Vor dem Start der Eishockey-WM spricht der Olympia-Silbermedaillengewinner Felix Schütz über die Chancen der deutschen Mannschaft, den neuen Bundestrainer Harry Kreis und seinen Turnierfavoriten.
Herr Schütz, Sie waren am Dienstag beim letzten Testspiel der deutschen Mannschaft gegen die USA vor Ort: Wie war Ihr Eindruck von der DEB-Auswahl?
Felix Schütz: Ich glaube, dass die Mannschaft insgesamt eine sehr ordentliche Vorbereitung gespielt hat. Die Ergebnisse darf man nicht überbewerten. Es waren zu Beginn viele junge Spieler dabei, dann kamen die Münchener Meisterspieler. Und es gibt noch jene, die bis zum letzten Tag nicht genau wissen, ob sie letztlich dabei sind oder nicht. Insofern ist das immer eine etwas andere Situation, als sie sich dann bei einem Turnier darstellt. Und ich finde, gerade die jungen Spieler haben sich super präsentiert.
Welche Stärken sehen Sie bei der deutschen Mannschaft?
Die vielen jungen Spieler, auch von drüben, also aus den nordamerikanischen Ligen, geben der Mannschaft eine gewisse Frechheit. Die wollen sich beweisen, so eine WM ist ja immer noch auch für Spieler aus der NHL oder AHL eine große Sache.
NHL-Star Moritz Seider mit von der Partie
Und wo hapert es vielleicht noch?
Die Kehrseite bei jungen Spielern liegt auf der Hand: In den Testspielen hat vielleicht noch ein wenig die Erfahrung gefehlt. Aber die kommt jetzt durch den einen oder anderen ja noch dazu. Moritz Seider etwa: Es ist unglaublich, dass so ein Spieler noch zum Team gestoßen ist.
Wie sehen Sie den neuen Bundestrainer Harry Kreis?
Harry ist ein hervorragender Typ, ein 1A-Mensch. Ein sehr erfahrener Trainer und wie sein Co-Trainer Alexander Sulzer auch als ehemaliger Verteidiger jemand, der in diesem Bereich eine etwas andere Sichtweise einbringen kann. Da macht Harry keiner etwas vor. Und egal, wo er als Trainer war: Er hat immer Erfolg gehabt.
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Welche Art Eishockey ist von der deutschen Mannschaft zu erwarten?
Ich hatte keinen Austausch mit dem Trainerteam – aber ich gehe von einem etwas defensiveren Ansatz aus. Ohne sich aber hinten reinzustellen. Das Auftaktprogramm wird da vielleicht ein wenig mit reinspielen.
In den ersten drei Spielen geht es gegen die vermeintlichen Favoriten in der Gruppe A Schweden, Finnland und die USA.
Genau. Da wird die Mannschaft grundsätzlich wohl eine etwas defensivere Ausrichtung wählen. Aber: Die letzten Jahre haben auch gezeigt, dass die deutsche Mannschaft super nach vorne spielen und auch mitspielen kann. Und dass sie auch Spiele dominieren kann. Und das wird auch bei diesem Turnier das Ziel sein.
Wo ist die deutsche Mannschaft im internationalen Vergleich einzuordnen?
Die Nationalmannschaft hat in den letzten Jahren einen Riesenschritt nach vorne gemacht. Natürlich kann es immer mal einen Ausreißer nach unten geben, es ist immerhin noch ein Turnier, das man da spielt – und keine Saison mit 50, 60, 70 Spielen. Da gehört auch ein bisschen Glück dazu. Das haben andere Nationen zuletzt auch schmerzhaft erfahren müssen. Das Ziel sollte aber das Viertelfinale sein, das wäre schon top. Und wer weiß, was dann passiert ...
Ist dieser Aufschwung auch eine Folge der Veränderungen unter anderem in der Nachwuchsförderung im Deutschen Eishockey-Bund?
In den letzten Jahren haben gerade auch die Top-Vereine immer noch mehr investiert und getan, dass junge Spieler nachkommen und Einsatzzeiten bekommen. Und man muss sagen, dass Red Bull in Salzburg mit seiner Akademie hilft. Dazu Mannheim, Köln, Berlin und auch kleinere bayerische Vereine. Aber nur so geht's: Das muss auf langfristige Effekte ausgelegt sein, nicht auf den schnellen Erfolg, den sich viele immer wünschen. Das ist ein Prozess, der langfristig gedacht werden muss und für den man auch Geduld braucht. Das deutsche Eishockey geht in die richtige Richtung.
Sie selbst arbeiten derzeit bei sich zu Hause in Erding in der Bayernliga. Klassische Basis-Arbeit dürfte da gefragt sein.
Ja, und das ist auch gut so. Hier kann ich alles lernen: als Trainer, als Sportdirektor, den Umgang mit Sponsoren, die Kaderplanung, die Nachwuchsarbeit. Das ist eine völlig andere Welt, als einen Gehaltscheck zu bekommen und mit einer Profimannschaft zu trainieren. Das beste Lernumfeld, das man sich wünschen kann.
Nur zwei der zehn deutschen Top-Torschützen aus der DEL-Saison im Kader
Zurück zur WM: Nach der verletzungsbedingten Absage von Andy Eder sind nur zwei der zehn Top-Torschützen der abgelaufenen DEL-Saison dabei, die auch einen deutschen Pass haben: Daniel Fischbuch und Wojciech Stachowiak. Provokant gefragt: Wer soll denn die deutschen Tore schießen?
Bei so einem Turnier muss man immer versuchen, dass mehrere Spieler heiß laufen. Zwei, drei werden da nicht reichen. Aber wenn man zwei, drei Reihen hat, in der jeder scoren kann, wäre das schon perfekt. Ich denke aber, dass im Kader genug Spieler sind, die Tore schießen können. Ich glaube aber ohnehin, dass etwas anderes noch wichtiger ist.
Bitte.
Der Teamgeist wird entscheidend. Das ist das Wichtigste: Dass sich die Spieler gegenseitig unterstützen, immer positiv sind. Dann kann man bei so einem Turnier einiges erreichen.
Die erste Reihe mit Freddy Tiffels, Dominik Kahun und JJ Peterka sticht aber schon ein wenig heraus, zumindest zuletzt im Test gegen die USA …
Die sind technisch super und das ist wichtig bei internationalen Turnieren. Das ist nicht DEL-Niveau, da ist alles schneller. Da muss man läuferisch, technisch schnell spielen können. Im Kopf und mit den Beinen.
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Gibt es einen deutschen oder internationalen Spieler, auf den Sie sich besonders freuen?
Das lasse ich auf mich zukommen, da will ich mich gar nicht festlegen. Gespannt bin ich aber auf Moritz Seider, das gebe ich zu …
Haben Sie einen WM-Favoriten?
Die Finnen waren in den letzten Jahren überragend und oft da, wenn es um etwas ging. Dazu noch der Heimvorteil mit der traditionell großen Euphorie und die kleinere Eisfläche in Finnland. Schweden und Kanada sind natürlich zu nennen. Und bei den US-Amerikanern weiß man vor einem Turnier nie so recht, wie gut die sein können. Die können durchstarten oder aber sogar das Viertelfinale verpassen. Aber auch für die Spieler aus Übersee gilt wohl: Die kleine Eisfläche könnte durchaus ein Vorteil sein.
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