Bei Maischberger standen am Mittwochabend die neu erschienene Kriminalstatistik, Migrationspolitik und die Kindergrundsicherung im Mittelpunkt der Sendung. "Es droht, ein Rohrkrepierer zu werden", sagte Journalistin Tina Hassel über das geplante Gesetz. Gleichzeitig beobachtete Bundestagspräsidentin Bärbel Bas eine noch nicht ausgeheilte Spaltung in der Gesellschaft und Verleger Wolfram Weimer erkannte einen zweiten "Elefant im Porzellanladen der Ampelregierung".

Eine Kritik
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Eigentlich soll am 1. Januar 2025 die Auszahlung der Kindergrundsicherung starten. Ob sie wirklich so kommt, wie geplant, ist fraglich. Denn schon mehrfach musste die Ampel zurückrudern. Zuerst hatte Familienministerin Lisa Paus (Grüne) zwölf Milliarden Euro jährlich veranschlagt, heraus kamen zwei. Und nun verlangten die Grünen 5.000 zusätzliche Stellen, zogen die Forderung aber kurz darauf wieder zurück.

Das ist das Thema bei "Maischberger"

Bei Maischberger ging es am Mittwochabend um ein dickes Brett, welches derzeit in der Ampel gebohrt wird: Die Kindergrundsicherung. Kommt sie noch, oder kommt sie nicht? Neben der, mittlerweile zurückgezogenen, Forderung nach 5.000 zusätzlichen Stellen dafür von den Grünen, ging es auch um die Kriminalitätsstatistik, Kanzler Olaf Scholz auf TikTok und Waffenlieferungen an die Ukraine.

Das sind die Gäste

  • Bärbel Bas (SPD): Die Bundestagspräsidentin sprach über Sicherheitsfragen und sagte, die Gesellschaft sei unter Corona ein Stück aggressiver geworden. "Die Gesellschaft war in zwei Teile zerrissen. Für die einen waren die Maßnahmen noch nicht hart genug und die anderen haben Corona entweder geleugnet oder sie haben gesagt, die Maßnahmen sind überzogen. Man merkt das bis heute, das ist nicht ganz ausgeheilt", so die Bundestagspräsidentin.
  • Julia Klöckner (CDU): Die wirtschaftspolitische Sprecherin sprach über zunehmende Gewaltkriminalität in Deutschland. "Es ist auch eine Einwanderungsfrage. Auch das müssen wir sehr klar sagen", so Klöckner. 15 Prozent der Bevölkerung seien Ausländer, der Anteil der Ausländer bei Tatverdächtigen liege bei 41 Prozent. "Wir müssen sehr genau schauen: Was kommt mit Zuwanderung auch zu uns ins Land", sagte sie weiter. Es gebe keine Rechtfertigung, sich in einem Schutzland nicht an Regeln zu halten.
  • Andreas Audresch (Grüne): "Wir müssen Kriminalität den Boden entziehen und dafür sorgen, dass wir in Zukunft weniger Kriminalität haben", so der Grünen-Politiker. Das gehe zum Beispiel durch Schulsozialarbeit und indem man Kindern und Jugendlichen Perspektiven gebe, anstatt über Migration zu debattieren. "Ich sage Ihnen voraus: Mit dieser Debatte werden Sie nicht eine einzige Frage der Kriminalität in Deutschland lösen", so Audresch.
  • Micky Beisenherz: "Vor zwei Jahren hatten wir die tolle Zeitenwende-Rede und alle haben gesagt, genau so ist es und alle haben Selenskyj gefeiert. Überall wo er hinkam, er hielt eine Rede und alle applaudierten ihm. Jetzt wird er sukzessive zum Bittsteller, egal wo er hinkommt, sagen die Leute 'Er schon wieder'", sagte der TV-Moderator. Der Westen komme an den Punkt, seine Unterstützung langsam versiegen zu lassen. Wenn die Ukraine den Krieg verliere, könne man nicht behaupten, man sei voll reingegangen und habe alles versucht.
  • Tina Hassel: Die Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios sagte über das Gesetz zur Kindergrundsicherung: "Ich finde das sehr traurig, denn Kinderarmut ist ein großes Problem. Die Art, wie in Teilen handwerklich wirklich stümperhaft damit umgegangen wird, ist furchtbar." Hinter vorgehaltener Hand gebe es sehr kritische Stimmen in der Regierung, die sagen würden: Das, was Christine Lambrecht für die SPD war, sei nun Lisa Paus für die Grünen.
  • Wolfram Weimer: "Menschlich war das sehr sympathisch", sagte der Verleger von "The European" über den neuen TikTok-Auftritt von Olaf Scholz. Darin präsentiert er seine Aktentasche. Scholz habe sich selbstironisch als die zu Fleisch gewordene Büroklammer der Republik inszeniert. "Journalistisch hätte ich gerne in die Tasche reingeguckt und dieses Dokument zu Cum-Ex-Skandalen entdeckt", stichelte er. Scholz lenke mit dem TikTok-Kanal von anderen innenpolitischen Problemen ab.

