Die SPD bestimmt derzeit eine neue Bundesspitze. In der will künftig auch Juso-Chef Kevin Kühnert mitmischen. Er zählt zu den vehementesten Kritikern der GroKo in Berlin und des Kurses von Vizekanzler Olaf Scholz, der an die Parteispitze strebt.
Die Jusos sehen die bevorstehende Neubesetzung der SPD-Bundesspitze als Richtungsentscheidung und setzen auf einen Linksruck mit einem vorzeitigen Ende der großen Koalition in Berlin. "Es geht um die Glaubwürdigkeit bei Millionen von Wählern", sagte Juso-Chef
Kühnert, der mit 88,6 Prozent der Stimmen im Amt des Juso-Vorsitzenden bestätigt wurde, bekräftigte die Unterstützung der Jusos für
Sehnsucht nach alten Mehrheitsverhältnissen
Er sprach sich dafür aus, bereits jetzt in Gesprächen ein rot-rot-grünes Bündnis vorzubereiten. Es gelte, "die bleierne Schwere der ewig dauernden großen Koalition zu überwinden". Die auf Länderebene schon erprobte rot-rot-grüne Koalition sei auch auf Bundesebene wünschenswert, weil sich damit die aktuelle politische Blockade lösen lasse. Zweimal habe es in den zurückliegenden 15 Jahren rot-rot-grüne Mehrheiten gegeben, die zweimal aber sträflich nicht genutzt worden sei. "Wir wollen, dass diese Mehrheiten wieder entstehen. Aber wir haben dann nur noch diesen einen Schuss frei", sagte Kühnert.
Anders als die leicht favorisierten Mitbewerber um die SPD-Doppelspitze,
Zurück zu den Wurzeln
"Wir wünschen von der SPD Radikalität im Wortsinn: Radikal heißt, an die Wurzeln der Probleme zu gehen. Das vermissen die Menschen an unserer Partei", sagte Kühnert. Dazu gehörten mehr Steuergerechtigkeit und eine Investitionspflicht in öffentliche Infrastruktur. "Zukunft gibt es nicht für lau. Da muss investiert werden", betonte Kühnert. Der 30-Jährige forderte zudem beherztes Eingreifen in den Wohnungsmarkt, "wo nötig auch Enteignungen" und sprach sich für einen über allgemeine Gebühren finanzierten Nahverkehr aus.
Kühnert untermauerte unter dem Applaus der rund 300 Delegierten seine Ambitionen auf einen Sitz im neuen SPD-Bundesvorstand. "Wir haben gesagt, dass wir Verantwortung in der SPD übernehmen wollen. Wir möchten, dass sie sich verjüngt und dass sie vielfältiger wird. Davon ist bisher noch nicht so fürchterlich viel zu sehen", konstatierte Kühnert. Doch ließ er offen, ober er - wie zuvor in Interviews geäußert - einen der einflussreichen Stellvertreterposten anstrebt.
Was kann Kühnert noch alles erreichen?
Mit Spannung, aber auch mit einer Portion Misstrauen, werden Kühnerts Schritte in der Partei beobachtet. Denn sein turnusgemäßer Antritt für eine zweite Amtszeit als Juso-Chef fällt ausgerechnet in die entscheidende Phase der personellen Neuaufstellung der SPD. Noch bis kommenden Freitag können die rund 425.000 Parteimitglieder ihre Stimme in der Stichwahl um den Vorsitz abgeben.
Dabei stehen die Chancen für Vizekanzlers Scholz und seine Brandenburger Teampartnerin Klara Geywitz nicht schlecht, zumal die SPD in der Koalition nun doch noch die Grundrente durchgesetzt hat. Scholz und Geywitz, die eher für eine Weiterführung der Groko stehen, können also mit ihrem Mantra, man dürfe die Regierungserfolge nicht schlecht reden, in der Partei durchaus punkten.
Schluss mit "Senioritätsprinzip"
Sollten sich die beiden GroKo-Befürworter am Ende durchsetzen, könnte Kühnert die Rolle des linken Gegenpols zufallen. Doch würde Scholz das überhaupt mitmachen, dass einer seiner schärfsten Kritiker Stellvertreter wird? Auf dem Juso-Kongress ließ Kühnert keine Zweifel aufkommen, dass ihm die GroKo lästig ist und er in Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Bremserin für sozial gerechte Politik sieht. Somit kann wohl nicht damit gerechnet werden, dass Kühnert als prominentester Anhänger der dann Unterlegenen den Vizekanzler und seine Teampartnerin unterstützen würde. "Wir wollen der Partei von vorne unseren Stempel aufdrücken. Wir verlassen uns nicht auf das Senioritätsprinzip", sagte Kühnert angriffslustig. (best/dpa)
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