• Die Aufregung um die Installation einer europäischen Super League hat die UEFA genutzt, um sich ins Lager der Fans zu schlagen.
  • UEFA-Boss Aleksander Ceferin gab den Empörten und drohte Europas Top-Klubs mit Strafen.
  • Gleichzeitig setzte die UEFA ihre umstrittene Champions-League-Reform um. Sie sieht unter anderem ein Liga-Spielsystem und pro Saison 100 Spiele mehr vor.
  • Der frühere Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga, Christian Müller, sagt: "Da ist gar nichts gut dran für die Zukunft des Fußballs."
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Knapp zwei Tage lang hielten die Pläne der European Super League die Fußballwelt in Atem. Doch genauso plötzlich wie die Pläne auftauchten, scheiterten sie auf kolossale Art und Weise.

Der Protest gegen das Milliardenprojekt von zwölf führenden europäischen Fußballklubs ging vor allem von empörten Fans aus. Auf deren Seite schlug sich aber auch die UEFA. Der europäische Fußballverband - dieser Anschein entstand - nutzte die Gunst der Stunde, um relativ geräuschlos seine umstrittene Reform der Champions League durchzudrücken.

UEFA-Präsident Ceferin droht Super-League-Spielern mit Ausschluss von Länderspielen

UEFA-Präsident Aleksander Ceferin verurteilt die Idee einer Super League aufs Schärfste. Der Slowene betont, dass teilnehmende Spieler nicht mehr für ihre Länder auflaufen dürften. © ProSiebenSat.1

Egal, ob die Super League für alle Zeiten erledigt ist, woran die Aussagen von Real Madrids Boss Florentino Perez und Juventus Turins Präsident Andrea Agnelli zweifeln lassen: FIFA und UEFA stehen plötzlich im glänzenden Rampenlicht, erscheinen als Bewahrer und Retter der "alten Ordnung".

Doch schon diese "alte Ordnung" gefällt vielen Fans längst nicht mehr. Sie fragen, was ein Tabellenvierter in der Champions League zu suchen hat. Ab 2024/25 dürfen gar Klubs an der Champions League alleine wegen ihrer historischen Erfolge teilnehmen. Das Feld der Teilnehmer wächst von 32 auf 36 Teams, die Zahl der Spiele von jetzt 125 auf satte 225. Das Jahr aber hat immer noch nur 365 Tage.

Die Champions League wird ab 2024/25 zur verkappten Super League

Und mit dieser beschlossenen Reform kommt sie, die Liga, die formal auch nichts anderes als eine Super League ist. Das Liga-System löst die bisherigen Gruppenspiele ab. Garantierte zehn Vorrundenspiele pro Team bedeuten mehr fixe Einnahmen für die Champions-League-Teilnehmer, aber auch eine erhöhte Belastung, ehe mit dem Achtelfinale die K.-o.-Runde startet.

"Die übrigen Wortführer der ECA (European Club Association, unabhängige Organisation der europäischen Spitzenvereine, Anm. d. Red.) und sogar die UEFA-Funktionäre, die jetzt im Schatten des Super-League-Getöses ihre Reform der Klubwettbewerbe durchgedrückt haben, sollten nicht zur Tagesordnung übergehen können", kritisiert Christian Müller, einstiger Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL).

"Ich wünsche mir", sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion bezüglich des Scheiterns der Super League, "dass die Übeltäter jetzt nicht ungestört ihren 'Schwamm-drüber-Blues' spielen können. Da gibt es Haupttäter und solche, die vermeintlich nur Schmiere gestanden haben."

Und es gibt die UEFA, unter deren Reformen, so prophezeit es Müller, "die große Mehrzahl der Fußballvereine, der Fußballligen und der Fußball-Fans schon bald massiv leiden" würden. "Da ist gar nichts gut dran für die Zukunft des Fußballs."

Hat der Rummel um die Super League also allen Beteiligten mehr genutzt als geschadet? Es macht fast den Anschein, denn die Empörungswelle bei der durchgewunkenen Champions-League-Reform war im Vorfeld viel geringer.

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Empörte Spielerstatements und Kritik von Trainern gab es kaum zu lesen. So waren es vor allem die Fanverbände, die ihre Stimme lautstark erhoben. Sie werden wohl auch in Zukunft die größten Treiber sein, um das Scheffeln von Millionen im Fußballgeschäft wenigstens etwas einzudämmen.

Christian Müller fordert Reparatur des Schadens: "Nix da mit 'Schwamm drüber'"

"Diejenigen, die uns im Vorfeld ständig die Reformen als den guten Kompromiss verkaufen wollten, sollten daran erinnert werden", fordert Müller. "Nix da mit 'Schwamm drüber', solange nicht der angerichtete Schaden repariert ist."

Die UEFA aber hat ihren vollmundigen Ankündigungen von Strafen gegen die Super-League-Teilnehmer noch keine Taten folgen lassen. Laut "goal.com" seien vorerst keine unmittelbaren Sanktionen gegen diese Teams geplant. Zwischenzeitlich hatte UEFA-Präsident Alexander Ceferin noch mit einem sofortigen Champions-League-Ausschluss gedroht.

Nach den turbulenten Tagen ist das Fußballgeschäft wieder im gewohnten Fahrwasser zurück, als wäre nichts gewesen.

Über den Experten: Christian Müller war von 2001 bis 2010 Geschäftsführer für Lizenzierung und Finanzen bei der DFL und war von 2012 bis 2014 Geschäftsführer bei Dynamo Dresden. Zudem entwickelte er das Financial-Fairplay-Konzept der UEFA mit. Aktuell ist er Studiengangsleiter der Hochschule Fresenius für Sportmanagement.

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Christian Müller
  • Statement John W. Henry
  • Spox.com: Vorerst keine Strafen für Super-League-Klubs
  • Mundodeportivo.com: El Atlético y los equipos italianos e ingleses abandonan la Superliga Europea, en directo
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