Mit Zugeständnissen und einer "nationalen Debatte" will Frankreichs Regierung die "Gelbwesten" besänftigen. Doch die demonstrieren weiter. Erneut gingen Zehntausende im Land auf die Straßen. Und ihre Wut scheint auch den Ärmelkanal überquert zu haben.

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Kurz vor Beginn einer "nationalen Debatte" zur Lösung der "Gelbwesten"-Krise sind in Frankreich erneut Zehntausende Menschen aus Protest gegen die Regierung auf die Straßen gegangen.

32.000 "Gelbwesten" seien bis zum frühen Samstagnachmittag im ganzen Land gezählt worden, 8.000 davon in Paris, berichteten französische Medien unter Berufung auf das Innenministerium.

Es war bereits das neunte Protestwochenende in Folge. In London fand die Bewegung Nachahmer. Tausende demonstrierten am Samstag in der britischen Hauptstadt gegen die Regierung von Premierministerin Theresa May.

Polizei setzt Tränengas und Wasserwerfer ein

In Paris kam es am Nachmittag zu Spannungen zwischen Polizei und Protestierenden. Einige Demonstranten hätten nahe dem Triumphbogen Wurfgeschosse in Richtung von Polizisten geschleudert, sagte eine Polizei-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur.

Die Sicherheitskräfte hätten daraufhin Tränengas eingesetzt. Auf Fernsehbildern ist zu sehen, dass auch ein Wasserwerfer zum Einsatz kam. Bis zum Nachmittag wurden in Paris laut Polizei Dutzende Menschen im Zusammenhang mit den "Gelbwesten"-Protesten festgenommen.

Sie hätten verbotene Waffen getragen oder sich einer Gruppe angeschlossen, die möglicherweise Gewalttaten begehen werde, hieß es bei der Polizei.

Auch in anderen Städten versammelten sich "Gelbwesten". In Bourges gingen nach Angaben der örtlichen Präfektur bis zum Nachmittag etwa 5.000 Menschen auf die Straße.

Ihr Protest lief zunächst überwiegend friedlich ab. Die Stadt im Zentrum Frankreichs stand unter besonderer Beobachtung der Sicherheitsbehörden, nachdem es dort Online-Aufrufe zu Massenprotesten gegeben hatte.

"Nationale Debatte" soll Protestler besänftigen

Die Bewegung scheint auch weiterhin viele Menschen mobilisieren zu können - trotz Zugeständnissen der Regierung und einem angekündigten härteren Kurs in der Sicherheitspolitik. Rund um Weihnachten waren die Teilnehmerzahlen gesunken.

Die Hoffnungen von Präsident Emmanuel Macron und seiner Regierung ruhen nun auf einer "nationalen Debatte", die die "Gelbwesten" besänftigen und am Dienstag beginnen soll. In den kommenden Wochen sollen dabei die Bürger zu Wort kommen und Reformvorschläge äußern.

Die "Gelbwesten"-Bewegung hatte Macron in die bislang schwerste Krise seiner Amtszeit gestürzt. Seit Mitte November demonstrieren immer wieder Zehntausende gegen die Reformpolitik Macrons und gegen eine als zu niedrig empfundene Kaufkraft. Immer wieder gab es Randale.


Die Wut aus Frankreich scheint mittlerweile auch den Ärmelkanal überquert zu haben. Tausende Demonstranten protestierten nach dem Vorbild der "Gelbwesten" in London gegen die britische Regierung.

Sie forderten angesichts des Brexits ein Ende der Sparpolitik und eine Neuwahl. Dem Aufruf der Kampagne "The People's Assembly Against Austerity" folgten auch Politiker und Gewerkschafter aus weiten Teilen des Landes.

Etwa 5.000 bis 10.000 Demonstranten hätten teilgenommen, sagte eine Sprecherin der Veranstalter in einer ersten Schätzung der Deutschen Presse-Agentur.

Auch Vertreter der Gelbwesten-Bewegung aus Frankreich nahmen an der Demonstration in London teil. "Alle europäischen Länder sollten sich diesem Kampf gegen die Sparpolitik anschließen", sagte ein Teilnehmer aus Frankreich der britischen Nachrichtenagentur PA.  © dpa

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