Zwischen Moskau und St. Petersburg ist ein Business-Jet abgestürzt. Auf der Passagierliste steht auch der Name des Söldnerführers Jewgeni Prigoschin. Von verschiedenen Seiten wurde bestätigt, dass der einstige Putin-Vertraute gestorben ist. Doch in der Vergangenheit wurde Prigoschin schon zweimal fälschlicherweise für tot erklärt.

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Um was es geht: Abgestürzt ist ein Geschäftsreiseflugzeug vom Typ Embraer Legacy, das regelmäßig von Prigoschin und seiner Privatarmee Wagner genutzt wurde. Russlands Ermittlungsbehörden haben ein Verfahren wegen Verstoßes gegen die Sicherheitsvorschriften im Luftverkehr eingeleitet.

Die Insassen: Auf der von der Luftaufsichtsbehörde ungewöhnlich schnell bereitgestellten Passagierliste, die demnach von der Fluggesellschaft stammt, stehen zehn Menschen. Darunter sind Jewgeni Prigoschin und Dmitri Utkin, der als militärischer Anführer der Wagner-Truppe gilt. Der russische Zivilschutz hat den Tod aller zehn Insassen des Flugzeugs bestätigt.

Verortung Absturzstelle © dpa-infografik GmbH

Putin betrachtet Prigoschin als Verräter

Prigoschin, der lange als Günstling von Präsident Wladimir Putin galt, ist durch die Beteiligung der Wagner-Truppe an der Eroberung Bachmuts im Osten der Ukraine zu einem der bekanntesten Männer Russlands aufgestiegen. Er kritisierte aber auch Moskaus Militärführung und hat zwei Monate vor dem Absturz einen kurzlebigen Aufstand angeführt, den Putin als "Verrat" bezeichnete. Für die Beendigung des Aufstands sicherte ihm der Kreml Straffreiheit bei einer Ausreise nach Belarus zu.

Wer ist die Wagner-Truppe? Eine Privatarmee, die der Kreml lange für seine Schattenkriege in verschiedenen Weltregionen einsetzte. Wagner-Söldner waren lange vor dem offiziellen Ausbruch des Kriegs gegen die Ukraine im Donbass aufseiten der Separatisten aktiv. In Syrien kämpften sie als Bodentruppen auf der Seite Moskaus. In vielen Staaten Afrikas wie der Zentralafrikanischen Republik und Mali ist Wagner aktiv. Die Hilfe für die dortigen Regimes sicherten Russland Einfluss und Prigoschin wirtschaftliche Pfründe, beispielsweise bei der Ausbeutung von Bodenschätzen.

Der Absturzort ist in der Nähe einer Militärbasis

Absturzort: Die Maschine war von Moskau auf dem Weg nach St. Petersburg. Der Absturzort Kuschenkino liegt im nordrussischen Gebiet Twer nahe dem Waldai-See, wo auch Putin eine Residenz hat. In der Gegend ist eine Militärbasis und eine Flugabwehreinheit stationiert. Augenzeugen sprachen von zwei lauten Explosionen vor dem Absturz. Die Trümmer liegen weit verteilt, was für ein Auseinanderbrechen des Flugzeugs vor dem Aufprall spricht.

Absturzzeit: Die Embraer verlor um 18:19 Uhr Ortszeit (17:19 Uhr MESZ), eine halbe Stunde nach dem Start, massiv an Höhe. Innerhalb einer halben Minute sank das Flugzeug nach Angaben von Flightradar24 gut zwei Kilometer. Dann hielt es sich einige Sekunden auf der Höhe von rund sechs Kilometern, ehe es abstürzte. Vorher gab es keine Auffälligkeiten beim Flug.

Was wir nicht wissen: War Prigoschin wirklich an Bord?

Absturzursache: Über die Ursache des Absturzes gibt es bislang nur Spekulationen. Der Prigoschin nahe stehende Telegram-Kanal Grey Zone schrieb von einem Abschuss des Flugzeugs durch die Flugabwehr. Auch von einer Bombe an Bord und technischen Problemen ist die Rede.

War Prigoschin wirklich an Bord? Sowohl Prigoschin als auch sein Stellvertreter Dmitri Utkin befanden sich "an Bord des Flugzeugs", teilte die russische Luftfahrtbehörde Rosawiatsija am Mittwochabend unter Berufung auf die Fluggesellschaft mit. Alle zehn Menschen an Bord sind nach vorläufigen Angaben des russischen Katastrophenschutzministeriums tot. Auch der Wagner nahestehende Telegram-Account Grey Zone vermeldete Prigoschins Ableben. Doch die letzte Gewissheit, dass Prigoschin tatsächlich an Bord der Maschine war und damit unter den Toten ist, gibt es bisher nicht. Eine Obduktion der Leichen steht noch aus.

Eine Verschleierungsaktion, um von der Bildfläche zu verschwinden, kann nicht ausgeschlossen werden. Zumal schon zweimal voreilig über den Tod Prigoschins berichtet wurde. 2019 sollte er beim Absturz eines Frachtflugzeugs in Afrika, wo seine Wagner-Truppe aktiv ist, umgekommen sein. Im vergangenen Jahr wurde sein Tod im Osten der Ukraine vermeldet. Beide Male tauchte Prigoschin später lebend wieder auf. (dpa/AFP/jos)

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