In den USA hoffen die Demokraten auf einen Erfolg bei den Zwischenwahlen. Doch eine einheitliche Botschaft hat die Partei nicht – und ihre Kandidaten müssen sich in schwierigen Rennen beweisen.

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Zwei Jahre nach der Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen sind die US-Demokraten wieder optimistisch: Am Dienstag, dem 6. November, werden bei den Zwischenwahlen - den sogenannten Midterms - alle Mitglieder des Repräsentantenhauses, ein Drittel der Senatoren sowie 36 Gouverneure neu gewählt.

Die Demokraten hoffen auf einen Triumph - und auf einen Denkzettel der Wähler für den umstrittenen US-Präsidenten Donald Trump.

Ein paar symbolische Erfolge haben sie schon vorzuweisen: Pop-Superstar Taylor Swift ruft in Tennessee zur Wahl des demokratischen Senatskandidaten Phil Bredesen auf. Und der frühere republikanische Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg, ist wieder bei den Demokraten eingetreten.

Noch wichtiger: In den letzten Umfragen gaben zwischen 47 und 52 Prozent der Befragten an, bei der Wahl für die Demokraten stimmen zu wollen. Trotzdem werden die Zwischenwahlen für die Partei kein Spaziergang.

Der Wandel kommt von außen

Inhaltlich haben dezidiert linke Positionen Auftrieb in der Partei - gerade seit Bernie Sanders, der bei den internen Vorwahlen 2016 mit einem sozialdemokratischen Programm viele Anhänger begeistert hatte.

Kreativer Protest und junge Kandidaten mit radikalen Forderungen, wie die New Yorkerin Alexandria Ocasio-Cortez, erhalten in den Medien viel Aufmerksamkeit. Beobachter sprechen schon von einer neuen "linken Tea Party".

Sarah Wagner, Bildungsreferentin an der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz, weist aber auch darauf hin, dass dieser Prozess nicht von der Parteiführung gesteuert werde: "Der linke Flügel ist derzeit besser organisiert. Diese Veränderungen wurden aber eher von außen an die Demokraten herangetragen", sagt die Politikwissenschaftlerin im Gespräch mit unserer Redaktion.

Befinden sich die Demokraten also im Umbruch? Definitiv seien sie eine Partei in Aufruhr, sagt Wagner. Grund dafür sei die unerwartete Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen 2016. "Es gab danach keine umfassende Aufarbeitung und keine wirklichen Rücktritte in der Parteiführung - eher gegenseitige Schuldzuweisungen."

Vereint nur durch die Gegnerschaft zu Trump

"Es ist den Demokraten bisher nicht gelungen, eine einheitliche Botschaft zu entwickeln - abgesehen von der Gegnerschaft zu Trump", erklärt Sarah Wagner.

Und selbst in diesem Punkt sind sich viele Kandidaten nicht einig: Die Parteilinke Ocasio-Cortez würde ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten unterstützen, wenn ihr der Sprung ins Repräsentantenhaus gelingt.

Der von Taylor Swift unterstützte Senatskandidat Phil Bredesen erklärt dagegen, er hätte sogar für die Berufung des umstrittenen Richters Brett Kavanaugh an den Supreme Court gestimmt.

Weil der unangepasste Präsident bei breiten Teilen der Bevölkerung populär ist, scheuen viele Demokraten den Konflikt mit ihm. Nach Einschätzung von Sarah Wagner sind die Demokraten nicht so sehr bei den Inhalten gespalten, sondern eher bei der Frage, wie man sich gegenüber Trump verhält: Kompromiss oder Konfrontation?

Viele Einzelwahlen - unterschiedliche Strategien

Dass sich die Kandidaten unterschiedlich aufstellen, hat auch mit dem Wahlsystem zu tun: Da Abgeordnete und Senatoren nur auf der Ebene ihrer Wahlkreise oder Staaten gewählt werden, handelt es sich eigentlich um viele regionale Abstimmungen mit eigenen Themen und Kandidaten.

Im konservativen Tennessee setzt Senatskandidat Bredesen daher auf eine andere Strategie als die New Yorkerin Ocasio-Cortez in einem Wahlkreis, der ohnehin eine Demokraten-Hochburg ist.

Die Demokraten befinden sich bei diesen Zwischenwahlen ohnehin in einer schwierigeren Situation als die Republikaner: Unter den demokratischen Senatoren sind einige, die um ihre Wiederwahl in strukturell eher konservativen Staaten kämpfen müssen - etwa Joe Manchin in West Virginia oder Heidi Heitkamp in North Dakota.

Auch für den "weißen Obama" Beto O'Rourke ist noch nicht ausgemacht, ob er das Kunststück vollbringt, dem republikanischen Senator Ted Cruz den Cowboy-Staat Texas abzuluchsen.

Cruz sei laut Umfragen der Favorit, sagt Sarah Wagner: In Texas wachse zwar die Bevölkerungsgruppe der Latinos, die eher zu den Demokraten tendieren – unter denen sei die Wahlbeteiligung aber stets gering.

Noch kein zentrales Gesicht

Image und Botschaften der US-Parteien verkörperten vor allem die Präsidentschaftskandidaten, erklärt Sarah Wagner. "Weil sie den noch nicht haben, fehlt den Demokraten derzeit noch ein zentrales Gesicht - im Gegensatz zu den Republikanern, die Trump als einende Figur haben."

Trump befindet sich seit Monaten praktisch im Dauer-Wahlkampf und versucht, auch aus den honduranischen Flüchtlingen politisches Kapital zu schlagen, die sich auf dem Weg zur US-Südgrenze befinden.

Wer 2020 für die Demokraten gegen Trump ins Rennen geht - über diese Frage könnten die Zwischenwahlen ebenfalls Aufschluss geben. Denn an interessanten bis schillernden Figuren mangelt es der Partei nicht.

Die Begeisterung für O'Rourke zum Beispiel wird wohl weiter wachsen, falls er in Texas doch siegen sollte. Im "Swing State" Florida wiederum tritt der junge, progressive Afro-Amerikaner Andrew Gillum bei den Gouverneurswahlen gegen den ultimativen Trump-Fan Ron DeSantis an.

Wie stark die "linke Welle" bei den Demokraten wirklich ist, das bleibe bis zur Wahlnacht aber noch offen, sagt Sarah Wagner: "Es bleibt abzuwarten, wie viele der linken Kandidaten ihre Wahlen wirklich gewinnen können."

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Sarah Wagner, Atlantische Akademie Rheinland-Pfalz in Kaiserslautern
  • CBS News: Michael Bloomberg re-registers as Democrats ahead of 2018 midterm elections
  • CNN: CNN poll: Democrats are fired up and maintain a strong 2018 lead
  • Politico.com: Alexandria Ocasio-Cortez says she supports impeaching Trump
  • Süddeutsche Zeitung (9. Oktober 2018): Knaller aus Tennessee - Popstar Taylor Swift rät, Demokraten zu wählen
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