Bei seiner Antrittsrede hat Trump erneut angekündigt, den Panamakanal notfalls militärisch "zurückzuholen". Die Gründe, die er dafür anführt, sind frei erfunden. Und auch sonst bringt er einiges durcheinander. Ein Faktencheck mit Hintergrund.

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Panama ist traditionell einer der engsten und verlässlichsten Verbündeten der USA in Mittelamerika. Das geht zurück auf die Unabhängigkeit Panamas von Kolumbien, die 1903 dank militärischer Unterstützung der Separatisten aus den USA gelang.

Der geostrategische Hintergedanke der USA war schon damals, den 1889 gescheiterten französischen Bau eines interozeanischen Kanals zu vollenden, der 1914 dann pompös eingeweiht wurde. Im Zweiten Weltkrieg war er ein wichtiger Teil der US-Militärstrategie, weil er eine schnelle Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik – den beiden Kriegsschauplätzen der USA – ermöglichte.

Bis heute ist er eine der wichtigsten Wasserstraßen der Welt, rund 13.000 Schiffe durchqueren ihn jedes Jahr. Worum geht es Trump, und was ist eigentlich dran an seinen Aussagen? Zehn Fragen und Antworten.

Trump bezeichnete in seiner Antrittsrede die Übertragung des Kanals an Panama als "törichtes Geschenk". Ist das richtig und haben die USA noch immer einen Rechtsanspruch auf den Panamakanal?

Der Kanal stand zunächst lange unter Hoheit der USA, die ihn auch betrieben. Das war der bitterarmen panamaischen Bevölkerung ein Dorn im Auge, und immer wieder gab es deshalb auch blutige Proteste. 1977 unterzeichnete der damalige US-Präsident Jimmy Carter im Rahmen seiner guten Nachbarschaftspolitik die Torrijos-Carter-Verträge, die die Übertragung des Kanals an Panama im Jahr 1999 festschrieben.

Der erste Teil sah vor, dass Panama ab dem 31. Dezember 1999 um 12.00 Uhr mittags die volle Kontrolle über den Betrieb des Kanals übernimmt und die Hauptverantwortung für dessen Verteidigung trägt. Der zweite Vertrag schreibt die Neutralität des Kanals fest, sprich: Schiffe aus der ganzen Welt dürfen ihn durchqueren. Dafür garantieren die Vereinigten Staaten.

Die USA haben als Schutzmacht das Recht, den Kanal gegen jede Bedrohung zu verteidigen, die seine fortgesetzte neutrale Nutzung für Schiffe aller Nationen beeinträchtigen könnte. Dieses Interventionsrecht ist eng begrenzt; daraus lässt sich kein Rechtsanspruch der USA auf den Kanal ableiten.

Sehr wohl aber könnte das US-Militär intervenieren, wenn beispielsweise China seine Kriegsflotte aufböte, um Schiffen aus anderen Ländern die Durchfahrt zu verbieten.

Trump behauptet, beim Bau des Panamakanals seien 38.000 US-Amerikaner gestorben. Stimmt das?

Nein. Gelbfieber und Malaria waren zwar ein enormes Problem und neben mangelnder Gelder ein Grund für das Scheitern des französischen Versuchs. Die US National Library of Medicine schätzt, dass mehr als 22.000 Arbeiter damals an Tropenfieber starben– viele von ihnen waren in China angeworbene Zwangsarbeiter.

1881 entdeckte dann aber der kubanische Arzt Carlos Finlay, dass Gelbfieber durch die Mücke Aedes Aegypti übertragen wird. Bei den US-Bauarbeiten gab es entsprechende Schutzmaßnahmen, etwa Moskitonetze in den Unterkünften. Dennoch starben durch das Klima, Unfälle und die harten Arbeitsbedingungen rund 5.600 Arbeiter – Historikern zufolge stammten viele von ihnen aus Barbados.

Laut Trump hat Panama den Zweck und Sinn des Abkommens verletzt. Hat er damit recht?

Nein. Panama hat stets die Neutralität des Kanals bewahrt und Schiffen aus allen Ländern der Welt nach Zahlung der Gebühr die Durchfahrt ermöglicht. Nur einmal wurde der Kanal geschlossen – als die USA im Jahr 1989 einmarschierten, um den in Drogengeschäfte verwickelten Diktator Manuel Noriega abzusetzen.

