Borussia Dortmund versinkt in einer veritablen Notlage, Trainer Edin Terzic steht vor dem Scherbenhaufen einer verkorksten Hinserie - und nun womöglich sogar vor dem Aus.
Das Votum der Dortmunder Fans im Signal Iduna Park war ziemlich eindeutig und so laut, dass selbst die Südtribüne nichts mehr dagegen ausrichten konnte. Ein großer Teil der schwarz-gelben Gemeinde verabschiedete ihre Mannschaft mit wütenden Pfiffen in die Weihnachtsferien und dem unguten Gefühl, dass diese erneut spektakulär vermasselte Partie noch ein Nachspiel haben wird.
Am 114. Geburtstag des Klubs musste der BVB auf die harte Tour erfahren, dass die Geduld ihrer durchaus leidensfähigen Fans auch Grenzen hat. Dass die Stimmung bedenklich kippt und diese Saison in einem sportlichen Totalschaden enden könnte.
Beim Remis gegen Abstiegskandidat Mainz haben die Dortmunder noch ein letztes Mal in dieser bemerkenswert fahrigen Hinserie alle ihre Probleme dargelegt. 206 Tage nach dem emotionalen Tiefpunkt vom Mai - auch gegen Mainz - haben Spieler und Trainer eine fundamentale Krise heraufbeschworen, die
Katastrophale zweite Halbzeit gegen Mainz
Nach einer durchaus ansprechenden ersten Halbzeit mit Chancen für zwei oder drei Tore, einem guten Spielplan und einer lange nicht mehr gesehenen Dominanz reichte dem Gegner eine einzige Szene, um dem BVB fast wie mit Ansage den Stecker zu ziehen.
Vom bis dahin für Mainz äußerst glücklichen Ausgleich kurz vor der Pause erholte sich die Borussia nicht mehr und kollabierte in der zweiten Halbzeit komplett. Eine bessere Mannschaft als die Mainzer hätte den BVB in diesen 45 Minuten in seine Einzelteile zerlegt.
Leblos und ohne jedes Temperament fügten sich die Gastgeber in ihr Schicksal, kein Spieler versprühte mehr Energie, von der Trainerbank kamen mit einigen zweifelhaften Wechseln keinerlei Impulse und wieder einmal wirkte die Mannschaft nicht fit genug, um in den Schlusssequenzen einer Partie noch einmal richtigen Druck zu entfachen - oder wenigstens das Publikum mitzunehmen.
Den Mainzern genügte ein etwas höheres und aggressiveres Pressing und die Tatsache, dass mit Mats Hummels Dortmunds bester Aufbauspieler zur Pause angeschlagen in der Kabine bleiben musste, um das Spiel komplett in den Griff zu bekommen. So einfach ist Borussia Dortmund im Dezember 2023 im eigenen Stadion zu begegnen.
Can auf der Suche nach Ausreden
Und trotzdem will auch nach dem sechsten Pflichtspiel in Folge ohne Sieg, bei mindestens zwölf Punkten Rückstand auf die Spitze und mindestens vier Punkten Rückstand auf Platz vier immer noch nicht jeder einsehen, dass der BVB gravierende inhaltliche Probleme hat. Anders ist Emre Cans Interview bei "Sky" nach dem Schlusspfiff und dem Pfeifkonzert der eigenen Fans jedenfalls kaum zu erklären.
"Es ist einfach so, dass es nicht läuft. Ich kann den Jungs nichts vorwerfen. Die geben alles, die wollen siegen und erfolgreich sein", sagte der Kapitän und führte dann ins Feld, dass seine Mannschaft bei zwei Pfostentreffern und einem wegen Abseits aberkannten Tor kurz vor dem Ende auch Pech gehabt habe.
Faktisch hat Can damit Recht - die augenscheinlichen Probleme damit aber zu verklären, hörte sich doch stark nach der nächsten Ausrede an. Nur gab es davon in den letzten Wochen und Monaten schon deutlich zu viele. Am Trainer liege es nicht immer, so Can weiter. Der Trainer aber wird nun tatsächlich um seinen Job bangen müssen.
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Terzic massiv unter Druck
Schon vor dem Spiel machten Gerüchte die Runde, dass sich Teile der Mannschaft intern gegen Terzic stellen würden. Tatsächlich schmorte ein Spieler wie Marco Reus gegen Mainz 90 Minuten auf der Bank, wurden dem Routinier bei den Wechseln andere Spieler vorgezogen.
Der Trainer bemühte dafür einleuchtende taktische Beweggründe, aber Terzic ist sich auch der Wucht der Signale bewusst, die solche Entscheidungen förmlich provozieren. Und er erzielt keine Ergebnisse, die ihn dann auch schützen könnten.
Deshalb wird in den nächsten Tagen wie noch nie in Terzic' anderthalb Jahren Amtszeit auch über seinen Kopf verhandelt. "Wir haben eine Menge Themen, das wissen wir. Themen, die wir im Sommer und im letzten Winter besprochen haben, die sich leider immer wiederholen und uns nun schon seit sehr langer Zeit begleiten", sagte der BVB-Trainer.
"Wir machen es immer so, dass wir uns in den Pausen nach der Saison treffen und Dinge offen und ehrlich besprechen und uns in die Augen schauen. Und dass wir versuchen, die Dinge in Angriff zu nehmen und über Lösungen nachzudenken." Gemeint war damit die Elefantenrunde mit Sportchef Sebastian Kehl und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, auf der sich Terzic wird erklären müssen.
"Ich habe einen Vertrag unterschrieben bis 2025 und damit habe ich dokumentiert, wie gerne und wie lange ich bei diesem Verein bleiben möchte", so Terzic. Selbst darüber entscheiden wird er nach den Ergebnissen der letzten Wochen aber wohl nicht mehr.
Verwendete Quellen
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