In München und auf Schalke haben die Schiedsrichter weit weniger Arbeit als erwartet. Dafür benötigt der Unparteiische in Hoffenheim bei zwei Abseitstoren die Unterstützung des Video-Assistenten. Insgesamt verleben die Referees ein ruhiges Wochenende.

Alex Feuerherdt, Schiedsrichter
Eine Kolumne

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Auf dem Papier standen an diesem 30. Spieltag gleich zwei Partien auf dem Programm, die traditionell besonders reizvoll sind, nämlich die Begegnung zwischen dem FC Bayern München und Borussia Mönchengladbach (5:1) am Samstagabend und das Lokalduell zwischen dem FC Schalke 04 und Borussia Dortmund (2:0) am Sonntagnachmittag.

Robert Kampka und Manuel Gräfe hießen die beiden Referees, die an diesem Wochenende mit besonderen Aufträgen versehen wurden – und über die anschließend kaum jemand sprach.

Der 36-jährige Kampka hatte keine Mühe mit dem Spiel in München, in dem die Gäste zwar früh und überraschend in Führung gingen, dann aber vom Serienmeister klar beherrscht wurden. Der Referee entschied sich für eine großzügige Regelauslegung, was dem fairen Charakter der Partie angemessen war und für einen guten Spielfluss sorgte.

Bei zwei Strafraumszenen nicht auf Elfmeter zu entscheiden – nämlich sowohl nach dem Körpereinsatz von Mats Hummels gegen Josip Drmic in der 36. Minute, als auch nach Juan Bernats allzu leichtem Sturz im Zweikampf mit Denis Zakaria eine halbe Stunde vor Schluss –, passte zu dieser Linie, die von allen akzeptiert wurde.

Gräfe mit Ruhe und Gelassenheit im Derby

Manuel Gräfe ließ in der Begegnung der beiden Ruhrgebietsklubs ebenfalls viel laufen, obwohl die Zweikämpfe intensiv waren und die "lange Leine" des 44-Jährigen damit ein gewisses Risiko darstellte.

Doch mit seiner großen Erfahrung, seinem exzellenten Spielverständnis und seiner herausragenden Akzeptanz bei den Spielern brachte der Unparteiische aus Berlin die Partie souverän über die Runden. Er benötigte gerade einmal zwei Gelbe Karten, um die Akteure in Schach zu halten.

Bemerkenswert sind immer wieder Gräfes unerschütterliche Ruhe und Gelassenheit, seine knappe Gestik und seine kommunikativen Fähigkeiten, mit denen er auch unbequeme Entscheidungen verkauft, ohne dass es je zu größeren Diskussionen käme.

Warum Gnabrys frühes Tor nicht zählte

Auch abseits dieser beiden Spiele hatten die Schiedsrichter ein vergleichsweise ruhiges Wochenende mit nur wenigen strittigen Szenen. Regeltechnisch interessant waren jedoch einige Situationen, die sich bei der Begegnung zwischen der TSG 1899 Hoffenheim und dem Hamburger SV (2:0) zutrugen.

So etwa der Treffer, den Benjamin Hübner für die Hausherren nach neun Minuten erzielte, der jedoch nicht die Anerkennung durch Schiedsrichter Harm Osmers fand. Denn beim Torschuss hatte sich Hübners Mitspieler Serge Gnabry im Abseits befunden und aus der Sicht des Unparteiischen dadurch aktiv am Spiel teilgenommen, dass er einen Gegner beeinflusste, nämlich den Hamburger Torhüter Julian Pollersbeck.

Zwei Tatbestände kamen dafür in Betracht: Zum einen könnte Gnabry dem Keeper, wie es in der Regel 11 (Abseits) heißt, "eindeutig die Sicht versperrt" haben. Zum anderen könnte er „eindeutig aktiv“ geworden sein und so "klarerweise die Möglichkeit des Gegners beeinflusst" haben, den Ball zu spielen – nämlich dadurch, dass er dem aufs Tor zufliegenden Ball im letzten Moment auswich. Pollersbeck reagierte jedenfalls verzögert, was auf eine Irritation hindeutet.

Nun lässt sich eine Abseitsstellung als solche mithilfe der Videobilder meist eindeutig bestimmen. Für einen unmittelbaren Eingriff ins Spiel – der vorliegt, wenn der Ball von einem im Abseits befindlichen Spieler berührt wird – gilt das ebenfalls. Wenn ein Angreifer im Abseits den Ball hingegen nicht spielt, ist eine mögliche Beeinträchtigung des Torwarts oder eines Verteidigers nicht immer klar festzustellen, sondern häufig Auslegungssache.

Weiterer Hoffenheimer Treffer annulliert

Hat dieser Stürmer eine Bewegung gemacht, die geeignet war, einen Gegner nachhaltig zu irritieren? Dafür lassen sich oft keine handfesten Beweise finden, sondern lediglich Indizien wie eine verspätete Reaktion. Das heißt, der Schiedsrichter muss nach seinem Ermessen entscheiden.

Das tat Harm Osmers, und darin wurde er vom Video-Assistenten Tobas Welz bestätigt. Welz durfte sich einschalten, weil der Referee erst gepfiffen hatte, nachdem der Ball ins Tor gegangen war. Hätte er von seinem Arbeitsgerät bereits Gebrauch gemacht, bevor die Kugel die Torlinie überschritten hatte, wäre das laut Reglement nicht möglich gewesen.

Denn der Video-Assistent kann eine Szene nur im Zusammenhang mit einem erzielten Tor auf ein mögliches Abseits überprüfen. Deshalb wurde er auch nach 74 Minuten aktiv, als der Hoffenheimer Kevin Akpoguma zum vermeintlichen 3:0 getroffen, der Unparteiische den Treffer aber – wiederum erst, nachdem der Ball schon im Netz lag – aberkannt hatte. Auch hier lag er richtig, denn Akpoguma befand sich beim Torschuss knapp im Abseits, was Welz genauso sah.

Ekdal kommt ohne Elfmeter davon

Als der Hamburger Albin Ekdal kurz vor der Pause in einem Zweikampf im eigenen Strafraum auf den Fuß von Andrej Kramaric trat und Harm Osmers weiterspielen ließ, obwohl der Hoffenheimer daraufhin zu Boden ging, intervenierte der Video-Assistent dagegen nicht. Die Frage war, warum nicht.

Denn der Tritt war eigentlich klar und offensichtlich, die Folge wurde von Kramaric keineswegs übertrieben dargestellt – es hätte deshalb einen Strafstoß geben müssen. Aus Sicht von Osmers und Welz stellte sich die Situation aber augenscheinlich nicht eindeutig genug dar, wohl deshalb, weil Ekdal auch minimal den Ball berührt hatte.

Entscheidend war diese Szene am Ende jedenfalls nicht, entsprechend wenig wurde über sie gesprochen. Wie generell über die Schiedsrichter und ihre Assistenten an diesem Spieltag.

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