Es ist ein symbolischer Akt, sollte das Bundesverfassungsgericht die NPD – heute Die Heimat – von der Parteienfinanzierung ausschließen. Das Urteil dürfte in die Debatte um ein AfD-Verbot einfließen.
Das Bundesverfassungsgericht verkündet heute, ob die rechtsextreme NPD von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen wird. Damit würden auch die steuerliche Begünstigung der Partei, die sich inzwischen in Die Heimat umbenannt hat, und der Zuwendungen an sie entfallen. Es ist das erste Verfahren dieser Art in Karlsruhe. Der Gesetzgeber hatte die Möglichkeit zum Finanzierungsausschluss nach dem zweiten erfolglosen NPD-Verbotsverfahren 2017 geschaffen.
Ein Verbot der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) hatte das höchste deutsche Gericht damals abgelehnt, weil es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass sie ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchsetzen könne. Der Gesetzgeber schuf daraufhin die Möglichkeit zum Ausschluss von der Parteienfinanzierung. Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung beantragten beim Verfassungsgericht, für sechs Jahre die NPD und mögliche Ersatzparteien von der Parteienfinanzierung auszuschließen. Der Zeitraum ist gesetzlich vorgegeben.
Wie die Parteienfinanzierung funktioniert
Parteien können gemäß Parteiengesetz Geld vom Staat für ihre Arbeit bekommen. Die Summe wird nach einem bestimmten Schlüssel berechnet, wobei unter anderem Wählerstimmen eine Rolle spielen. Um berechtigt zu sein, müssen Parteien Mindestanteile bei den jeweils jüngsten Wahlen auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene erreichen.
Da das der NPD zuletzt nicht gelang, bekam sie nach Zahlen des Bundestags seit 2021 kein Geld mehr. Ein Jahr zuvor waren es rund 370.600 Euro gewesen – zugutekamen ihr damals 3,02 Prozent der Stimmen bei der Landtagswahl 2016 in Mecklenburg-Vorpommern. Zum Vergleich: Im Jahr 2016, als der Partei mehr Wahlerfolge angerechnet wurden, standen ihr mehr als 1,1 Millionen Euro zu. Zur Einordnung: Die höchste Summe mit fast 51 Millionen Euro bekam damals die SPD.
Aus Sicht Der Heimat verstößt die Neuregelung gegen das im Grundgesetz verankerte Prinzip der Chancengleichheit der Parteien als Kernelement des Demokratieprinzips. Sie halte die Änderung für verfassungswidrig und nichtig. Mit einem Antrag, genau das festzustellen, scheiterte die Partei jedoch am Verfassungsgericht.
Bas: Verfahren "staatspolitisch von großer Bedeutung"
Bei der mündlichen Verhandlung im Juli vergangenen Jahres hatte es einen Eklat gegeben, weil kein Parteivertreter erschienen war - laut Gericht ein einmaliger Vorgang. Ein Parteisprecher kündigte an, auch zur Urteilsverkündung werde niemand kommen.
Auf ihrer Internetseite hatte Die Heimat damals erklärt, sie lasse sich nicht "zum Statisten einer Justiz-Simulation machen". Die Verhandlung werde zu einem "Schauprozess verkommen". Da es keine Anwesenheitspflicht gibt, verhandelte das Gericht weiter.
Nach Worten von Bundestagspräsidentin
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Auf AfD übertragbar?
Sollte das Verfassungsgericht Die Heimat von der Parteienfinanzierung ausschließen, könnte das eine Blaupause für die AfD sein. CSU-Chef Markus Söder beispielsweise hat diese Option schon in der aktuellen Debatte um ein mögliches AfD-Verbot angesprochen.
Allerdings müsste das Gericht auch für den Ausschluss von der staatlichen Parteienfinanzierung feststellen, dass die AfD verfassungsfeindlich ist – die Kriterien sind also weitgehend dieselben. Einziger Unterschied: die sogenannte Potenzialität zur Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die für ein Verbot erforderlich ist – und die das Gericht bei der NPD 2017 eben nicht gesehen hatte.
Im Vergleich zu einem Parteiverbot ist ein Finanzierungsausschluss nach Einschätzung von Experten das stumpfere Schwert, weil die betroffene Partei weiter am politischen Wettbewerb – also auch an Wahlen – teilnehmen dürfte. Und die AfD bekäme auch im Zuge des Finanzierungsausschlussverfahrens eine Bühne und könnte sich als Opfer stilisieren – Argumente, die Gegner eines Verbotsverfahrens wie Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) anführen.
Parteienrechtlerin Sophie Schönberger sagte dem "Handelsblatt": "Eine Situation, in der dauerhaft ein nicht verbotener und vergleichsweise erfolgreicher Akteur im politischen Wettbewerb nicht unter denselben Wettbewerbsbedingungen agieren kann wie die anderen Parteien, halte ich unter demokratischen Gesichtspunkten für höchst problematisch."
Die ehemalige Verfassungsrichterin Gertrude Lübbe-Wolff sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, die Voraussetzungen für einen Finanzierungsausschluss seien "nicht weniger anspruchsvoll als die Voraussetzungen für ein Verbot". Der Verfassungs- und Verwaltungsrechtler Michael Brenner von der Friedrich-Schiller-Universität Jena gab in den Zeitungen der Mediengruppe Bayern zu bedenken, dass ein Verfahren zum Ausschluss der AfD von der staatlichen Finanzierung Jahre dauern könne. (dpa/tas)
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