Die FDP bekommt bei den Wahlen brutale Quittungen für ihre Ampelpolitik. Parteivize Wolfgang Kubicki fordert das Ende der Regierungskoalition – er hat recht. Die Liberalen müssen Deutschland von dem Ampel-Albtraum endlich befreien – auch um selbst zu überleben.

Dr. Wolfram Weimer
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Wolfram Weimer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Die Ergebnisse der Wahlen in Sachsen und Thüringen sind für die FDP nicht bloß schlecht oder miserabel, sie sind katastrophal und ein finaler Weckruf. Mit 0,9 Prozent in Sachsen und 1,1 Prozent in Thüringen stürzt die FDP auf das Niveau der Tierschutzpartei. Ausgerechnet in den wirtschaftlichen Kraftzentren des Ostens werden die Liberalen aus den Parlamenten und in die Walachei der Bedeutungslosigkeit geschickt.

"Die Ampel hat ihre Legitimation verloren."

Wolfgang Kubicki, stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP

Der FDP-Vize Wolfgang Kubicki findet als erster eine klare Analyse und die richtigen Worte: "Die Ampel hat ihre Legitimation verloren. Wenn ein beträchtlicher Teil der Wählerschaft ihr in dieser Art und Weise die Zustimmung verweigert, muss das Folgen haben." Und Kubicki weiter: "Die Menschen haben den Eindruck, diese Koalition schadet dem Land." Und sie schade definitiv der FDP.

Was Kubicki fordert, ist das Ende der Ampelregierung in Berlin. Mit dieser Forderung trifft er die breite Stimmung in der Mitte des deutschen Bürgertums. Nach diesen Wahlen ist überklar, dass die Ampel Deutschland nicht noch ein Jahr des Dauerstreits und nationalen Niedergangs zumuten darf, weil sonst die gesamte Republik in Schieflage gerät. Da Grüne und Sozialdemokraten sich offenbar fürs Durchwurschteln entscheiden, fällt der FDP die Rolle des Erlösers zu. Nur wenn sie diese Rolle annimmt und die Ampel rasch mutig beendet, hat sie überhaupt eine Chance, das Wahljahr 2025 zu überleben.

Eine Bundesrepublik, in der die SPD keine Volkspartei mehr ist, in der Rechts- und Linkspopulisten den Diskurs bestimmen und in der der Liberalismus verschwindet, hätte einen historischen Achsbruch erlitten. Die FDP sollte kein zweites Mal nach 2013 sehenden Auges in den Untergang wanken und aus dem Bundestag ausscheiden, nur weil man zu lange in einer schlechten Regierung ausgeharrt hat.

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Am Haushalts- und Migrationsstreit verdichtet sich der ordnungspolitische Grundsatzdissens der Regierung. Die FDP könnte beides nun zum Anlass nehmen, die Koalitionspartner endlich final zu stellen.

Vieles erinnert an jenen 9. September 1982, als ein Bote donnerstagabends beim Bonner Kanzleramt klingelte, um einen Umschlag mit einem 33-seitigen Wirtschaftswende-Papier der FDP zu überreichen. Der harmlos sperrig klingende Titel lautete damals "Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit".

Explosivster Brief der bundesdeutschen Geschichte

Der Botengang lieferte einen der explosivsten Briefe der bundesdeutschen Geschichte. Der inhaltliche Sprengsatz brachte die Kanzlerschaft von Helmut Schmidt und damit die sozial-liberale Ära zum Einsturz. In der FDP kennen sie das damalige Wendepapier des legendären Wirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff und erwägen darum, der Ampel ein ähnliches Papier zu "Wirtschaftswende und Migrationsordnung" vorzulegen und eine neue "Genscher-Wende" einzuleiten.

Sollten SPD und Grüne darauf eingehen und die überfälligen Reformen zur Begrenzung der illegalen Massenzuwanderung und zur Rettung des Industriestandorts beschließen, hätten die FDP der Republik einen großen Dienst getan. Sollten sie das verweigern, könnte der Ampelspuk rasch beendet werden – denn Lindners legendäres Diktum "Lieber nicht regieren als schlecht regieren" erlebt jetzt seine historische Bewährungsprobe.

Der demonstrative Einsatz der "Wende"-Vokabel, den die FDP seit Jahresbeginn in die Debatte eingebracht hat, zeugt von einer Absicht. Da drei Viertel der Deutschen hoch unzufrieden sind mit der taumelnden, zerstrittenen Ampelregierung, wäre ein Ampel-Ende mit Schrecken für Deutschland in jedem Fall besser als ein Schrecken ohne Ende. Drum, lieber Herr Christian Lindner, wagen Sie den Lambsdorff und formulieren Sie die Scheidungsurkunde.

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