Anfang August will Joe Biden bekannt geben, mit welcher Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin er in den Wahlkampf gehen wird. Sicher ist: Es wird eine Frau sein. Von den 13 Kandidatinnen gelten zwei als Favoritinnen: Kamala Harris und Elisabeth Warren. Es gibt aber auch noch weitere Frauen, denen Chancen eingeräumt werden.
Bereits im März hatte Joe Biden bekannt gegeben, dass er mit einer Frau an seiner Seite in den Wahlkampf gehen wird. Vor dem Hintergrund der Rassismus-Debatte fordern viele Demokraten, dass die Kandidatin eine nicht weiße Frau sein sollte. Zusätzlich könnte die Kandidatur einer nicht weißen Frau die schwarzen Wählerinnen und Wähler motivieren, zur Wahl zu gehen.
Die optimale Kandidatin wäre also eine junge, linke und nicht weiße Frau, die gleichzeitig so erfahren ist, dass sie die Amtsgeschäfte ad hoc übernehmen kann. Alle Voraussetzungen wird keine der Kandidatinnen erfüllen, doch wer kommt ihnen am nächsten?
Die Favoritinnen: Ursprünglich selbst Kandidatinnen im Kampf ums Präsidentenamt
Die beiden Favoritinnen hatten sich ursprünglich selbst um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten beworben. Die schwarze Kandidatin
Die Juristin war Bezirksstaatsanwältin in San Francisco und Generalstaatsanwältin, weshalb sie von der linken Parteibasis, die eine Polizei- und Justizreform befürwortet, eher kritisch betrachtet wird. Im Vorwahlkampf verlor sie gegen Biden, den sie damals hart angegriffen hatte.
Inwieweit Biden ihr das nachträgt, bleibt abzuwarten. Von Vorteil sind ihr hoher Bekanntheitsgrad, dass sie Gemäßigte und Liberale anspricht, ihre Härte gegenüber politischen Gegnern und die Tatsache, dass sie es versteht, Spendengelder zu akquirieren.
Elizabeth Warren (70), ebenfalls Juristin, ist seit 2013 Senatorin in Massachusetts und die einzige weiße Favoritin. Sie war Professorin an der Harvard Law School und Expertin für Verbraucherinsolvenzen. Warren ist eine erfahrene Wahlkämpferin und lag im Vorwahlkampf lange vor Joe Biden und
Sie ist fortschrittlich und eher der Linken zuzurechnen. Das macht sie bei den jungen Parteianhängern beliebt, könnte aber die Gemäßigten verunsichern und auch Wechselwähler abschrecken. Von Nachteil ist ihr Alter, denn sie ist nur unwesentlich jünger als Biden.
US-Wahl: Weitere aussichtsreiche Kandidatinnen
Tammy Duckworth (52), halb Asiatin, halb Amerikanerin, diente im Irakkrieg als Hubschrauberpilotin. Als Folge eines Helikopterbeschusses mussten ihr beide Beine amputiert werden. Zwischen 2013 und 2017 saß sie im Repräsentantenhaus des Senats, seit 2017 vertritt sie den Bundesstaat Illinois im US-Senat.
Ihr Plus: Sie wäre die erste Veteranin überhaupt im Oval Office - ihr letztes männliches Pendant war John McCain. Sie setzt sich für einige Kernthemen der Demokraten ein und ist Fürsprecherin für die Belange von Veteranen. Ihr Manko dürfte sein, dass sie weniger für Themen wie Polizei und Wirtschaft steht.
Susan Rice (55) hat große internationale Erfahrung. Sie arbeitet schon seit den 1990er Jahren mit Biden zusammen, auch unter der Präsidentschaft von
Und Biden möchte die Außenpolitik dieser Zeit, die geprägt war durch das Pariser Klimaabkommen und das iranische Atomabkommen, wiederbeleben. Gegen Rice würde sprechen, dass sie der Regierungsbürokratie entstammt, jedoch nie Wahlkampf um ein Amt geführt hat.
