Über zwei Jahre nach den Chaos-Wahlen in Berlin vom September 2021 werden die Berlinerinnen und Berliner erneut an die Urnen gebeten. Grund ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Bundestagswahl teilweise wiederholen zu lassen. Wer darf wählen und welche Auswirkungen könnte die Wiederholung haben? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

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73 vorrübergehend geschlossene Wahllokale, 1.600 ungültige Stimmen, 5.000 nicht ausgegebene Wahlzettel: Die Liste an "Unregelmäßigkeiten" bei der Wahl in Berlin von September 2021 ist lang. Damals fanden neben der Bundestagswahl auch die Abgeordnetenhauswahl, Wahlen der Bezirksverordnetenversammlung sowie ein Volksentscheid statt.

Weil die Pannen "mandatsrelevant" waren, also beispielsweise Auswirkungen auf die Sitzverteilung im Bundestag gehabt haben könnten, ordnete das Bundesverfassungsgericht eine Teilwiederholung an. Die Wahl zum Abgeordnetenhaus ist bereits im Februar 2023 in Teilen wiederholt worden, nun steht die Wiederholung der Bundestagswahl in einigen Berliner Bezirken an.

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Wann und wo wird gewählt?

Die Wahlwiederholung der Bundestagswahl von 2021 findet am 11. Februar statt. Dann sind Berlinerinnen und Berliner in 455 der 2.256 Wahlbezirke und zugehörigen Briefwahlbezirke aufgerufen, ihre Stimme erneut abzugeben. Laut Einschätzung von Landeswahlleiter Stephan Bröchler könnten das rund 550.000 Berlinerinnen und Berliner sein – also etwas mehr als ein Fünftel der Wahlberechtigten. Verschickt worden sind die Wahlbenachrichtigungen bereits ab dem 2. Januar. In den Unterlagen steht das Wahllokal, außerdem gibt es die Möglichkeit zur Briefwahl.

Betroffen sind beispielsweise die Wahlkreise Pankow, Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Reinickendorf und Mitte. Das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg stellt auf seiner Website eine Suchmaschine zur Verfügung, die nach Eingabe der Adresse eine Rückmeldung gibt, ob die eigene Anschrift in einem zur Wiederholungswahl gehörenden Wahlbezirk liegt.

Wer kann noch einmal wählen?

Wählen dürfen Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft, die mindestens 18 Jahre alt sind und seit mindestens drei Monaten ihren Wohnsitz in einem der betroffenen Stimmbezirke haben. Für das Alter zur Wahlberechtigung ist das Datum der Wiederholungswahl entscheidend. Das heißt: Es zählt, wer jetzt wahlberechtigt ist, und nicht wer es 2021 war.

Die Wahlleitung geht davon aus, dass der Anteil der Briefwähler höher sein dürfte, als bei der ursprünglichen Wahl. Denn in Berlin sind vom 5. bis zum 11. Februar Winterferien – viele Berlinerinnen und Berliner könnten erst am Wahltag aus dem Urlaub zurückkommen.

Warum ist die Wahlwiederholung in Berlin notwendig?

Die Wahlen am 26. September 2021 waren von Pannen und Fehlern geprägt. Weil die richtigen Stimmzettel fehlten, schlossen Wahllokale vorübergehend. Insgesamt waren Wahllokale 6.294 Minuten zu, sodass Menschen ihre Stimme in dieser Zeit nicht abgeben konnten. Außerdem beendeten zahlreiche Wahllokale die Wahl erst nach 18:00 Uhr – als längst Hochrechnungen veröffentlicht worden waren. Zehn Lokale waren sogar nach 19:00 Uhr noch geöffnet.

Damit nicht genug: in mehreren Wahlkreisen wurden falsche Stimmzettel ausgegeben, Briefwahlunterlagen wurden an mehreren Orten zu spät zugestellt und in vielen Wahllokalen kam es angesichts langer Schlangen zu erheblichen Wartezeiten. Das Bundesverfassungsgericht stellte im Nachgang fest, dass in rund 15 Prozent der Urnenwahlbezirke Fehler auftraten, die Einfluss auf die Verteilung der Mandate gehabt haben können. Nach Einschätzung des Gerichts hätte beispielsweise die SPD ein zusätzliches Bundestagsmandat erzielen können.

Wer steht zur Wahl?

Bei der Teilwiederholung treten im Grunde genommen dieselben Parteien und Kandidaten wie bei der ursprünglichen Wahl 2021 an. Doch es gibt zwei Ausnahmen: Die rechtsextreme Partei NPD heißt nun "Die Heimat", sodass Namensänderungen auf den Stimmzetteln vorgenommen werden müssen. Außerdem ist mit Michael Knape (Freie Wähler) ein Bewerber von 2021 in der Zwischenzeit verstorben. Er wird daher vom Wahlzettel gestrichen.

Welche Konsequenzen wurden gezogen?

Als direkte Konsequenz der Pannen-Wahl trat die Berliner Landeswahlleiterin Petra Michaelis nur wenige Tage nach den Wahlen zurück. Eine vom Senat eingesetzte Expertenkommission erarbeitete Vorschläge für das Land Berlin und riet, die Zusammenarbeit zwischen den Bezirkswahlämtern und der Landeswahlleitung neu zu strukturieren.

Zudem schlug sie Standards bei der Ausstattung und Größe der Wahllokale sowie der Schulung von Helfenden vor. In Zukunft sollen auch Großereignisse wie der Berlin-Marathon, der die Wahlen zusätzlich behindert hatte, nicht mehr zeitgleich mit Wahlen stattfinden.

Was sind mögliche Auswirkungen der Wahlwiederholung in Berlin?

Weitere Konsequenzen könnten nach der Teilwiederholung der Wahl folgen. Denn rechnerisch könnten sich in manchen Wahlkreisen neue Direktmandate ergeben. So hat beispielsweise in Pankow Stefan Gelbhaar für die Grünen das Direktmandat mit einem Vorsprung von nur 4 Prozentpunkten gewonnen, Monika Grütters von der CDU lag in Reinickendorf nur 1,4 Prozentpunkte vor ihren Herausforderern.

Knapp dahinter kamen jeweils Kandidaten der SPD. Sollten sie nun die Nase vorn haben, würden Grütters und Gelbhaar aber nicht aus dem Bundestag fliegen – sie sind über die Landeslisten abgesichert. Laut Landeswahlleiter Bröchler könnte es aber bundesweit zu "länderübergreifenden Verschiebungen bei der Sitzverteilung" kommen.

Verwendete Quellen

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