "sehr viel höher" sei, wenn der Täter "als nicht-deutsch oder als fremd wahrgenommen" werde. Eine Aussage, die Markus Lanz fassungslos machte: "Ernsthaft? Ich teile Menschen nicht ein in die Frage, wie sie aussehen und woher sie kommen!"

Bögelein blieb dennoch bei ihrer Meinung: "Tatsächlich ist das ein sozial-psychologischer Effekt, der passiert. Wir teilen Menschen sehr schnell ein." Lanz konterte: "Frau Bögelein, bitte. Wenn mir jemand mein Portemonnaie oder mein Telefon klaut, ist mir vollkommen Wurst, wer das ist. Wenn der das macht, zeige ich den an. Ich bitte Sie!" Die Kriminologin hielt dagegen und sagte: "Studien zeigen uns das Gegenteil." Mansour stellte dazu klar, dass die Studien "vielleicht bei Beleidigungen" passen, "aber lassen sie uns auf die Sexualdelikte und Gewaltdelikte konzentrieren. Da glauben Sie nicht ernsthaft, dass ich blute und dann entscheide ich, ob ich die zur Anzeige bringe nach Hautfarbe der Täter?!"

Lanz merkte daraufhin an, dass laut der Kriminalitätsstatistik "fast die Hälfte der Tatverdächtigen (...) keinen deutschen Pass" haben. Darauf konterte Bögelein wütend: "Der Anteil der nicht-deutschen Opfer, die in der Kriminalstatistik aufgeführt werden, sind wesentlich höher als die Anteile nicht-deutscher Tatverdächtiger. Fast ein Viertel der registrierten Opfer (...) sind nicht deutsch. Und das ist ein Phänomen, über das wir überhaupt nicht sprechen."

Markus Lanz, Sebastian Fiedler, Nicole Bögelein, Ahmad Mansour
Markus Lanz (l.) diskutierte am Mittwochabend mit SPD-Politiker Sebastian Fiedler (2.v.l.), Kriminologin Nicole Bögelein (2.v.r.) und Extremismusforscher Ahmad Mansour. © ZDF / Cornelia Lehmann

Der ZDF-Moderator wollte sich darauf nur bedingt einlassen und sprach stattdessen die Verbindung zwischen Kriminalität und irregulärer Migration an. Sichtlich genervt antwortete die Kriminologin: "Augenscheinlich scheint es diese Verbindung zu geben." Gleichzeitig erklärte sie, dass sich Eingewanderte oft "nicht aufgenommen" fühlen und durch soziale Faktoren zu Straftätern werden. Ein Argument, bei dem Lanz der Kragen platzte: "Da gibt es ein massives Störgefühl mittlerweile in der Bevölkerung, dass Leute sagen: 'Bitte, das ist doch keine Einbahnstraße!'"

Lanz wetterte weiter, dass es für ihn bei der Frage, ob man kriminell wird, "nicht entscheidend" sei, "unter welchen Verhältnissen man aufwächst". Vielmehr treffe man die Entscheidung "schon selbst und ganz alleine". Dem stimmte Ahmad Mansour zu und sagte: "Das ist eine unmündige Art und Weise beim Umgang mit diesen Menschen." Mansour fügte hinzu: "Es ist, als ob wir diese Menschen wie Kuscheltiere behandeln, damit wir uns besser fühlen. (...) Und dann verdrängen wir!" Ein Vorwurf, gegen den sich Bögelein wehrte: "Das stimmt nicht! Wir haben versucht, zu erklären, dass es eben vielfältige Ursachen gibt. (...) Es geht um die sozialen Möglichkeiten, es geht um die Chancen, mit denen ich aufwachse."

So hat sich Markus Lanz geschlagen

Markus Lanz hatte große Mühe, die Kriminalitätsstatistik ausführlich zu analysieren. Am Ende blieb ihm nichts anderes übrig, als zu fragen: "Wenn diese Statistik so interpretierungsbedürftig ist, warum brauchen wir sie dann?"

Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"

In Bezug auf die Kriminalitätsstatistik forderte Ahmad Mansour mehrmals: "Wir brauchen eine Debattenkultur, die keine Tabus kennt." Als Ursache für den Anstieg ausländischer Straftaten nannte er eine fehlende Härte des Rechtsstaates: "Es gibt eine große Zahl von Menschen, die Deutschland als schwach wahrnehmen und unseren Rechtsstaat verachten." Mansour fügte hinzu: "Die Leute brauchen klare Regeln, damit sie wissen, wo sie stehen."

Nicole Bögelein sah dies anders und warnte, dass soziale Missstände Teil des Problems seien: "Menschen, die keinen deutschen Pass haben, führen ganz andere Leben als Menschen mit deutschen Pässen." Sie forderte daher: "Kriminalität ist ein soziales Problem und dem müssen wir mit sozialen Antworten begegnen und nicht mit einer Haudrauf-Debatte."  © 1&1 Mail & Media/teleschau

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