Seit 2011 vertritt Karen Bass (66) den Bundesstaat Kalifornien im US-Repräsentantenhaus. Sie gilt als liberal, hat sich in der Debatte über die Polizeireform verdient gemacht, fordert bessere Kontrollen von privatem Waffenbesitz, setzt sich für Afroamerikaner ein und macht sich in Sachen globale Gesundheit und Menschenrechte stark. Sie kam relativ spät in die Riege der Top-Kandidaten, national ist sie wenig bekannt.
Die Afroamerikanerin Val Demings (63) vertritt seit 2017 als Abgeordnete den Bundesstaat Florida im US-Repräsentantenhaus, ist aber relativ unbekannt. Sie hat sich aus armen Verhältnissen hochgearbeitet. Vor ihrer politischen Karriere war sie 27 Jahre lang Polizistin und führte die Polizeibehörde von Orlando. Mit dieser Erfahrung wäre sie eine Expertin in Sachen Polizeireform.
Eher unwahrscheinlich: Die Nominierung der folgenden Kandidatinnen
Die Juristin Gretchen Whitmer (48) ist seit 2019 Gouverneurin von Michigan. Zwischen 2001 und 2015 gehörte sie dem Repräsentantenhaus und dem Senat von Michigan an. Seit 2011 war sie in Michigan Vorsitzende der demokratischen Fraktion. Whitmer spielt eine wichtige Rolle bei der Reaktion auf das Coronavirus, und sie ist beliebt.
Keisha Lance Bottoms (50) ist seit 2018 Bürgermeisterin von Atlanta im Bundesstaat Georgia und eine wichtige Figur in der Debatte um Polizeigewalt und Rassismus. Bottoms hat Biden bereits frühzeitig im Vorwahlkampf unterstützt. Problematisch könnte sein, dass sie erst seit Kurzem ein höheres politisches Amt begleitet.
Tammy Baldwin (58) ist seit 2013 Senatorin für Wisconsin und die erste offen homosexuelle Senatorin des Landes. Sie befürwortet seit langem die allgemeine Gesundheitsversorgung und fordert Veränderungen im Gesundheitssystem. Sie ist eine wichtige Stimme bei den Themen Handel und Produktion und Kritikerin der Handelspraktiken Chinas. Baldwin ist national wenig bekannt, lokal aber sehr populär. Viele Demokraten könnten sich aber gegen ein rein weißes Duo aussprechen.
Sehr unwahrscheinlich: Die Nominierung der folgenden Kandidatinnen
Michelle Lujan Grisham (60), einzige Latina-Kandidatin, ist seit 2019 Gouverneurin von New Mexiko. Sie konzentriert sich auf die Eindämmung des Coronavirus und die Bewältigung einer wirtschaftlichen Rezession. Als Latina könnte sie Biden im Südwesten einen Schub geben.
Stacey Abrams (46), Politikerin aus Georgia, beliebt beim jungen linken Wählerflügel, war anfangs Favoritin, jetzt fällt ihr Name seltener. Sie setzt sich insbesondere für den Ausbau der Gesundheitsversorgung ein.
Maggie Hassan (62) ist seit 2017 Senatorin in New Hampshire. Sie konzentriert sich auf Themen wie Gesundheitsversorgung und Drogenabhängigkeit. Hassan ist außerhalb von New Hampshire kaum bekannt.
Gina Raimondo (49) ist seit 2015 Gouverneurin von Rhode Island und seit 2019 Vorsitzende der Democratic Governors Association. Sie zeichnet sich wie Biden durch politische Sensibilität aus. Die Linken und wichtigen demokratischen Gewerkschaften stehen ihr jedoch skeptisch gegenüber.
Verwendete Quellen:
- The New York Times: Joe Biden's Vice-Presidential Pick: Who's in the Running?
- Zeit Online: Joe Biden wählt kommende Woche Vizekandidatin aus
- T-Online: Mann (77) sucht Frau (ab 35) fürs Weiße Haus
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