Der US-Präsident ist laut einer aktuellen Umfrage der "New York Times" vielen Wählern zu alt für eine zweite Amtszeit. Zwar gibt es bisher keinen ernsthaften Herausforderer im eigenen Lager, aber das könnte sich ändern.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Lukas Weyell sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Es sind noch genau 365 Tage bis zur Präsidentschaftswahl in den USA, als die "New York Times" und das Siena College eine Wahlumfrage veröffentlichen, die die demokratische Partei ins Grübeln versetzen muss. In fünf der sechs wichtigen und besonders umkämpften "Battleground States" liegt Herausforderer Donald Trump demnach vor Amtsinhaber Joe Biden.

Mehr News zur US-Politik

Arizona, Georgia, Michigan, Nevada und Pennsylvania gehen somit an die Republikaner. Nur in Wisconsin führte der Demokrat laut "New York Times" die Umfrage an. Bei der letzten Präsidentschaftswahl 2020 hatte Biden die Wahl in allen sechs genannten Staaten gewonnen.

Bidens Alter ist der wichtigste Kritikpunkt

Bei der Umfrage wurde auch deutlich, was die Achillesferse des amtierenden US-Präsidenten ist. Zwar ist auch Donald Trump mit 77 Jahren definitiv nicht mehr der Jüngste, aber der historisch älteste Präsident der US-Geschichte ist vielen Wählern mit 80 Jahren zu alt, um noch einmal vier Jahre im Amt zu sein.

Eine Mehrheit von 71 Prozent der Befragten war der Meinung, dass Biden zu alt sei, um als oberster Diener des Staates zu fungieren. Beim lediglich vier Jahre jüngeren Trump hingegen stimmten mit 39 Prozent deutlich weniger der Befragten zu oder eher zu, dass sein Alter ein Problem darstelle.

Bereits im Wahlkampf 2020 hatte der damals amtierende US-Präsident Trump das Alter seines Herausforderers Biden thematisiert und scharf kritisiert, dass dieser nicht mehr in der Lage sei zu regieren. Offenbar hat dieses Narrativ bei den Wählern verfangen. Einige tollpatschig wirkende Auftritte des US-Präsidenten und Gedächtnisverluste während Presse-Auftritten unterstrichen den Eindruck, er sei nicht mehr ganz auf der Höhe.

Weitere News gibt's in unserem WhatsApp-Kanal. Jetzt abonnieren!

Biden und Trump sind ähnlich unbeliebt

Bereits vor der Präsidentschaftswahl 2020 war spekuliert worden, dass Biden noch während seiner Amtszeit Platz machen würde für die 20 Jahre jüngere Vize-Präsidentin Kamala Harris, die damit die erste Frau im Oval Office sein würde. Dass das nicht der Fall war, zeichnete sich jedoch bald ab, und Harris wird auch aktuell nicht mehr als mögliche Kandidatin für die Präsidentschaftswahl 2024 gehandelt.

Die jüngste Umfrage der "New York Times" zeigt neben dem Vorsprung Trumps vor Biden in den "Battleground States" noch eine weitere Besonderheit: Beide Politiker sind ähnlich unbeliebt bei den Wählern. Dem Nachrichtenportal "FiveThirtyEight" zufolge liegen die Zustimmungswerte Bidens bei ungefähr 38 Prozent. Trump lag zur selben Zeit während seiner Präsidentschaft bei ungefähr 40 Prozent und war damit bereits einer der unbeliebtesten Präsidenten der US-Geschichte.

Lesen Sie auch: Aiwanger bei "Maischberger": "Da machen wir uns doch zum Deppen der ganzen Welt"

Wählen die Demokraten einen anderen Präsidentschaftskandidaten?

Bisher ist das Lager der internen Herausforderer für Biden überschaubar. Mit Marianne Williamson und dem Verschwörungsgläubigen Robert F. Kennedy Jr. hat Biden keine ernsthafte Konkurrenz zu erwarten. Nach den jüngsten Umfragen könnte sich das allerdings ändern.

US-Experte Dominik Tolksdorf ist Research Fellow im Bereich USA/Transatlantische Beziehungen am Alfred von Oppenheim-Zentrum für Europäische Zukunftsfragen. Gegenüber unserer Redaktion erklärt er: "Darüber wird viel spekuliert und aufseiten der Demokraten steigt die Nervosität, weil sich viele fragen, ob Biden tatsächlich der richtige Kandidat ist." Allerdings habe sich bisher noch kein "politisches Schwergewicht" ins Spiel gebracht: "Wenn sie tatsächlich noch in den Vorwahlen gegen Biden antreten wollten, müssten sie sich recht schnell dazu äußern."

