Ihre politischen Agenden und Zielsetzungen könnten unterschiedlicher nicht sein. Doch wofür stehen die US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Kamala Harris tatsächlich? Ein Überblick über die Positionen der beiden Kontrahenten.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Oliver Junker sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Am 5. November haben die US-Amerikanerinnen und -Amerikaner die Wahl: Wer wird neue Präsidentin oder Präsident der Vereinigten Staaten? Der ehemalige republikanische Präsident Donald Trump tritt gegen die Demokratin Kamala Harris an - und unterschiedlicher könnten ihre politischen Positionen nicht sein.

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Ein Überblick über ihre Pläne für den Fall eines Wahlsieges der beiden Kandidaten:

Demokratie

Kamala Harris:

Präsident Joe Biden und seine Vize Harris warnen vor dem Republikaner Donald Trump als einer Gefahr für die US-Demokratie und sehen sich als Bollwerk gegenüber Plänen des Rechtspopulisten, deren Institutionen zu schleifen. Trump würde für seine Absichten "die immensen Machtbefugnisse der Präsidentschaft der Vereinigten Staaten benutzen", sagt Harris. Sie macht auch keinen Hehl daraus, dass sie Trump für einen Faschisten hält.

Harris' Kampagne richtet sich vehement gegen das "Project 2025", ein von Ultrakonservativen und ehemaligen Mitarbeitern Trumps entwickeltes Konzept für den kompletten Umbau des Regierungsapparats - "ein gefährlicher Plan, den der ehemalige Präsident im Falle seiner Wiederwahl umzusetzen gedenkt", warnt Harris.

Die Vizepräsidentin hat im April mit dafür gesorgt, dass eine neue Vorschrift verabschiedet wurde, die eine Entlassung von Bundesbediensteten erschwert. "Project 2025" sieht unter anderem vor, über einen radikalen Personalaustausch in den Bundesbehörden Schlüsselpositionen mit Getreuen des neuen Präsidenten zu besetzen.

Donald Trump:

In seiner ersten Amtszeit versuchte Trump, die ohnehin große Machtfülle des Präsidenten so weit auszudehnen wie nur irgend möglich - und seine Äußerungen zeigen, dass er bei einer zweiten Amtszeit noch deutlich weiter gehen würde. Am ersten Tag im Amt werde er wie ein "Diktator" agieren, sagt er. Und: "Ich werde den tiefen Staat vollständig auslöschen." Mit "tiefer Staat" meint Trump angeblich illegale Machtstrukturen unter der amtierenden Regierung, die er als "Schurkenregime" bezeichnet. Auch gegen "radikale linke Irre" will Trump vorgehen - notfalls mit Nationalgarde oder Militär.

Anders als 2016 sind Trump und seine Unterstützer dieses Mal auf die Übernahme der Macht vorbereitet. Das von der ultrakonservativen Denkfabrik Heritage Foundation konzipierte "Project 2025" liefert die Blaupause für eine Revolution von rechts: einen kompletten Umbau des Regierungsapparats und einen radikalen Personalaustausch in den Bundesbehörden. Das Weiße Haus hätte danach die straffe Kontrolle über alle Ressorts.

Zwar hat sich Trump von dem Projekt distanziert, doch unterhält er enge Verbindungen zu dessen Verfassern, darunter zahlreiche ehemalige Mitarbeiter seiner Regierung.

Rechtsstaat

Trump:

Trump ist der erste strafrechtlich verurteilte Ex-Präsident in der US-Geschichte. In drei weiteren Verfahren ist er angeklagt, zwei davon wegen versuchter Manipulation der Wahl 2020, die er gegen Präsident Joe Biden verloren hatte. Er selbst spricht von einer politischen Kampagne, bei der seine Gegner die Justiz als Waffe missbrauchten.

Sollte er ins Amt kommen, will er sich rächen: Ein "Sonderstaatsanwalt" soll Biden dann vor Gericht bringen, den er als korrupt schmäht. Seine fanatischen Anhänger, die wegen der gewaltsamen Erstürmung des Kapitols verurteilt wurden, nennt er "Geiseln", die er an "Tag eins" im Amt begnadigen will.

Rückenwind brachte ihm die Entscheidung des Supreme Court zur weitreichenden Immunität von US-Präsidenten. Trump dürfte versuchen, die von der Bundesjustiz gegen ihn geführten Verfahren einzustellen.

