Hermann Winkler (CDU), Sprecher der ostdeutschen Abgeordneten im Europaparlament, warnt eindringlich vor weiteren Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Im Gespräch mit unserem Portal verdeutlicht Winkler, warum sich Europa dringend aus dem Schatten der USA lösen und ein Grundverständnis für Russland entwickeln muss.

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Der Westen wirft Russland vor, die Separatisten im Osten der Ukraine zu unterstützen und hat deswegen Sanktionen gegen Moskau verhängt. Russland dürfe die prorussischen Separatisten in der Ostukraine nicht länger unterstützen, sonst seien schärfere Sanktionen unvermeidbar. CDU-Europapolitiker Hermann Winkler lehnt diesen drohenden Schritt von EU und den USA ab. Seiner Meinung nach sind die wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland lediglich ein Ausdruck einer verfehlten Konfrontationspolitik.

"Der Konflikt in der Ukraine wird sich nur durch Dialog und Interessenausgleich, auch und gerade mit Russland, friedlich lösen lassen. Dabei sollte die Europäische Union eine konstruktivere Rolle als bisher spielen", sagt Winkler unserem Portal. Offenbar hat sich die EU in der Ukraine-Krise bisher zu sehr im Schatten der USA bewegt: "Wir dürfen uns nicht zum Erfüllungsgehilfen einer von wirtschaftlichen Interessen getriebenen Politik der USA machen, sondern müssen unseren eigenen Weg gehen." Dazu gehöre vor allem, die Interessen- und Motivationslage der russischen Seite zu verstehen. Nur so könne man laut Winkler angemessen und strategisch klug damit umgehen.

Russlands Motivation in Ukraine-Krise ist wichtig

Eine rein pro-ukrainische politische Entscheidungsbasis hält der Europaparlamentarier für falsch: "Blindheit im Blick auf die Geschichte und Taubheit für die Positionen des Gegenübers werden Europa einer Lösung des Konflikts nicht näher bringen." Auch wenn Europa die Position Russlands nicht teile, müsse es sie zumindest als Fakt zur Kenntnis nehmen und als wichtigen Faktor in seine Überlegungen mit einbeziehen.

Dass dies unabdingbar ist, zeigt die aktuelle Diskussion um eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland, bei der die wirtschaftliche Betrachtungsweise der EU-Länder ausgeklammert zu werden scheint. Hermann Winkler ist davon überzeugt, dass sich vor allem Deutschland mit Sanktionen gegen Russland stark selbst schadet: "Ungefähr 6.200 deutsche Firmen sind zur Zeit in Russland aktiv und haben 20 Milliarden Euro direkt investiert. Am Handel mit Russland hängen in Deutschland etwa 300.000 Arbeitsplätze. Insbesondere ostdeutsche Unternehmen würden aufgrund ihrer gewachsenen und teilweise auch persönlich geprägten engen Verbindungen auf den russischen Markt unter den Sanktionen leiden."

Nicht zuletzt sei das Land bei der Energieversorgung zumindest mittelfristig auf russisches Erdgas angewiesen. "Statt diese Verbindungen zu kappen, sollten wir sie als Grundlage friedlicher Zusammenarbeit ausbauen", so Winkler.

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