Kaum ein Tag ohne Ärger bei Hannover 96. Dem abstiegsbedrohten Fußball-Bundesligisten droht wieder außer-sportliche Unruhe. Eine außerordentliche Mitgliederversammlung lehnt der Club ab - obwohl es genug Unterschriften gab. Die Opposition spricht von Rechtsbruch.
Trotz der erfolgreichen Unterschriftenaktion der Club-Opposition wird es bei Hannover 96 keine außerordentliche Mitgliederversammlung geben. Der Vereins-Vorstand lehnt dies vor allem mit der Begründung ab, dass für den 23. März 2019 ohnehin eine Mitgliederversammlung terminiert ist.
Sollten - wie von der Oppositionsgruppe "IG Pro Verein 1896" angestrebt - noch zwei weitere Versammlungen zum Zweck der Ab- und Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern hinzukommen, "müsste Hannover 96 e.V. in zweieinhalb Monaten insgesamt drei Mitgliederversammlungen abhalten. Das ist für Mitglieder weder vertretbar noch zumutbar", teilte der Fußball-Bundesligist am Montag in einer fünfseitigen Erklärung mit und beruft sich dabei auch auf ein eigens eingeholtes Rechts-Gutachten.
Die "IG Pro Verein 1896" sprach am Abend von "mangelndem Respekt" und warf dem Club-Vorstand vor, "zum wiederholten Male gegen die Satzung des Vereins und geltendes Recht" zu verstoßen. In Kürze will der Zusammenschluss rechtliche Mittel einlegen.
Opposition fordert Neubesetzung
Die Clubführung um Boss Martin Kind und die "IG Pro Verein 1896" streiten seit Jahren um Ausrichtung und Struktur des Vereins. Kind möchte die Mehrheit an der ausgegliederten 96-Profigesellschaft übernehmen und dafür eine Ausnahme von der 50+1-Regel im deutschen Fußball erwirken. Diese besagt, dass Stammvereine die Mehrheit an Profigesellschaften behalten müssen.
Die Opposition will genau diese Übernahme verhindern. Dazu hatte die Interessengemeinschaft Anfang November 1271 Unterschriften zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung eingereicht. Notwendig wären 1145 gewesen. Die Opposition will drei Aufsichtsratsposten neu besetzen, um den Prozess der Mehrheitsübernahme von Kind zu stoppen. Die drei betreffenden Aufsichtsräte stehen bei der ordentlichen Mitgliederversammlung am 23. März ohnehin nicht mehr zur Wahl. Auch der von der IG kritisierte Kind tritt als Präsident des eingetragenen Vereins nicht mehr an.
Showdown vor dem DFL-Schiedsgericht
Der 96-Vorstand argumentiert deshalb: Sollte eine außerordentliche Versammlung im Januar drei Aufsichtsräte abwählen, müsste im Februar eine weitere Versammlung stattfinden, um die Posten neu zu besetzen und das Kontrollgremium wieder handlungsfähig zu machen. Auch mit dem Verweis auf die Kosten von rund 80 000 Euro für jede einzelne Mitgliederversammlung lehnt 96 dieses Prozedere ab. "Das hohe Gut der Außerordentlichen Mitgliederversammlung wird leider missbraucht, um persönliche Interessen im Profifußball durchzusetzen", sagte einer der 17 Abteilungsleiter des Clubs, Hansi Teille.
Parallel zu den vereinsinternen Auseinandersetzungen soll in diesem Jahr noch der Antrag von Hannover 96 auf eine Ausnahmegenehmigung von der 50+1-Regel vor einem DFL-Schiedsgericht verhandelt werden. Kind selbst rechnet mit einer zeitnahen Entscheidung. Sollte das Schiedsgericht Kind und 96 Recht geben, wäre die Club-Übernahme auch von keiner Mitgliederversammlung mehr zu verhindern.
Lehnt das DFL-Schiedsgericht den Antrag indes ab, würde Kind als Vorstandschef der ausgegliederten 96-Profi-Gesellschaft vor einem ordentlichen Gericht gegen die 50+1-Regel klagen. Diese nur in Deutschland gültige Regel könnte dann komplett gekippt werden. © dpa
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