Die Entscheidung ist offenbar gefallen: Sahra Wagenknecht will eine eigene Partei gründen. Medien berichten, dass die Linken-Politikerin am Montag den ersten Schritt vollziehen wird.

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Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht hat sich Medienberichten zufolge endgültig zur Gründung einer eigenen Partei entschlossen. Dies meldeten der "Spiegel" und das ZDF am Mittwoch. Am Montag werde Wagenknecht zunächst die Gründung des Vereins "BSW - Für Vernunft und Gerechtigkeit" öffentlich vorstellen, schrieb der "Spiegel". Dieser gilt als eine Art Vorstufe zur Parteigründung. Er ist bereits registriert. Das Kürzel stehe für "Bündnis Sahra Wagenknecht", schrieb der "Spiegel". Dazu werde auch ein inhaltliches Dokument vorgestellt, eine Art Programmentwurf.

Auf dem Termin der Bundespressekonferenz werde Wagenknecht einen "klaren Ausblick" auf die Parteigründung geben, für die der Verein dienen soll. Ihren Austritt aus der Linken wolle Wagenknecht nach jetzigem Stand dort aber nicht bekannt geben - auch nicht ihren Austritt aus der Bundestagsfraktion.

Gründung eigener Partei: Büro von Sahra Wagenknecht dementiert Bericht nicht

Das Magazin berief sich auf Quellen aus Wagenknechts Umfeld. Auch das ZDF nannte zunächst keine Quelle. Wagenknechts Büro erklärte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, man könne den Bericht weder bestätigen noch kommentieren. Aus Wagenknechts Umfeld erfuhr dpa, dass sich der Entschluss zur Parteigründung seit längerem anbahnt.

Auch öffentlich hat sich Wagenknecht seit Monaten immer wieder dazu geäußert, sich aber nicht festgelegt. Mit der Linken hat sie sich in wichtigen Punkten wie der Migrations- und der Klimapolitik inhaltlich entzweit. Öffentlich sagte sie zuletzt, ihre Verbindung mit der Linken sei für sie abgehakt. Gegen sie läuft ein Parteiausschlussverfahren.

Demoskopen räumen Wagenknecht-Partei hohes Potenzial ein

Diese mögliche Parteigründung weckt so großes Interesse, weil sie die politische Landschaft verschieben könnte. Demoskopen räumen einer Wagenknecht-Partei ein vergleichsweise hohes Potenzial ein. In einer YouGov-Umfrage hatte Ende September fast jeder dritte befragte Wahlberechtigte (29 Prozent) im Osten des Landes angegeben, sich grundsätzlich vorstellen zu können, eine neue Partei unter Führung Wagenknechts zu wählen. Im Westen waren es 19 Prozent.

Solche Umfragen sagen aber wenig darüber, wie viele Menschen sich tatsächlich so entscheiden würden. Auch ist bisher nicht ganz klar, wofür die Partei stehen soll. Wagenknecht hat sich als scharfe Kritikerin der Ukraine-Politik der Bundesregierung positioniert. Sie ist zudem gegen eine strikte Klimaschutzpolitik und für eine Begrenzung der Migration. Die Grünen hat sie wiederholt als die gefährlichste Partei bezeichnet.

Wagenknecht einer der profiliertesten Köpfe der Linken

Politikwissenschaftler gehen davon aus, dass ihr Projekt auch der AfD Stimmen streitig machen könnte. Die Rechtspartei hofft darauf, im kommenden Jahr in Thüringen, Sachsen und Brandenburg erstmals in Deutschland Landtagswahlen zu gewinnen.

Wagenknecht war über Jahrzehnte einer der profiliertesten Köpfe der Linken. Sie trat noch vor dem Zusammenbruch der DDR in die SED ein und engagierte sich dann in der Nachfolgepartei PDS und schließlich in der Linken. Vor vier Jahren zog sie sich nach parteiinternen Kämpfen und einem Burnout vom Posten der Fraktionsvorsitzenden im Bundestag zurück. Trotzdem blieb Wagenknecht das prominenteste Gesicht der Partei und stellte mit Auftritten in Talkshows und Büchern immer wieder die eigentlichen Chefs der Linken öffentlich in den Schatten.

Linken-Fraktionschef Bartsch sauer auf Wagenknecht

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch bezeichnete die geplante Parteineugründung als "unverantwortlich angesichts der gesellschaftlichen Situation und der Lage der Linken". "Unmoralisch" sei, wenn Wagenknecht Mandate mitnehme, die sie über die Linke erworben habe, sagte Barsch der "Rheinischen Post". Wagenknechts Schritt führe dazu, "dass es dann keine Fraktion mehr gibt. Er bedeutet aber nicht, dass die Linke am Ende wäre." Die Linke bleibe soziale Opposition. Wagenknechts Partei "ist dann ein Mitbewerber. Nicht mehr und nicht weniger".

Der frühere Parteichef der Linken, Bernd Riexinger, sagte dem Nachrichtenportal "The Pioneer": "Für die Linke ist es eine Befreiung." Für seine Partei ende damit "ein langer, quälender Prozess". Die Klarheit sorge dafür, dass die Wähler der Linken jetzt wieder wüssten, "was die Linke will und für sie tut". Riexinger fügte hinzu: "Alle, die durch Frau Wagenknecht daran gehindert wurden, uns zu wählen oder sogar bei uns Mitglied zu werden, sind herzlich eingeladen." (mt/dpa/afp)

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