Das ist der Moment des Abends bei "Maischberger"

Als es um Migrationspolitik und eine Obergrenze ging, übte Grünen-Politiker Audresch scharfe Kritik an der Union. "Nie hat die CDU irgendetwas dergleichen umgesetzt, weil immer die Frage ansteht, was ist denn mit dem nächsten, der dann kommt?", so Audresch. Es brauche Migrationsabkommen und europäische Zusammenarbeit.

Bei der Arbeitsmarkt-Integration habe Deutschland tatsächlich sehr schwierige Lagen. "Wir haben ein großes Fachkräfte- und Arbeitskräfte-Problem und immer noch die Verbote für Flüchtlinge zu arbeiten. Das versteht überhaupt gar niemand mehr", beschwerte er sich.

Das ist das Rede-Duell des Abends

Weimer sprach über die Kindergrundsicherung. "Es ist so ein bisschen nach dem Heizungsgesetz der zweite große Elefant im Porzellanladen der Ampelregierung", attestierte er. Zurecht werde das Gesetz massiv kritisiert. Die handwerkliche Dimension kulminiere in den 5.000 Stellen, die die Grünen kurzzeitig zusätzlich gefordert hatten. Die Aussagen, es könnten nun doch weniger Stellen benötigt werden und es gäbe Synergieeffekte durch die Digitalisierung, seien Nebelkerzen. "Ich glaube, dass dieses Gesetz gar nicht kommen wird", vermutete Weimer.

Hassel widersprach, sie glaube schon, dass es in irgendeiner Form ein Gesetz geben werde: "Aber es wird auf jeden Fall nicht so kommen, wie Frau Paus es angekündigt hat", räumte sie ein. Man höre zwar, dass noch immer konstruktiv verhandelt werde. Das Gesetz sei aber inzwischen so vermurkst, dass der Kanzler sich dafür nicht verkämpfen werde. Sollte nichts kommen, wäre das ein furchtbares Signal. "Es wird etwas kommen, aber nichts mehr, was annähernd so groß ist", sagte Hassel und ergänzte: "Es droht, ein Rohrkrepierer zu werden."

So hat sich Sandra Maischberger geschlagen

Zugegeben: Maischberger hat schon bessere Sendungen moderiert. Denn sie hatte in mehreren Diskussionen am Abend nicht wirklich das Zepter in der Hand. An einer Stelle merkte Grünen-Politiker Audresch beispielsweise an: "Wir beginnen bei der Kriminalitätsstatistik und jetzt sind wir bei sicheren Herkunftsländern." Hier wäre es an Sandra Maischberger gewesen, die Debatte besser zu steuern. Eine wichtige Frage, die Audresch aufwarf, ließ sie Klöckner dann auch leider nicht mehr beantworten – nämlich, warum es immer noch so viele Verbote für Flüchtlinge gibt, zu arbeiten.

Das ist das Ergebnis bei "Maischberger"

Das Thema Polizeiliche Kriminalitätsstatistik ist eines mit ziemlich vielen Stolperfallen. Zu oft wird etwa vergessen: Es geht um Tatverdächtige – nicht um Verurteilte, und die Zahlen nennen immer nur das sogenannte Hellfeld, also nicht die gesamte Kriminalität, zu der auch das Dunkelfeld gehört. Teilweise sorgt verstärkte Ermittlungsarbeit für Zahlen, die in die Höhe schnellen. Für all das gab es am Mittwochabend nicht ausreichend Raum – dann lieber weniger über Olaf Scholz auf TikTok sprechen und die Zahlen in der Debatte kontextualisieren.

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