Vom 22. bis 24. August findet der Brics-Gipfel in Johannesburg statt. Das Wirtschaftsbündnis wird bereits seit längerem als Gegenmodell zur westlich dominierten G7 gesehen. Seit dem Ukraine-Krieg wird das Wirtschaftsbündnis auch zunehmend politisch relevant.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Lukas Weyell sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Drei Tage lang, vom 22.8. bis zum 24.8., findet der Brics-Gipfel in Johannesburg statt. Wir klären die wichtigsten Fragen.

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Was sind die Brics-Staaten?

Der Name entstammt den Initialen der Mitgliedsstaaten: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Ins Leben gerufen wurde die Gruppierung zunächst ohne Südafrika als Wirtschaftsbündnis und Gegengewicht zu den westlich dominierten G7. Seit 2001 wird die Gruppe als Bric bezeichnet. 2010 wurde dann auch Südafrika Teil, weshalb die Gruppe seither Brics genannt wird. Inzwischen streben angeblich bis zu 41 weitere Staaten eine Mitgliedschaft an.

Wie viel Einfluss haben die Brics-Staaten?

Mit China, Indien und Brasilien sind große Volkswirtschaften Teil der Vereinigung. So wird nicht nur knapp die Hälfte der Weltbevölkerung, sondern auch ein wachsender Anteil an der globalen Wirtschaftskraft durch die Brics-Staaten repräsentiert.

Politikwissenschaftler Johannes Varwick erklärt hierzu gegenüber unserer Redaktion: "Anders als andere Versuche, wie etwa die G-77, kommen hier auch durchaus mächtige und einflussreiche Staaten zusammen und es ist insofern ein ernstzunehmendes Format. Dass sich regionale Schwergewichte wie Algerien, Saudi-Arabien, Iran, Indonesien oder Argentinien um eine Mitgliedschaft bemühen, zeigt die wachsende Bedeutung."

Welche Ziele verfolgt die Gruppierung?

"Die Brics-Staaten eint die Ablehnung der Dominanz westlicher Staaten unter Führung der USA. Es ist sichtbares Zeichen und eines der bedeutsamen Foren, mit der die bestehende Weltordnung verändert werden soll und mehr Einfluss und Mitspracherecht eingefordert wird", sagt Varwick.

Das soll vor allem auf der wirtschaftlichen Ebene geschehen durch zahlreiche Instrumente, die die Brics-Staaten zur Verfügung haben. 2014 gründeten sie die "New Development Bank" (NDB) mit einem Startkapital von 50 Milliarden US-Dollar als Alternative zur Weltbank in Washington und dem Internationalem Weltwährungsfonds (IWF). Zusätzlich wurde ein Liquiditätsmechanismus geschaffen, der Mitglieder in Zahlungsschwierigkeiten unterstützt: das Contingent Reserve Arrangement (CRA).

Wo sind sich die Mitglieder einig?

Langfristig soll mit diesen Mitteln der Einfluss der Vereinigten Staaten im globalen Handel reduziert werden. Es wird daher auch schon länger vermutet, dass die Gruppierung eine Alternative zum US-Dollar als Leitwährung etablieren will, um sich unabhängiger zu machen. Mit einem entsprechenden Beschluss wird beim Gipfel in Johannisburg gerechnet. Dazu kommt auch ein anderes Politik- und Werteverständnis, das dem westlichen gegenübergestellt wird. "Die westliche Politik wird als bevormundend und lehrmeisterhaft kritisiert" ,sagt Varwick.

Brics-Staaten kommen zu Gipfel in Südafrika zusammen: Weltkarte mit Staatengruppe.
© AFP

Wo gibt es unterschiedliche Meinungen der Mitglieder?

Trotz der gemeinsamen Interessen gibt es auch Unterschiede innerhalb der Gruppe. Politikwissenschaftler Günther Maihold erklärt gegenüber der Deutschen Welle: "Südafrika, Indien und Brasilien wollen sich zwischen den Welten bewegen. (…) Sie wollen aus einer Situation der Distanz die besten Optionen für ihre nationale Entwicklung realisieren." Es gehe darum, im "Kampf der Giganten das Beste für sich herauszuholen, und da sagen sich diese Länder, es ist nicht falsch, sich auch in den Brics zu engagieren, dann hängt man nicht nur von Weltbank und Weltwährungsfonds ab, wenn man in einer Finanzkrise ist." China nutze hingegen laut Maihold die Plattform für seine weltpolitischen Ambitionen.

Welche Rolle spielt China?

China ist mit Indien die einwohnerreichste Nation der Erde. Zusätzlich wächst die chinesische Volkswirtschaft beständig. Auch militärisch will das Land ganz oben mitspielen und sucht die Kraftprobe mit den USA im Konflikt um Taiwan. "China ist sicher allein aufgrund seiner Größe tonangebend, von einer Anführerrolle würde ich aber nicht sprechen", sagt Verwick. "Vielmehr gibt es ähnliche Interessenlagen, wie etwa die Ablösung des US-Dollars als zentrale Weltleitwährung, die alle Brics-Staaten eint und bei der China eher Taktgeber als alleiniger Bestimmer ist."

Welche Rolle spielt Russland?

Zwar gehört Russland zu den Gründungsmitgliedern der Gruppierung. Am Gipfel in Johannisburg wird Präsident Wladimir Putin allerdings nicht teilnehmen. Gegen ihn liegt ein internationaler Haftbefehl vor, weshalb er Auslandsreisen vermeidet. Trotzdem ist der Einfluss Russlands schon aufgrund der militärischen Macht, dem Export von Ressourcen wie Rohöl und Gas und dem wachsenden Einfluss in vielen Ländern Afrikas nicht zu unterschätzen.

Politikwissenschaftler Varwick erklärt: "Die Rolle Russlands ist ambivalent. Viele der Brics-Staaten verhalten sich zwar in der Ukrainefrage neutral und vermeiden eine deutliche Verurteilung Russlands, auch aufgrund erheblicher Abhängigkeit von russischen Rohstofflieferungen. Begeisterung über den Angriffskrieg und die massive Verletzung staatlicher Souveränität durch Russland dürfte aber bei kaum jemandem anzutreffen sein. In diesem Sinne ist Russland zwar in der Brics nicht isoliert, aber wohl auch nicht gestärkt. Dennoch wiegt wohl für die meisten Brics-Staaten die antiwestliche Stoßrichtung des Bündnisses höher als Solidarität mit der Ukraine."

Zur Person: Johannes Varwick ist Politikwissenschaftler und seit 2013 Lehrstuhlinhaber für Internationale Beziehungen und europäische Politik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Er war von 2019 bis 2021 Präsident der Gesellschaft für Sicherheitspolitik.

Verwendete Quellen:

  • Schriftliche Anfrage an Johannes Varwick
  • dw.de: BRICS-Staaten profilieren sich gegen G7
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