Driftet die Alternative für Deutschland (AfD) nach rechts? Die Partei zeigt Verständnis für die Islamgegner von der Protestbewegung Pegida. Ein Parteienforscher erklärt, bei wem die AfD damit punktet und unter welchen Umständen sie sich langfristig in der deutschen Parteipolitik etablieren kann.

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Die Bewegung "Pegida" in Dresden demonstrierte auch am Montagabend wieder gegen die angebliche "Islamisierung des Abendlandes". Vergangenen Montag kamen 10.000 Menschen, nun waren es 15.000. Während die großen Parteien die rechtspopulistische Tendenz des Marsches verurteilten und sich von den Organisatoren distanzierten, zeigte die Alternative für Deutschland Verständnis und Sympathie für Pegida. AfD-Chef Bernd Lucke nannte die Demonstrationen "legitim". Sein Vize Alexander Gauland will sich vor Ort "ein Bild der Proteste machen".

Ihre Partei hat ein wechselhaftes Jahr hinter sich. Auf Anhieb schaffte sie den Einzug ins Europaparlament und sitzt nun nach großen Wahlerfolgen in drei Landtagen. Dennoch fiel die AfD immer immer wieder mit rechten Entgleisungen unter ihren Mitgliedern auf. Wo steht die selbsternannte Alternativpartei?

Bei wem punktet die AfD mit ihrem Kurs?

Für Parteienforscher Oskar Niedermayer von der Freien Universität Berlin hat die AfD zwei Ansätze: Auf dem wirtschaftspolitischen Parteienspektrum besetzt sie eine marktliberale Position, mit der sich ehemalige FDP-Wähler gewinnen lassen. "Über ihre gesellschaftspolitische Einordnung streiten sich die Geister", meint Niedermayer. "Von ihrer Programmatik her ist die AfD eine nationalkonservative Partei, aber sie hat in ihren Reihen auch Leute, die weiter rechts stehen und sich immer wieder bemerkbar machen."

Mit ihrer Forderung nach schärferen Asyl- und Einwanderungsgesetzen erreicht die AfD vor allem stark konservativ orientierte Menschen. In den bürgerlichen Schichten finden sich viele enttäuschte CDU-Wähler, die mit der Modernisierungspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel hadern und eine neue Parteiheimat suchen. In den derzeitigen Flügelkämpfen der AfD geht es auch um die Frage, welche dieser beiden Ausrichtungen ihr Markenkern werden soll.

Hat die AfD eine Zukunft in Deutschland?

Im Februar wird die Alternative für Deutschland zwei Jahre alt. Den Glanz des Neuen hat die Partei inzwischen verloren, in den Umfragen stagniert sie. Dennoch habe sie die Chance, sich langfristig in der deutschen Parteipolitik zu etablieren, glaubt Niedermayer und bescheinigt ihr ein größeres Wählerpotential. "Dazu muss sie aber mehrere Hürden überwinden", schränkt er ein. "Zum einen muss sie zeigen, dass sie zu konkreter politischer Arbeit fähig ist, zum Beispiel in den Landtagen. Und sie muss ihre internen Querelen lösen."

Für den Politikwissenschaftler ist zudem Voraussetzung, dass sich die AfD glaubwürdig vom äußersten rechten Rand abgrenzt. "Wenn sie nach rechts abrutscht, gebe ich ihr keine Chance", sagt Niedermayer. Eine offen rechte Partei habe sich in der Bundesrepublik bisher nicht langfristig halten können und auch in der nahen Zukunft sieht er keine Voraussetzung für einen Rechtsruck.

Die großen Parteien müssten sich stattdessen mit der Angst vor dem Islam und vor Zuwanderung in der Bevölkerung auseinander setzen. "Diese Ängste bekommt man nicht weg, indem man diejenigen, die sie haben, beschimpft oder in die rechte Ecke stellt. Dann gibt es möglicherweise nur eine Trotzreaktion", sagt der Parteienforscher. Die Politiker müssten "aufklärerisch wirken und deutlich machen, wie die Fakten aussehen."

Prof. Dr. Niedermayer ist Leiter des Otto-Stammer-Zentrums an der Arbeitsstelle für empirische politische Soziologie der Freien Universität Berlin. Er hat an der Universität Mannheim Volkswirtschaftslehre studiert und in Politikwissenschaft promoviert.
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