Jörg Urban hat eine wechselhafte politische Karriere hinter sich. Er arbeitete im Umweltschutz, war Mitglied der Piratenpartei und will jetzt für die AfD Ministerpräsident in Sachsen werden. Die Nähe zum rechten Rand scheut er nicht.
Jörg Urban hat die Staatskanzlei am Dresdner Elbufer fest im Visier: "Wir wollen kein Stück vom Kuchen, wir wollen die Bäckerei - wir wollen regieren, weil wir es können", sagt der Landeschef und Spitzenkandidat der sächsischen AfD. Er will die Partei bei der Landtagswahl am 1. September zur stärksten Kraft machen.
Dafür muss er aber an CDU-Ministerpräsident
Urban ist kein Einpeitscher wie Thüringens AfD-Chef
Ministerpräsident Kretschmer als Hauptgegner
Bei der Landtagswahl 2019 holte die AfD mit Urban an der Spitze 27,5 Prozent und wurde damals zweitstärkste Kraft nach der CDU. Nach mehreren Fraktionsaustritten hat die AfD derzeit noch 34 Abgeordnete im Parlament. Umfragen sehen die Partei aktuell bei 30 bis 32 Prozent, Kopf an Kopf mit den Christdemokraten.
Für Urban ist der Ministerpräsident der Hauptgegner, Kretschmer gilt aber selbst in AfD-Kreisen als Politiker mit "Erfolgsrezept". Im Direktvergleich liegt der CDU-Amtsinhaber klar vorn. In einer Umfrage für den Mitteldeutschen Rundfunk votierten 58 Prozent für Kretschmer, und nur 17 Prozent würden Urban wählen.
Dabei fuhr die AfD unter Urban einige Erfolge ein, nicht nur das bisher höchste Ergebnis bei einer Landtagswahl. Auch bei der Europawahl in diesem Jahr holte die AfD in Sachsen mit 31,8 Prozent das bundesweit beste Landesergebnis.
Erstmals sorgte die AfD in Sachsen 2017 für eine Schockwelle, als sie bei der Bundestagswahl im Freistaat knapp vor der regierenden CDU stärkste Partei wurde. Nach dem Rücktritt seines Amtsvorgängers Stanislaw Tillich übernahm damals Kretschmer das Ruder. Bei der Landtagswahl 2019 konnte er die AfD auf Distanz halten.
Damit das diesmal nicht wieder passiert, fordert Urban die Wähler auf, am 1. September beide Kreuze bei der AfD zu machen und keine Stimmen an andere Parteien zu "verschenken". Tatsächlich könnten die Freien Wähler, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und die rechtsextremen Freien Sachsen Stimmen abschöpfen.
Verfassungsschutz wirft AfD "bewusste" Zusammenarbeit mit Rechtsextremen vor
Ansonsten kennt Urban keine Berührungsängste zu rechtsextremen Bewegungen. Er zählte zum vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften und inzwischen formal aufgelösten sogenannten Flügel der AfD. Regelmäßig zeigte er sich gemeinsam mit Höcke und dem früheren, inzwischen aus der AfD ausgeschlossenen Brandenburger Landeschef Andreas Kalbitz.
Urban übt auch öffentlich den Schulterschluss mit der rechtsextremen Pegida-Bewegung in Dresden und scheut keine Kontakte zu den Freien Sachsen. Laut Verfassungsschutz arbeitet die Sachsen-AfD "bewusst und unverhohlen" mit anderen Rechtsextremisten zusammen.
Urban engagierte sich kurz in der Piratenpartei, bevor er 2013 in die AfD eintrat. Er war Kreischef in Dresden, wo er auch mehrere Jahre im Stadtrat saß. 2014 zog er in den Landtag ein, seit Oktober 2017 ist er dort Fraktionschef. Urban wurde Nachfolger von Frauke Petry, die nach der Bundestagswahl der AfD den Rücken kehrte. Im Februar 2018 übernahm er auch den Landesvorsitz.
Früher bei der "Grünen Liga", heute wettert er gegen "Klimaterroristen"
Urbans politische Anfänge liegen allerdings ganz woanders. Der gebürtige Meißner und dreifache Vater, der nach der Wende ein Aufbaustudium zum Umweltschutz absolvierte und als Bauingenieur arbeitete, war viele Jahre lang Geschäftsführer der Grünen Liga Sachsen. Unter anderem engagierte er sich gegen den Bau der Dresdner Waldschlösschenbrücke, welche die Stadt letztlich den Unesco-Welterbetitel kostete, und unterstützte erneuerbare Energien.
Der Umweltverband hat seine Wurzeln in den kirchlichen Umwelt- und Friedensgruppen sowie örtlichen Umweltschutzinitiativen der DDR. Die Grüne Liga nahm Urbans politische Entwicklung "mit Erschrecken" zur Kenntnis und distanzierte sich deutlich von ihm.
Urban ficht das nicht an. Er wettert in gängiger AfD-Rhetorik gegen eine "Messereinwanderung", gegen die "grüne Verbotspartei" und "Klimaterroristen". Er spricht vor einem angeblichen Bevölkerungstausch und propagiert einen "Systemwechsel". Den Wählern verspricht Urban die Abschaffung der Rundfunkgebühren, ein Kinderbegrüßungsgeld und konsequente Abschiebungen.
An Selbstbewusstsein mangelt es dem eher unscheinbar wirkenden AfD-Politiker jedenfalls nicht. "Wir werden die Machtfrage stellen", kündigt er an. (afp/bearbeitet von fab)
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