Der Politikwissenschaftler stellt außerdem noch eine dritte Möglichkeit in den Raum: "Andererseits gibt es immer noch die Option, dass Joe Biden, zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen, vor der Democratic National Convention im August 2024 einen anderen Kandidaten oder Kandidatin vorschlägt, der oder die statt seiner antritt." Die Delegierten, die Bidens Wahlergebnisse aus den Vorwahlen der Bundesstaaten vertreten, könnten dann Bidens Empfehlung folgen und den empfohlenen Kandidaten bei der Convention wählen, so der Politikwissenschaftler.

Welche Alternativen zu Biden gibt es?

Laut US-Experte Tolksdorf ist Gavin Newsom, der Gouverneur von Kalifornien, jemand, der sich noch Hoffnung auf eine Nominierung machen kann. "Er hat sich im Oktober mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping getroffen, und er hat Ron DeSantis zu einem TV-Duell herausgefordert, das Ende November ausgetragen werden soll – ein ungewöhnlicher Vorgang, weil Newsom selbst gar nicht als Kandidat der Demokraten antritt."

Andere Kandidaten, die dem Politikwissenschaftler nach immer wieder als künftige Präsidentschaftskandidaten gehandelt werden, sind Gretchen Whitmer, Gouverneurin des wichtigen Swing States Michigan, und Verkehrsminister Pete Buttigieg. Letzterer war bereits 2020 bei den Vorwahlen gegen Biden angetreten, hatte seine Kandidatur aber zurückgezogen.

David Sirakov, Direktor der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz e.V., sieht ebenfalls Newsom, Whitmer und Buttigieg in der engeren Auswahl, erkennt bei letzterem aber auch Nachteile. Gegenüber unserer Redaktion erklärt er, Buttigieg hätte zwar 2020 eine gute Figur gemacht, "allerdings fehlt ihm Rückhalt in der schwarzen Wählerschaft". Diese ist traditionell sehr wichtig für die demokratische Partei.

Für Sirakov kommt auch noch Vize-Präsidentin Kamala Harris in die engere Auswahl. Er gibt aber zu bedenken, dass deren bisherige Arbeit eher kritisch gesehen wird, was sie zu einer schwächeren Kandidatin macht.

"Das ist Spekulation, weil die Karten neu gemischt werden, sobald sich ein Kandidat ins Spiel bringt und dann mehr unter die Lupe genommen wird", erklärt Politikwissenschaftler Tolksdorf.

Wer kann Donald Trump schlagen?

So sei es bei dem Gouverneur von Florida und Trump-Herausforderer bei den Republikanern, Ron DeSantis, gewesen. "Je mehr Aufmerksamkeit er bekam, desto schneller hat sich die Annahme entkräftet, dass er die beste Alternative zu Trump wäre." Das sei auch ein Vorteil, der für die Nominierung von Joe Biden spricht: "Er kann darauf verweisen, dass er Trump schon einmal geschlagen hat, was andere nicht können."

David Sirakov sieht Bidens Erfolg bei der Wahl gegen Trump ebenfalls als wichtiges Argument für dessen Kandidatur. Er gibt zu bedenken: "Sollte es Joe Biden gelingen, seine bislang recht gute wirtschaftspolitische Bilanz in den Vordergrund zu stellen, dann ist er ein sehr aussichtsreicher Kandidat." Weiter erklärt Sirakov: "Ich kann mir aber auch vorstellen, dass Kandidatinnen wie Harris und Whitmer gute Chancen gegen Trump hätten – auch mit Blick auf die Themen Diversität und Alter."

Über die Gesprächspartner:

  • Dominik Tolksdorf ist Research Fellow im Bereich USA/Transatlantische Beziehungen am Alfred von Oppenheim-Zentrum für Europäische Zukunftsfragen. Zuvor arbeitete er als Programmleiter für Außen- und Sicherheitspolitik bei der Heinrich-Böll-Stiftung in Washington, D.C.
  • David Sirakov ist Direktor der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz e.V., einer Bildungseinrichtung mit Fokus auf die transatlantischen Beziehungen.

Verwendete Quellen:

Ivanka Trump vor Gericht: Trump-Tochter weist Betrugsvorwürfe zurück

Ivanka Trump hat am Mittwoch in New York im Betrugsprozess unter Eid ausgesagt. Die 42-Jährige distanzierte sich wie ihre Brüder von den Finanzgeschäften der "Trump Organization" und wies alle Vorwürfe zurück.
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.