Nach der Bergung von sechs getöteten Hamas-Geiseln wächst der Druck auf Israels Regierungschef. Benjamin Netanjahu bittet um "Verzeihung" für die nicht gelungene Rettung, will bei den Verhandlungen über eine Waffenruhe aber hart bleiben.

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Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu beharrt auf einer Kontrolle des sogenannten Philadelphi-Korridors, einem etwa 14 Kilometer langen Streifen an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Ägypten. "Wir werden den Philadelphi-Korridor nicht aufgeben", sagte er auf einer Pressekonferenz. Dies sei eine strategische und politische Notwendigkeit für Israel. Dadurch werde sichergestellt, dass die verbliebenen Geiseln "nicht aus dem Gazastreifen herausgeschmuggelt werden".

Ein Verbleib des israelischen Militärs in dem Gebiet dürfte ein Abkommen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und eine Freilassung der Geiseln, die sich noch in der Gewalt der islamistischen Hamas befinden, äußerst schwierig machen. Israels Rückzug aus dem sogenannten Philadelphi-Korridor gehört zu den zentralen Streitpunkten bei den Verhandlungen. Die USA dringen gemeinsam mit den anderen beiden Vermittlern Ägypten und Katar seit Monaten auf ein solches Abkommen.

Netanjahu droht mit Vergeltung für tote Geiseln

Netanjahu sagte weiter, die islamistische Hamas werde einen "sehr hohen Preis" für den Tod von sechs israelischen Geiseln zahlen, deren Leichen in einem unterirdischen Tunnel im Süden des Gazastreifens entdeckt worden waren. Das israelische Gesundheitsministerium teilte nach Medienberichten mit, die Geiseln seien etwa 48 bis 72 Stunden vor der Autopsie aus nächster Nähe erschossen worden.

"Israel wird dieses Massaker nicht durchgehen lassen", betonte Netanjahu. "Ich bitte Sie um Vergebung, sie nicht lebend zurückgebracht zu haben", sagte er am Montag bei einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz über die sechs getöteten Geiseln. "Wir waren nah dran, aber es ist uns nicht gelungen."

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Generalstreik in Israel vorzeitig beendet

Auf mehreren Demonstrationen in Israels hatten zuvor Tausende Menschen ein Abkommen über die Freilassung der Geiseln gefordert. "Eure Entscheidungen führen zu ihrem Tod", zitierten israelische Medien aus der Rede eines Mannes, dessen Bruder noch immer im Gazastreifen festgehalten wird. Am Montag fand in mehreren Städten und Betrieben ein Generalstreik statt, bis dieser auf Betreiben des rechtsextremen Ministers Bezalel Smotrich vorzeitig beendet wurde. Wenige Stunden nach Streikbeginn ordnete ein Arbeitsgericht in Tel Aviv das Ende des Ausstands an, weil es sich um einen "politischen Streik" handele.

Vor Netanjahu hatte bereits der israelische Präsident Isaac Herzog für den Tod der sechs Geiseln im Namen der Regierung um Entschuldigung gebeten. "Ich entschuldige mich im Namen des Staates Israel dafür, dass wir es versäumt haben, sie vor der schrecklichen Katastrophe vom 7. Oktober zu schützen, dass wir es versäumt haben, sie sicher nach Hause zu bringen", sagte Herzog auf der Beerdigung des US-Israelis Hersh Goldberg-Polin am Montag in Jerusalem vor tausenden Trauernden. (afp/dpa/bearbeitet von ng)

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