Am Samstagabend fand das Endspiel in der UEFA Champions League statt. Manchester City gewann knapp gegen einen extrem starken Gegner aus Mailand, Ilkay Gündogan durfte jubeln. Die Gründe für den Sieg.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Manuel Behlert sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Am Samstagabend fand in Istanbul das Endspiel der UEFA Champions League statt. Manchester City und Inter kämpften um die Krone im europäischen Fußball. Die von Pep Guardiola trainierte Mannschaft aus England hatte das Ziel, sich erstmals zum Sieger in diesem Wettbewerb zu krönen. Inter gelang das zuletzt 2010, damals noch unter José Mourinho.

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Spannend wurde es erstmals knapp eine Stunde vor dem Anpfiff, denn die Aufstellungen wurden veröffentlicht. Manchester City setzte auf die bestmögliche Elf ohne Überraschungen. Nominell spielte City mit vier Innenverteidigern, zuletzt rückte aber fast immer einer dieser Spieler eine Reihe nach vorne an die Seite von Rodri, um Ilkay Gündogan Freiheiten zu verschaffen. Inter setzte wie immer auf die 3-5-2-Formation, wobei Edin Dzeko den Vorzug vor Romelu Lukaku im Angriff neben dem quirligen Lautaro Martinez erhielt.

Inter-Defensive stellt City vor eine große Aufgabe

Schon zu Beginn der Partie zeigte sich auf dem Feld, was die Experten erwarteten. Manchester City hatte den Ball, Inter verteidigte tief und lief nur situativ an. Die Skyblues übernahmen die Initiative, bauten kontrolliert auf und erhöhten das Tempo urplötzlich, wenn sich die Räume ergaben. Ein erster Abschluss von Bernardo Silva ging knapp am Tor vorbei. Der Inter-Plan lag auf der Hand: Unangenehm sein. An kleinen Zweikampferfolgen richteten sich die Italiener auf, störten den Rhythmus von City

Die Defensivstruktur der Italiener war in der Anfangsphase hervorzuheben. Aus den angedachten Freiheiten für Gündogan wurde nichts, was am gut abgestimmten Dreiermittelfeld Inters lag. Numerische Überlegenheit in Ballnähe hatten die Skyblues zu selten und wenn doch einmal viel Bewegung herrschte, funkte die Inzaghi-Elf mit einem Foul dazwischen. Stets weit genug weg vom eigenen Tor. Der Inter-Plan ging besser auf, die Raumaufteilung war vorbildlich.

Aufbau von Inter als Antwort auf das City-Pressing

Eine zentrale Frage vor dem Spiel war auch, wie Inter mit dem aggressiven Pressing der Guardiola-Elf umgehen würde. Die Antwort: Gut! Alessandro Bastoni fungierte wie gewohnt als Aufbauspieler und war häufig eingebunden. Er suchte und fand auch die flachen Lösungen, während die restliche Defensive punktuell auch auf lange Bälle setzte, um nicht zu viel zu riskieren. Aber auch die Engländer waren stets aufmerksam, verteidigten die Konter punktuell gar im 1-gegen-1, ohne dabei in die Bredouille zu geraten.

Folglich war die Partie von einem hochunterhaltsamen Spiel auch weit entfernt. Auf dem Feld war zu erkennen, dass die City-Spieler häufiger lamentierten, unzufrieden waren. Die verletzungsbedingte Auswechslung von Kevin de Bruyne setzte dem Stimmungsbild noch die Krone auf. Die Ballbesitzwerte stiegen, die Passquote ebenfalls, aber die Ideen fehlten. Inter fand die richtige Antwort auf das Pressing der Favoriten, die vor allem Probleme hatten, die offensiver ausgerichteten Optionen im Mittelfeldzentrum zu finden.

