Gianni Infantino ist zum insgesamt dritten Mal zum Fifa-Präsidenten gewählt worden. 2016 hatte der schweizerisch-italienische Rechtsanwalt den skandalgeplagten Präsidenten Sepp Blatter ersetzt und eine nahbarere Fifa versprochen. Aber unter Infantino hat sich im Weltverband wenig zum Besseren verändert.

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Als Gianni Infantino am 26. Februar 2016 zum Präsidenten der Fifa gewählt wurde, standen ihm im ersten Wahlgang auf dem Fifa-Kongress noch drei Kandidaten gegenüber. Infantino setzte sich mit einer beherzten Kampagne knapp gegen Sheikh Salman bin Ebrahim Al Khalifa aus Bahrain durch und übernahm das Amt von Sepp Blatter. Infantinos intensive und kluge Wahlkampagne beförderte den Überraschungskandidaten an die Spitze des Weltfußballs.

Zum Zeitpunkt seiner Wahl war die Hoffnung noch recht groß, der in der Schweiz aufgewachsene Rechtsanwalt könnte den Weltverband wirklich zum Positiven reformieren und den Fußball wieder nahbarer machen. Obwohl Infantino aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit für den europäischen Verband Uefa – unter anderem als Generalsekretär von 2009 bis 2016 – in unmittelbarer Nähe zum damals gesperrten Uefa-Präsidenten Michel Platini gearbeitet hatte, verkörperte er den Wunsch nach einem Neuanfang.

Bekanntlich löste sich dieser Wunsch schon innerhalb kürzester Zeit in Luft auf. Bei Infantinos Wahlversprechen ist die Angelegenheit etwas komplexer. Im Folgenden werden drei zentrale Punkte von 2016 analysiert.

Erweiterung der WM auf 40 Nationen

Infantino steht für die Vergrößerung von Turnieren und Wettbewerben wie kaum ein anderer Fußballfunktionär. Schon in seiner Zeit für die Uefa war er daran beteiligt, das Teilnehmerfeld für die Europameisterschaft von 16 auf 24 zu erhöhen und die Uefa Nations League als zusätzlichen Wettbewerb zu etablieren. 2016 versprach er – gerade mit Blick auf die kleineren Uefa-Mitglieder – eine Ausweitung der WM auf 40 Teilnehmer.

Dieses Wahlversprechen hat Infantino nicht nur eingehalten, sondern sogar übertroffen, denn die Weltmeisterschaft 2026 in Kanada, Mexiko und den USA findet mit 48 teilnehmenden Nationen statt – in Katar im vergangenen Jahr waren es noch 32. Auf dem Fifa-Kongress in dieser Woche wurde entsprechend das Format der WM 2026 mit zwölf Vierergruppen beschlossen.

Über eine Milliarde für die Entwicklung des Fußballs

Ein Schwerpunkt von Infantinos Wahlkampagne war das Versprechen, die Entwicklung kleinerer und fußballerisch unterentwickelter Nationen zu fördern. Die Rede war von 1,4 Milliarden US-Dollar, welche die Fifa investieren sollte. "Ich würde gerne einen großen Entwicklungssprung des Fußballs auf der ganzen Welt sehen. Ich möchte eine karibische Liga, Akademien in Afrika, spielende Kinder in Ozeanien", sagte Infantino direkt nach seiner Wahl 2016.

Auch in puncto Investitionen hat er sein Versprechen von damals gehalten. Laut Fifa-Angaben wurden etwa über das "Fifa Forward"-Programm fast 2,8 Milliarden US-Dollar seit 2016 bereitgestellt. Etwas mehr als 2,4 Milliarden sind bis jetzt bewilligt worden, wobei knapp 19 Prozent an die Konföderationen, also die Kontinentalverbände, direkt flossen. 2016 hatte Infantino mit Sheikh Salman noch den künftigen Präsidenten des Asien-Verbandes AFC als Kandidat gegen sich, aber mittlerweile kann er auf die Unterstützung vieler kleinerer Verbände bauen, die ihm ihre Stimme auf dem Fifa-Kongress geben werden.

Gute Football Governance

Ein weiteres wichtiges, wenn nicht sogar zentrales Element von Infantinos Kandidatur 2016 war das Versprechen einer verbesserten "Football Governance" durch die Fifa. "Ich werde unermüdlich dafür arbeiten, den Fußball wieder zur Fifa zu bringen und die Fifa wieder zum Fußball. Das ist, was wir tun müssen", versprach Infantino.

Allerdings versteht man unter guter "Governance" gemeinhin Eigenschaften wie Transparenz, Fairness und Rechenschaftspflicht. Der neue Fifa-Präsident hat diese Punkte bis heute nicht erfüllen können. Schon etwas mehr als ein Jahr nach seiner Wahl wollte er die Chefs der Fifa-Ethikkommission ersetzen und zudem die Zusammenarbeit mit der Rechtsanwaltskanzlei Quinn Emanuel, die im Auftrag der US-Justiz zu internen Vorgängen in der Fifa ermittelte, beenden.

Gianni Infantino hat noch nie eine Wahl verloren

Über die Jahre wurde Infantino regelmäßig von Medien oder selbst Funktionären der Fifa wegen angeblich unredlichen Verhaltens kritisiert. Laut Fifa-Rats-Mitgliedern soll er beispielsweise bei der Council-Sitzung im März 2018 ein Milliardenangebot für den Verkauf von Veranstaltungen präsentiert haben. Den konkreten Inhalt wollte er jedoch aufgrund einer Verschwiegenheitsvereinbarung nicht nennen, was einige Council-Mitglieder konsternierte und die Vermutung aufkommen ließ, Infantino hätte persönliche Absprachen mit dem Rechtepartner getroffen.

Das war nur eines von mehreren Beispielen, durch das Infantinos Redlichkeit infrage gestellt wurde. Die Fifa als Weltverband agiert in Gänze oftmals undurchsichtig und vermittelt den Eindruck, dass es regelmäßig zu Absprachen zwischen diversen Akteuren kommt. Aber Infantino hat für sich ein Netzwerk mit nationalen Verbandspräsidenten und diversen einflussreichen Figuren geschaffen, mit dem er seine Wiederwahl sichert.

Anders als 2016 hat Infantino auf dem Fifa-Kongress in dieser Woche keinen Gegenkandidaten. Eine Wahl hat er in seinem Leben ohnehin noch nicht verloren – selbst, als er mit 18 für das Präsidentenamt eines kleinen Amateurklubs im Schweizerischen Brig kandidierte, setzte er sich durch. "Ich habe denen gesagt: Falls ich gewinne, wird meine Mutter jede Woche alle Fußballklamotten waschen", berichtete er später.

Verwendete Quellen:

  • Impact Map der FIFA zur Entwicklung des Fußballs (Stand: 15. März 2023)
  • Africanews: FIFA president promises to accelerate new reforms (29. März 2016)
  • Reuters: Infantino promises 'to bring FIFA back to football' (26. Februar 2016)
  • Business Insider: The new FIFA president won his first election when he was 18 thanks to an amazing campaign promise (26. Februar 2016)
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