Sascha Stegemann wird beim Jahresauftakt der Fußball-Bundesliga nach fast zwei Jahren wieder ein Spiel von Borussia Dortmund pfeifen – ein heikle Mission für den Schiedsrichter.

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Schlagzeilen hatte Sascha Stegemann zuletzt vor zwei Monaten produziert. Dominik Kohr musste 10.000 Euro berappen, weil er den Schiedsrichter beim Pokalspiel seines FSV Mainz 05 gegen den Rekordmeister (0:4) im "Bayern-Trikot" wahrgenommen hatte.

Der Trubel damals dürfte allerdings harmlos gewesen sein im Vergleich zu dem, was Stegemann am Freitag erwartet. Nach fast zwei Jahren pfeift der 40-Jährige beim Bundesliga-Neustart wieder ein Spiel von Borussia Dortmund – da werden zwangsläufig ungute Erinnerungen wach.

Ein Spiel stellte Stegemanns Leben auf den Kopf

Es war der 28. April 2023, der das Leben Stegemanns schlagartig veränderte. Während der Partie der Dortmunder beim VfL Bochum am 30. Spieltag jener unglückseligen BVB-Saison verweigerte der Unparteiische den Dortmundern trotz eines klaren Fouls des damaligen VfL-Profis Danilo Soares an Karim Adeyemi den fälligen Strafstoß. Video-Assistent Robert Hartmann griff nicht ein, das Spiel endete 1:1 – war damit für Stegemann aber längst nicht vorbei.

Sascha Stegemann
Beim Spiel zwischen Dortmund und Bochum am 28. April 2023 kochten die Emotionen über. Im Mittelpunkt: Schiedsrichter Sascha Stegemann. © IMAGO/Maik Hölter/TEAM2sportphoto

Vor allem BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl tobte und sprach davon, dass es "nicht mit rechten Dingen zugegangen" sei. Stegemann selbst war untröstlich. "Wenn Dinge so laufen, dann nimmt man das mit nach Hause. Dann nimmt man das mit ins Bett", schilderte der Referee seine schlaflose Nacht: "Man stellt sich viele Fragen. Man wendet sich von links nach rechts. Man starrt die Decke an." Doch obwohl Stegemann den Fehler einräumte und sich dafür entschuldigte, erhielt er Morddrohungen.

"Ich habe großes Verständnis für die Emotionen. Aber meiner Familie und mir wurde sehr konkret gedroht."

Bundesliga-Schiedsrichter Sascha Stegemann

Bis heute hält sich bei Anhängern der Westfalen die Mär von der verlorenen Meisterschaft wegen Stegemann im Kampf mit den am Ende punktgleichen Bayern. Das dürfte der Schiedsrichter am Freitag im Spiel gegen Double-Gewinner Bayer Leverkusen (20:30 Uhr/DAZN und Sat.1) lautstark zu hören bekommen.

Es bleibt nur zu hoffen, dass es beim 151. Bundesliga-Einsatz Stegemanns nicht zu ähnlichen Auswüchsen wie vor knapp zwei Jahren kommt. Der Unparteiische aus Niederkassel sah sich damals genötigt, Strafanzeige zu stellen. "Das war schon ein befremdliches Gefühl, wenn man sich zum ersten Mal in seinem Leben mit Morddrohungen konfrontiert sieht", sagte der Diplom-Verwaltungswirt mit etwas Abstand und war entsetzt über den Hass: "Ich habe großes Verständnis für die Emotionen. Aber meiner Familie und mir wurde sehr konkret gedroht."

Hans-Joachim Watzke sah dem unsäglichen Treiben seinerzeit nicht lange zu und sprang dem Unparteiischen zur Seite. "Anfeindungen jeder Art, Verunglimpfungen oder Drohungen, sei es persönlich oder anonym über Social-Media-Kanäle, können wir – aller Enttäuschung zum Trotz – aber nicht einmal im Ansatz tolerieren", sagte der Dortmunder Geschäftsführer.

Auch Watzke hofft darauf, dass es ähnliche Appelle diesmal nicht braucht. (sid/bearbeitet von ms)

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