Der Hamburger SV hat die Nase voll, die Kasse aber leer: Der Traditionsverein muss für die Brände, die dessen Fans auf den Rängen entfachen, regelmäßig tief in die Tasche greifen. Warum also Pyro nicht plötzlich gut finden und legalisieren? Die Idee kommt aber eigentlich vom Stadtrivalen des HSV.

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Der Hamburger SV hat das Pulverfass wieder geöffnet. Der Zweitligist regt an, Pyrotechnik in Fußballstadien als Teil der Fankultur zu begreifen. "Klar ist, dass wir einen anderen Umgang mit der Thematik brauchen als bisher", sagte Bernd Hoffmann, Vorstandsvorsitzender des HSV dem "Hamburger Abendblatt" (Donnerstag).

"Die einfache Sanktionierung von Pyro-Vergehen hat bislang zu keinem besseren Umgang mit der Thematik geführt – ganz im Gegenteil." Hoffmann will "mit allen Parteien einen neuen Dialog zum Thema Pyrotechnik" führen. Die Deutsche Fußball Liga äußerte sich aber eindeutig.

Die DFL ist nicht gesprächsbereit

"Pyrotechnik in den Stadien ist nach den DFL-Statuten verboten", heißt es in einer Stellungnahme der Dachorganisation vom Donnerstag.

Unklar, ob die optisch reizvolle, aber brandgefährliche Bengalo-Show der Fans von Dynamo Dresden am vergangen Montag im Volksparkstadion Auslöser des HSV-Vorstosses war.

Hoffmann hat dabei wohl einen wichtigeren Aspekt im Auge. Immer wieder wird der Verein zur Kasse gebeten, weil im Stadion gezündelt wird. In der vergangenen Saison waren es mehr als 200.000 Euro, in der neuen Saison steht der extrem klamme Verein bei fast 100.000 Euro an Bußgeldern wegen Pyro-Missbrauchs. Geld, das der HSV eigentlich nicht hat.

Trotz Kontrollen kommt das Teufelszeug regelmäßig in die Arenen und wird abgebrannt. Danach hagelt es Geldbußen für die Vereine. An den darauffolgenden Wochenenden geht's weiter wie gehabt.

Hoffmann: "Pyro ist Teil der Fan-Kultur"

"Wenn man bedenkt, dass es Pyro seit 20 oder sogar 30 Jahren regelmäßig in deutschen Stadien gibt, dann muss man eingestehen, dass Pyro mittlerweile ein Teil deutscher Fankultur ist. Das kann man gut oder schlecht finden, aber es ist nun mal so", sagte Cornelius Göbel, Fanbeauftragter des HSV. Das sieht auch Hoffmann so.

Bernd Hoffmann, Hamburger SV, Vorstand, Vorstandsvorsitzender
Bernd Hoffmann ist Vorstandsvorsitzender des Hamburger SV © Markus Scholz/dpa

Beispielhaft sei Skandinavien, heißt es. Dort wird sogenannte kalte Pyro getestet. Statt Magnesium-Fackeln, die es auf eine Hitze von rund 2000 Grad Celsius bringen, kommen Nitrozellulose-Bengalos mit maximal 230 Grad zum Einsatz.

"Das wäre eine Prüfung wert", meinte Fortuna Düsseldorfs Klubchef Robert Schäfer. "Aus Sicht der Feuerwehr und der Sicherheit der Menschen sagen wir: Pyro hat im Stadion nichts zu suchen, egal ob 200 Grad oder 2000", erwiderte Carsten-Michael Pix, Referent beim Deutschen Feuerwehrverband.

Die Sicherheit der Besucher ist das höchste Gut

In der Bundesliga wird der HSV-Vorstoß mit Argwohn aufgenommen. Stuttgarts Trainer Markus Weinzierl meinte: "Die Sicherheit ist das Oberste, was gewährleistet werden muss. Das ist das, was wir den Zuschauern garantieren müssen."

Fortuna-Chef Schäfer bekennt: "Legalisieren kann man Pyrotechnik nicht, das ist viel zu gefährlich." Das sieht auch Schalkes Sportvorstand Christian Heidel so: "Ich halte mich lieber an die Gesetze. Wenn eine gewisse Gefahr besteht, dass Menschen zu Schaden kommen, dann ist es problematisch." HSV-Coach Hannes Wolf sagt: "Wenn es gefährlich ist, finde ich es falsch."

Kinder bekommen im Nebel Angst

Sicherheitskräften und Ärzten geht es nicht nur um Verbrennungsgefahr. "Manche Zuschauer haben asthmatische Erkrankungen und leiden unter der starken Rauchentwicklung. Außerdem sind Kinder im Stadion, sie könnten im Nebel Angst bekommen", sagte Pix.

Für Präsident Oke Göttlich vom HSV-Stadtrivalen FC St. Pauli ist die Verwendung von Pyrotechnik "seit Jahrzehnten Teil der Fan- und hysterischen Aufregungskultur". Der Verein habe im vergangenen Jahr in einer Zweitliga-Sitzung das Thema kalte Pyro hinterlegt. Ein Fanladen-Vertreter habe sich diese Variante bereits zeigen lassen.  © dpa

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