Harris:

In der Amtszeit von Biden und Harris wurden vier Anklagen in Strafverfahren gegen Trump erhoben, in zwei Fällen wegen versuchter Wahlmanipulation nach seiner Niederlage 2020 gegen Biden. Wenn Harris bei Wahlkampfauftritten von Anhängern mit dem Ruf "Sperrt ihn ein" unterbrochen wird, verweist die ehemalige Staatsanwältin auf die Unabhängigkeit der Justiz: Die Gerichte "können das regeln", sagt sie.

Die Biden-Harris-Regierung hat Pläne für eine Reform des Obersten Gerichtshofs vorgelegt, um diesen besser vor politischer Einflussnahme zu schützen. Trump hat durch die Nominierung konservativer Richter, die auf Lebenszeit ernannt wurden, die politische Ausrichtung des Supreme Court massiv beeinflusst und unter anderem die Entscheidung zur Abschaffung des landesweiten Rechts auf Abtreibung befördert.

Ukraine

Harris:

Harris hat nie einen Zweifel an der US-Unterstützung für die Ukraine gelassen, die "so lange wie nötig" geleistet werde. Angesichts des russischen Angriffskrieges würden die USA, der größte Geberstaat, "fest an der Seite der Ukraine und unserer Nato-Verbündeten" stehen, betont sie. Harris traf sich mehrfach mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, vertrat ihr Land auf der Münchner Sicherheitskonferenz und im Sommer auf der Ukraine-Konferenz in der Schweiz.

Trump:

Er werde den Krieg zwischen Russland und der Ukraine noch vor seinem eigentlichen Amtsantritt binnen "24 Stunden" beenden, sagt Trump - ohne zu erklären, wie das gehen soll. Zugleich erzählt er, dass er mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin "großartig" zurecht komme.

Der Republikaner ist ein entschiedener Gegner der Milliardenhilfen für Kiew - mit seinem Amtsantritt wäre absehbar, dass die USA als wichtigster Geldgeber Kiews wegfallen. Ein schnelles Ende des Krieges herbeizuführen würde vermutlich bedeuten, dass Trump die Ukraine zur Abgabe eines großen Teils des von Russland besetzten Territoriums zwingen würde.

Nato

Trump:

Trump fordert seit jeher von den Verbündeten, mehr Geld für ihre eigene Verteidigung auszugeben - und stellt dabei ohne Umschweife den Beistandspakt in Frage. Diese Linie bleibt unverändert: Im Frühjahr sagte der Republikaner, er werde zahlungssäumigen Nato-Partnern nicht zu Hilfe kommen, wenn diese angegriffen würden. Er würde die Russen dann sogar ermutigen, mit ihnen zu tun, "was immer sie wollen".

Harris:

Die Vizepräsidentin hat sich als starke Befürworterin der multilateralen Zusammenarbeit und der Nato positioniert. Die USA hätten eine "unerschütterliche Verpflichtung gegenüber der Nato", sagte sie einmal. Aus ihrer Sicht ist es dumm, die globalen Allianzen der USA zu gefährden.

Gaza-Krieg

Harris:

In ihren Äußerungen zum Gaza-Krieg verweist Harris auf "Israels Recht auf Selbstverteidigung", aber auch in deutlichen Worten auf das Leid der palästinensischen Bevölkerung und deren "Recht auf Würde, Sicherheit, Freiheit und Selbstbestimmung". Sie fordert, zügig ein Abkommen über eine Waffenruhe und die Freilassung der von der islamistischen Hamas verschleppten Geiseln im Gazastreifen zu schließen. Die Frage, ob sie dafür zu einer Einschränkung der US-Waffenlieferungen an Israel bereit sei, beantwortete sie mit Nein.

Trump:

Trump unterstützt Israels Vorhaben, die islamistische Palästinenserorganisation Hamas zu vernichten - verlangt aber, dass dies schnell erledigt werden solle. "Ich bin nicht sicher, ob mir die Art und Weise gefällt, wie sie das tun", sagt Trump. Der israelische Premier Benjamin Netanjahu sieht in Trump einen Verbündeten.

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Klimawandel

Harris:

Harris sieht im Klimawandel eine "existenzielle Bedrohung" für die Menschheit. Als Vizepräsidentin unterstützt sie den 2022 verabschiedeten Inflation Reduction Act, das milliardenschwere Klimaschutz- und Sozialpaket der Biden-Regierung. Das Gesetz sieht rund 370 Milliarden Dollar für den Ausbau von erneuerbaren Energien und andere Klimaschutzmaßnahmen vor und ist die größte Investition im Kampf gegen die Erderwärmung in der US-Geschichte.

