• Die Eröffnung eines Zentrums für Jüdische Theologie samt Rabbinerausbildung gilt als ein Höhepunkt von 1700 Jahren jüdischen Lebens in Deutschland.
  • Dazu hat Potsdam wieder eine Synagoge.
  • Doch Bundespräsident Steinmeier zeigt sich aus einem Grund besorgt.

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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat sich besorgt und verärgert über anhaltenden Hass gegen Juden in Deutschland gezeigt. "Es schmerzt mich und macht mich zornig, dass sich Antisemitismus, antisemitischer Hass und Hetze in Deutschland, ausgerechnet in Deutschland, wieder offen zeigen, und das schon seit Jahren", sagte Steinmeier am Mittwoch bei der Eröffnung des Europäischen Zentrums für Jüdische Gelehrsamkeit an der Universität Potsdam und der ersten Synagoge in der Stadt seit dem Holocaust. Die Eröffnung gilt als ein Höhepunkt im Jubiläumsjahr "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland".

Der Anschlag auf die Synagoge in Halle im Jahr 2019 habe nicht zu einer Wende geführt, sagte der Bundespräsident. "Aber auch seither werden Jüdinnen und Juden verhöhnt, herabgewürdigt, auch gewaltsam angegriffen, überall an vielen Orten in Deutschland und auch am helllichten Tag. Schlimmer noch, in der Corona-Pandemie feiern krude antisemitische Verschwörungstheorien neue hässliche Urständ. (...) Das ist unerträglich!"

In den vergangenen Jahren habe sich neues jüdisches Leben in Deutschland entfaltet. "Aber wenn ich heute hier spreche, dann muss ich auch darüber sprechen, wie sehr es mich sorgt, dass dieses jüdische Leben in Deutschland noch immer nicht selbstverständlich ist; dass jüdische Einrichtungen noch immer geschützt werden müssen", sagte Steinmeier. "Nur wenn Jüdinnen und Juden in Deutschland wieder vollkommen zu Hause sind, sich vollkommen sicher fühlen, nur dann ist dieses Land insgesamt wirklich ganz bei sich."

Institut für Jüdische Theologie und Rabbinerseminare unter einem Dach

Mit dem Zentrum sind das Institut für Jüdische Theologie und zwei Rabbinerseminare - das Abraham Geiger Kolleg und das Zacharias Frankel College - unter einem Dach in der Universität vereint. Der Studiengang Jüdische Theologie besteht seit 2013. Die Kombination aus Theorie und Praxis ist nach Angaben der Universität einzigartig in Europa. Für das Zentrum wurden die einstige Orangerie und das historische Nordtorgebäude gegenüber dem Neuen Palais umgebaut, sie sind durch die Synagoge verbunden.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte bei der Eröffnung: "Wenn wir erreichen können, dass es in Zukunft nicht mehr nötig sein wird, jüdische Einrichtungen ständig unter Polizeischutz zu stellen, dann hätten wir einen großen Schritt in eine bessere Welt gemacht."

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach von einem bedeutenden Moment für Potsdam, Brandenburg und Deutschland. "Denn auch 76 Jahre nach dem Ende des nationalsozialistischen Terror-Regimes ist die Eröffnung jüdischer Einrichtungen und Synagogen auf deutschem Boden noch alles andere als selbstverständlich", sagte Woidke.

Schuster und die Präsidentin der Europäischen Union progressiver Juden, Sonja Guentner, brachten zuvor die Torarollen in die neue Synagoge ein. "Potsdam ist die erste Hochschule, die eine eigene Synagoge hat, sagte Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD). Das Land hat die Sanierung für das Zentrum von rund 13,5 Millionen Euro bezahlt. Die frühere Potsdamer Synagoge war 1938 zerstört worden.

Ein weiteres jüdisches Gotteshaus in der Innenstadt ist nach längerem Streit mehrerer jüdischer Gemeinden in konkreter Planung. "Wir werden in Potsdam noch in diesem Jahr mit einem weiteren Synagogenneubau beginnen und ich freue mich auch darauf sehr", sagte Woidke. (dpa/fra)

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