All das war aber mit einem hohen Aufwand verbunden. Den Italienern gelang es so nämlich nicht, die eigene Offensive in Szene zu setzen. Das war zum Pausenpfiff aber das einzige, was aus Sicht der Inzaghi-Elf zu bemängeln war. Ansonsten reagierte Inter klug auf die typischen Stärken und auch die Anpassungen Citys, nahm bei eigenen ruhenden Bällen gerne auch mal ein paar Sekunden mehr als nötig von der Uhr, was die Ungeduld bei City weiter förderte.

City erzwingt den Führungstreffer

Zu Beginn der zweiten Halbzeit zeigte sich das gleiche Bild. Die Cityzens fanden keine Lücken, spielten aber auch wenig raffiniert. Die Lösung gegen das clevere Zustellen der Italiener wäre gewesen, häufiger das Dribbling zu suchen. Doch Bernardo Silva, eigentlich prädestiniert für solche Situationen, spielte zu oft die Sicherheitspässe, die das Spiel nicht weiterbrachten. Bezeichnend war, dass die Skyblues häufig zu lange brauchten, um sich vom Ball zu trennen. Diese Verschleppung des Tempos ist ungewöhnlich für die Guardiola-Elf.

Inter erschuf indes genau das Spiel, das es haben wollte. Trotz ausbleibender eigener Torchancen arbeitete das Team geduldig weiter gegen den Ball, öffnete die perspektivisch gefährlichen Räume eben nicht. Einmal gelang es den Skyblues aber doch, mit einfachen Mitteln für eine Kettenreaktion in der Inter-Abwehr zur sorgen. Vor dem 1:0 durch Rodri, am Ende auch erzwungen, griffen mehrere Mechanismen ineinander. Phil Foden dribbelte, zwar ohne Raumgewinn, aber er bewegte seine Gegenspieler zu einer Reaktion. Räume öffneten sich, Manuel Akanji war komplett frei, konnte sich seinen Mitspieler, zu dem er passen wollte, frei aussuchen. Inter wirkte ausnahmsweise ungeordnet, der Rückraum blieb offen, Rodri vollendete.

Erst im Nachgang dieses Führungstreffers konnten die Skyblues ihr Spiel aufziehen, aber auch nicht ohne Einschränkungen. Romelu Lukaku, in der zweiten Halbzeit eingewechselt, war einer der Protagonisten in der Schlussphase. Einmal stand er Federico Dimarco im Weg, einmal sich selbst. Inter spielte ein fast perfektes Endspiel, war diszipliniert, aufmerksam, clever und zeigte City, dass dieses Spiel kein Selbstläufer war. Fehlende Entlastung in den einen, mangelnde Präzision in den anderen Momenten bedeuteten am Ende die Niederlage.

Die Schlüssel zum City-Sieg - und der Faktor Gündogan

Am Ende hat sich Manchester City nach einer Saison ohne Niederlage in der Königsklasse sicher nicht unverdient gekrönt. Das Pech, das die Guardiola-Elf häufig hatte, wich heute dem nötigen Glück in den Schlüsselmomenten. Doch so einfach lässt sich der Sieg nicht erklären. Entscheidend für den Titelgewinn am Samstagabend war die Defensive der Skyblues, die viele Konter von Inter schon im Keim erstickt hat. Hätte die Inzaghi-Elf hier frühzeitig noch mehr Zutrauen in das eigene Spiel gefunden, wäre das Endspiel womöglich in Richtung der Nerazzurri gekippt.

Abgesehen von der guten Konterabsicherung war es für City von enormer Bedeutung, nicht die Nerven zu verlieren. Guardiola hat sich nicht vercoacht, nicht zu kompliziert gedacht, auf die eigenen Stärken vertraut. Und das hat sich ausgezahlt. Nationalspieler Gündogan hatte auch seinen Einfluss auf dieses Spiel. Zwar wurde er weitgehend zugestellt, war weniger Freigeist als sonst, eroberte aber den entscheidenden Ball vor dem Tor. Und wer weiß, vielleicht hätte der eingewechselte Robin Gosens auch eine zentrale Rolle gespielt, wenn Lukaku seine Vorlage verwertet und den Ball aus vier Metern Entfernung in das Netz geköpft hätte ...

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