Trump:

In seiner ersten Amtszeit stieg Trump aus dem Pariser Klimaabkommen aus und würde dies wohl erneut tun. Der Immobilienunternehmer, der die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel ignoriert, sagte, er werde "Bidens verschwenderische Ausgaben und den neuen grünen Betrug rasch stoppen" - womit er die Mittel zur Eindämmung des Klimawandels meinte. Die Förderung klimaschädlicher Energieträger wie Öl und Gas will er hingegen in großem Stil wieder ankurbeln.

Handel und Steuern

Trump:

In seiner ersten Amtszeit zettelte Trump einen Handelskrieg mit China an und verhängte eine Reihe von Strafzöllen auf Produkte aus der Europäischen Union. Nun sagt er, er wolle eine drastische Ausweitung der Zölle auf fast alle aus dem Ausland importierten Waren. 10 bis 20 Prozent sollen die Zölle auf Waren aus Ländern betragen, "die uns seit Jahren abzocken".

Steuererhöhungen aus der Amtszeit von Joe Biden will Trump allesamt rückgängig machen, stattdessen sollen alle Steuersenkungen, die er 2017 veranlasst hatte, verlängert und auch erweitert werden. Die Körperschaftssteuer für Unternehmen, die ihre Produkte in den USA herstellen, will er von 21 auf 15 Prozent senken. Auch hat er eine aggressive Industriepolitik zum Schaden von Handelspartnern wie Deutschland angekündigt. Durch Steuerdumping will er "anderen Ländern die Arbeitsplätze wegnehmen".

Harris:

Die Biden-Harris-Regierung hat den Handel mit Partnern in Europa sowie Asien und Nordamerika ausgeweitet, setzt im Konkurrenzkampf mit China aber weiter auf Zollerhöhungen. Die erhöhten Zölle aus der Amtszeit Trumps blieben bestehen, Ende September traten weitere Erhöhungen in Kraft, die vor allem Elektroautos, Batterien, Chips und etliche Rohstoffe betreffen.

Harris erklärt den Aufbau einer starken Mittelschicht zum Hauptziel ihrer Wirtschaftspolitik. Ihr sollen über steuerliche Entlastungen neue Chancen eröffnet werden. Harris nennt dies "opportunity economy", eine Wirtschaft der Möglichkeiten.

So soll es für jedes Kind festgelegte und dauerhafte Steuergutschriften geben ebenso wie für diejenigen, die das erste Mal eine Immobilie erwerben. Haushalte mit einem Jahreseinkommen von mehr als einer Million Dollar sollen mit 28 Prozent besteuert werden.

Migration

Harris:

Harris propagiert eine Politik, die "Konsequenzen" für Einwanderer ohne Papiere haben soll. Gemeinsam mit Biden versuchte sie, in einem parteiübergreifenden Kompromiss eine Verschärfung des Einwanderungsrechts durchzusetzen, die strengere Asylbestimmungen, mehr Grenzbeamte sowie Mittel für einen Ausbau der Sperranlagen an der Grenze zu Mexiko vorgesehen hätte. Das Vorhaben scheiterte aus wahltaktischen Gründen letztlich am Widerstand der Republikaner.

Trump:

Die fremden- und einwanderungsfeindliche Rhetorik gehört zum Standardrepertoire des Rechtspopulisten, im diesjährigen Wahlkampf schlägt er noch drastischere Töne an. Er kündigte an, an Tag eins im Weißen Haus die größte Massen-Deportation von Migranten ohne Papiere in der US-Geschichte anzuordnen. Migranten würden "das Blut unseres Landes vergiften". Dabei würde er sich darauf freuen, "das Militär einzusetzen", und Internierungslager für Auszuweisende einrichten.

Abtreibungsrecht

Trump:

Trump erinnert erzkonservative Anhänger immer wieder daran, dass die von ihm vorgenommene Nominierung dreier konservativer Richter für den Supreme Court nach 50 Jahren die Abschaffung des landesweiten Rechts auf Abtreibung in den USA herbeiführte. Nun will er die diesbezüglichen Regelungen den einzelnen US-Bundesstaaten überlassen. Viele davon haben nach der Supreme-Court-Entscheidung das Abtreibungsrecht erheblich verschärft.

Harris:

Die Vizepräsidentin ist eine entschiedene Verfechterin des Rechts auf Abtreibung. Sie setzt sich vehement dafür ein, dass die Abschaffung des landesweiten Rechts auf Abtreibung durch den konservativ dominierten Supreme Court wieder rückgängig gemacht wird. (AFP/szu)

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