Trump sagt, US-Schiffe zahlten viel mehr für die Durchfahrt als andere. Richtig oder falsch?

Das ist falsch. Die panamaische Kanalbehörde hat für alle verbindlich festgelegte Tarife, die sich nach der Größe und Beladung richten. Daneben gibt es noch die Möglichkeit, durch Zusatzzahlungen einen schnelleren Durchfahrt-Slot zu bekommen. Für ein beladenes Containerschiff der Post-Panama-Größe können die Gebühren bis zu eine Million US-Dollar betragen.

Denn durch die Schleusen können jeden Tag (24 Stunden) nur etwa 35 Schiffe fahren – bei Trockenheit sogar noch weniger, weil es dann am Süßwasser für die Schleusen mangelt, das aus dem Gatún-See stammt. Weil der Panamakanal aber so eine wichtige Frachtroute vor allem zwischen Asien und der Ostküste Amerikas sowie Europa ist, bilden sich oft lange Warteschlangen beiderseits des Kanals.

Richtig ist, dass Panama die Gebühren im Laufe der Jahre stark erhöht hat. Laut der Kanalbehörde ACP wurden 2024 rund 4,8 Milliarden Euro eingenommen – während der 85 Jahre des Betriebs durch die USA waren es insgesamt nicht mehr als zwei Milliarden. Etwa die Hälfte der Einnahmen aus dem Kanal fließen in den Staatshaushalt.

Ist es richtig, dass Panamas Präsident die Tarife für US-Kriegsschiffe verdoppelt hat, wie in sozialen Medien stand?

Die Aussage ist zurückzuführen auf einen satirischen Facebook-Post, der viel in sozialen Medien geteilt wurde.

Kriegsschiffe zahlen ebenso eine Transitgebühr wie kommerzielle Schiffe, die allerdings etwas anders berechnet wird (im Vordergrund steht die Wasserverdrängung) und in der Regel deutlich niedriger liegt.

US-Kriegsschiffe haben bei der Durchquerung ein Vorfahrtsrecht.

Trump behauptet, der Kanal gehöre China und chinesische Soldaten bewachten ihn. Welches Interesse hat Peking am Kanal?

China ist nach den USA der zweitgrößte Nutzer des Kanals und hat ein strategisches Interesse an der für seinen Ost-West-Handel unverzichtbaren Verbindung. Deshalb haben chinesische Reedereien im vergangenen Jahrzehnt in Häfen und Frachtterminals entlang des Kanals investiert. Die Ausschreibungen waren öffentlich, doch US-amerikanische Reedereien hatten kein Interesse.

Zwei der fünf an den Kanal angrenzenden Häfen, Balboa und Cristobal, die sich auf der Pazifik- beziehungsweise Atlantikseite befinden, werden seit 1997 von einer Tochtergesellschaft der in Hongkong ansässigen privaten Hutchison Port Holdings betrieben. Sie gehören ihnen aber nicht, und Hutchinson hat keinen Einfluss auf Tarife oder die Nutzung des Kanals.

Es gibt keine Hinweise auf eine direkte Kontrolle des Kanals durch die chinesische Regierung, aber der Betrieb der Häfen verschafft laut Experten Hutchison eine Fülle potenziell nützlicher strategischer Informationen über Schiffe, die die Wasserstraße passieren, und ihre Ladung.

Was sagt Panama zu Trumps Ansinnen?

In der Bevölkerung herrscht Verblüffung, Ratlosigkeit und Besorgnis. "Ich habe eine Zeitlang über die Lotsen am Kanal recherchiert und bin ihn Dutzende Male entlanggefahren. Nie habe ich einen chinesischen Soldaten gesehen", sagte der panamaische Journalist Tito Herrera der BBC.

Präsident José Raúl Mulino ist ein konservativer Unternehmer und eigentlich jemand, der Trump ideologisch nahesteht. Für das Ansinnen hatte er jedoch keinerlei Verständnis.

"Der Kanal ist und bleibt panamaisch", entgegnete Mulino. "Es gibt keine Nation auf der Welt, die sich in unsere Verwaltung einmischt." Der Kanal, fügte er hinzu, sei kein Zugeständnis von irgendjemandem, sondern das Ergebnis des Kampfes von Generationen über fast ein Jahrhundert.

