In wenigen Stunden öffnen in den USA die Wahllokale. Das Rennen um das Weiße Haus war selten so spannend wie in diesem Jahr. Kamala Harris und Donald Trump liegen praktisch gleichauf – doch Trumps Anhänger könnten den Unterschied machen.

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Vertraut man den jüngsten Umfragen, dann ist die US-Wahl so eng wie nie zuvor. In manchen Staaten, den sogenannten Swing States, kommt es womöglich auf ein paar Tausend Stimmen an. Im Augenblick liegt die Demokratin Kamala Harris in vielen Umfragen mit einer Nasenlänge vorne, aber Donald Trump hat womöglich noch einen Trumpf im Ärmel.

Wird Trump erneut unterschätzt?

2016 sahen viele Umfrageinstitute Hillary Clinton vorne. Am Ende gewann Donald Trump recht deutlich. 2020 ein ähnliches Bild – Biden lag in Umfragen weit vorne. Der Vorsprung des derzeitigen US-Präsidenten schmolz in der Wahlnacht und in den darauffolgenden Tagen aber auf wenige Tausend Stimmen in manchen Staaten und mündete in einen hauchdünnen Sieg des Demokraten.

Dieses Jahr könnte es für Donald Trump knapp reichen, wenn Umfrageinstitute erneut die Schar an Trump-Unterstützer unterschätzen. Der Datenanalyst von CNN, Harry Enten, geht zwar nicht davon aus, dass sich die Institute ein drittes Mal täuschen. Dies wäre noch nie dreimal in Folge passiert, so Enten. Dennoch sind Trump-Anhänger für die Demoskopen schwer zu greifen.

Es könnte sogar noch zu einem Erdrutsch-Sieg für Trump kommen, spekuliert Scott Keeter vom Meinungsforschungsinstitut Pew auf "Tageschau". Wenn ein Kandidat in den sieben Swing States nur etwas besser abschneide als erwartet, sagt er, dann könnte er oder sie alle diese Staaten gewinnen, auch wenn es nur um wenige Prozentpunkte geht.

In den sieben Bundesstaaten geht es um insgesamt 90 Wahlleute, die in das "Electoral College" geschickt werden, in dem der US-Präsident gewählt wird. Sollten alle Staaten an Trump fallen, müssen die Wahlleute gesammelt für ihn stimmen und damit hätte er mit 310 Stimmen weit mehr als die erforderlichen 270 Wahlleute auf seiner Seite.

Trumps Anhänger lassen sich nicht gerne befragen

Aber warum sind Trump-Anhänger so schwer festzumachen? Einen Grund liefert Charles Franklin von der Marquette University in Wisconsin. "Trump-Wähler reden nicht gern mit Demoskopen. Trump-Wähler mögen ganz sicher keine Medien und keine Meinungsforscher", sagt er. Und das sei ein großes Problem für alle Umfrageinstitute. Diesmal seien sie aber wesentlich hartnäckiger zu Werke gegangen, fügt Franklin noch hinzu. Er und sein Team werteten die Wählerverzeichnisse aus, suchten gezielt nach Hochburgen der Republikaner und schrieben Menschen per Mail an – einmal, zweimal, mehrmals. Am Ende riefen sie sogar an.

Das habe den Rücklauf deutlich verbessert. Trotzdem: "Wir bekommen vielleicht die richtige Anzahl von Menschen aus dieser Gegend, aber womöglich nicht die trumpigen Republikaner aus dieser Gegend", so Franklin bei "Tagesschau". Deshalb bedienen sich viele Meinungsforschungsinstitute einer bestimmten Technik, bei der sie Faktoren wie Bildung und Wohnort besonders gewichten. Damit wollen sie Trump-Hochburgen besser identifizieren. Da diese Methode nun alle Institute nutzen würden, seien viele Prognosen und Umfragen recht nah beieinander, erklärt Keeter. Es wird sich wohl erst nach der Auszählung der Stimmen entscheiden, welches Institut mit seinen Vorhersagen am dichtesten dran war und ob Trump erneut unterschätzt wurde.

Für 75 Millionen Wähler ist die Wahl allerdings schon jetzt entschieden, denn so viele nutzten bereits die Möglichkeit, frühzeitig ihre Stimme abzugeben, indem sie entweder die Option der Frühwahl in Wahllokalen nutzten oder sich per Briefwahl beteiligten. Besonders wichtig sind deshalb jetzt für die beiden Kandidaten die Unentschlossenen.

Harris in vielen Umfragen hinten

Einen Hoffnungsschub erhielt Harris durch eine Umfrage aus Iowa: Demnach lag sie in dem Bundesstaat im Mittleren Westen überraschend drei Prozentpunkte vor Trump, der dort 2016 und 2020 klar gewonnen hatte. Iowa galt dem Republikaner bislang auch diesmal als sicher und wurde nicht zu der engeren Gruppe der Swing States gerechnet. Kurzzeitig konnte sich Harris sogar Hoffnung machen, Florida für die Demokraten zurückzuerobern. Obama gewann den Staat sowohl 2008 als auch 2012. Deshalb galt Florida noch 2016 als Swing State. Trump konnte aber bei den vergangenen beiden Wahlen den "Sunshine State" klar für sich entscheiden. Und auch wenn Harris im Sommer in Florida stark aufgeholt hatte, liegt sie inzwischen wieder – je nach Umfrage – mehrere Prozentpunkte hinter Trump.

Das amerikanische Nachrichtenportal "Newsweek" wertete am heutigen Montag, kurz vor der Wahl, noch einmal die jüngsten Umfrageergebnisse aus. Das Ergebnis: Es sieht gut für Donald Trump aus. Nur bei der Vorhersage von "VoteHub" würde Harris die Wahl mit 270 zu 268 Stimmen gewinnen. Dabei geht das Institut davon aus, dass Harris die Swing States Michigan, Wisconsin und Pennsylvania für sich entscheidet. Die anderen vier Staaten würde an Trump gehen.

In den Auswertungen von "RealClearPollings" (Harris: 251, Trump: 287) und Decision Desk sowie The Hill (Harris: 241, Trump: 297) sieht es hingegen gar nicht gut für die Demokraten aus. Bei ihren Analysen würden vor allem die Staaten Pennsylvania und Wisconsin an Trump gehen und damit hätte der Republikaner einen soliden Vorsprung. Es bleibt also bis zum Schluss spannend, wer im kommenden Jahr in das Weiße Haus einziehen wird. (the)

Verwendete Quellen

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