Bundesfinanzminister Christian Lindner rief per Brief die Ministerien zum Sparen auf – mit einer Ausnahme. Das kam beim Koalitionspartner, den Grünen, nicht gut an. Sie forderten Änderungen.
Die Sparvorgaben von Finanzminister
Verteidigungsministerium bekommt Freifahrtschein
Lindner hatte den einzelnen Bundesressorts Ausgabenlimits vorgegeben und sie aufgefordert, Vorschläge für Einsparungen vorzulegen; einzig das Verteidigungsministerium hatte er davon ausgenommen. Dieses Verfahren wollen die Grünen laut Kindler nicht akzeptieren. "Das Verteidigungsressort pauschal auszunehmen, ergibt keinen Sinn", sagte er. "Hier gibt es bei der Beschaffung für die Bundeswehr nachweislich erhebliche Ineffizienzen, die noch nicht beseitigt sind." Kindler kritisierte: "Da versickert immer wieder zu viel Geld."
Zudem sei der Großteil der 100 Milliarden Euro im Bundeswehr-Sondervermögen bisher nicht fest verplant. "Wir sollten nicht zulasten von Programmen für die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen, für ländliche Entwicklung, für Kultur oder bei Initiativen gegen Rechtsextremismus kürzen", forderte der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. Wer hier den Rotstift ansetze, "schwächt in diesen krisenhaften Zeiten unsere Demokratie und den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft", mahnte er.
Stattdessen forderte Kindler Kürzungen bei umweltschädlichen Subventionen und nannte das steuerliche Dienstwagenprivileg. Beim Abbau umwelt- und klimaschädlicher Subventionen seien "große Milliardensummen zu holen".
Auch der für Haushalt und Finanzen zuständige Fraktionsvize der Grünen, Andreas Audretsch, kritisierte Lindners Sparvorgaben. "Rasenmäher-Kürzungen sind keine kluge Haushaltspolitik", sagte er der Deutschen Presse-Agentur (dpa). "Eine Sparpolitik, die pauschal soziale Programme, Demokratieprojekte, Innovations- und Mittelstandspolitik oder Umweltschutz in Gefahr bringt, schadet dem gesellschaftlichen Zusammenhalt und unserer Zukunft." Auch das Zusammenstreichen von humanitärer Hilfe und Diplomatie wäre aus seiner Sicht ein Fehler.
Die Alternative liege auf der Hand, sagte Audretsch: "Es ist nicht zu erklären, einerseits große Dienstwagen der Reichsten weiter mit Milliarden zu subventionieren und andererseits Sport- oder Jugendprogramme einzumotten." Jetzt sei es Aufgabe des Finanzministers, aber auch des Kanzlers, einen einigungsfähigen Haushaltsentwurf vorzulegen.
Lindner legt die Verantwortung in die Hände der Ministerien
Lindner äußerte sich im Gespräch mit unserer Redaktion auch zu den Sparvorgaben. "In Absprache mit dem Bundeskanzler habe ich den Kolleginnen und Kollegen mitgeteilt, mit welchen Mitteln sie im nächsten Jahr und in den darauffolgenden Jahren rechnen können. Nun haben sie die Freiheit, in eigener Verantwortung zu planen: Welche Projekte können sie mit diesen Mitteln umsetzen? Und wo müssen sie Ausgaben umwidmen, um in der Zukunft Handlungsspielräume zu gewinnen und keine Dinge mehr zu finanzieren, die aus der Zeit gefallen sind?" Weiter sagte er: "Die Kolleginnen und Kollegen führen ihre Ministerien in eigener Verantwortung. Deshalb kann und will ich ihnen da nichts vorgeben."
Der Etat für nächstes Jahr sorgt in der Koalition seit Monaten für Unruhe. Mehrere Ministerien meldeten teils hohen Mehrbedarf an. Da Lindner aber sowohl eine erneute Ausnahme von der Schuldenbremse als auch Steuererhöhungen ausschließt, gibt es dafür praktisch keinen Spielraum. Der Haushalt soll vor der Sommerpause im Kabinett verabschiedet werden, ein genauer Termin dafür wurde bisher von Lindner nicht genannt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und er haben aber beide betont, dass der Regierungsentwurf vor der parlamentarischen Sommerpause ab 7. Juli vorliegen solle. (AFP/dpa/the)
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