Er bekam große Unterstützung zahlreicher lateinamerikanischer Regierungen, die eine historische Abneigung gegen den US-Imperialismus haben.

Wie wahrscheinlich ist eine neuerliche US-Militärintervention in Panama?

US-Analysten halten es für unwahrscheinlich, dass Trump, der sich seines Pazifismus rühmt, einen vermutlich höchst unpopulären Krieg gegen Panama vom Zaun bricht. Dafür bräuchte er die Genehmigung des Kongresses und einen triftigen Grund – doch im Gegensatz zu den Nachbarländern gibt es in Panama nur wenig Kriminalität und nicht im Entferntesten irgendwelche Gruppen, die Trump als "Terroristen" einstufen könnte.

"Es gibt wenig Spielraum für eine zweite Invasion Panamas", glaubt deshalb Benjamin Gedan, Direktor des Lateinamerika-Programms des Woodrow Wilson Center in Washington.

Der Autor und politische Kommentator des Miami Herald, Andrés Oppenheimer, hält das Säbelrasseln für eine populistische Taktik, mit der Trump seine politische Basis bei Laune halten will. "Populistische Demagogen ziehen ständig Konflikte mit realen oder eingebildeten Feinden aus dem Ärmel, um sich in die Nationalflagge zu hüllen und sich als Retter des Vaterlandes zu präsentieren", schrieb er in seiner Kolumne.

Eine militärische Übernahme des Panamakanals wäre ein Stresstest für den globalen Handel. Etwa sechs Prozent des Welthandels werden durch den Kanal abgewickelt. Jegliche Militäraktion am Kanal würde auch diese zweite wichtige Seeroute stören, denn Schiffe im Roten Meer, die den Suezkanal durchqueren wollen, werden schon regelmäßig durch jemenitische Huthis mit Drohnen und Raketen angegriffen.

Was steckt hinter Trumps Interesse am Panamakanal ?

Es ist gut möglich, dass Trump billigere Tarife für US-Schiffe aushandeln und Panama zu einer noch stärkeren Kooperation bei der Bekämpfung der Migration zwingen will.

Panama ist für die Migrationskontrolle strategisch wichtig. Durch den Dschungel an der Darien-Meerenge, die Kolumbien und Panama trennt, müssen die südamerikanischen Flüchtlinge und die meisten Migranten aus anderen Kontinenten marschieren, wenn sie in die USA wollen.

Der kaum besiedelte Darién-Regenwald ist komplett militarisiert, und praktisch alle Migranten werden vom panamaischen Grenzschutz abgefangen und registriert.

Auf Druck der US-Regierung hat Mulino vor einigen Monaten die Grenzpatrouillen an Land und auf dem Meer verschärft und einen Stacheldrahtzaun auf den Haupt-Routen errichtet. Auch begann Panama mit Abschiebungen und freiwilligen Rückführungen von Migranten. Daraufhin ist die Zahl der Flüchtenden um 42 Prozent gesunken.

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Hat Trump Aussicht auf Erfolg mit seinen Drohungen?

Ein wichtiges geopolitisches Anliegen haben schon Trumps Vorgänger bearbeitet: Die Vertiefung der Beziehungen zwischen Panama und China zu stoppen. Denn Panama hatte sich in den vergangenen Jahren stark Peking angenähert. 2017 kappte es seine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan und erkannte Peking an – daraufhin nahmen die bilateralen Beziehungen rasch Fahrt auf.

Unter anderem begannen Freihandelsgespräche. Diese Entwicklung ist vor allem den Hardlinern im US-Verteidigungsministerium ein Dorn im Auge. Schon vor Trump gab es deshalb Druck auf Panama, weshalb die Gespräche schon länger stockten. Auch der Plan eines weiteren chinesischen Containerterminals wurde deshalb eingefroren, und der von China finanzierte Bau einer zusätzlichen Brücke über den Kanal kommt nur langsam voran.

Ob Trumps Getöse in dieser Hinsicht erfolgreicher ist als der diskrete, diplomatische Druck seiner Vorgänger, oder vielleicht eher kontraproduktiv, muss sich weisen.

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