Kaum ein deutscher Fußball-Kommentator polarisiert so sehr wie Marcel Reif. Auch innerhalb der Sport-Redaktion gehen die Meinungen auseinander: Die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn. Zwei Kommentare zum TV-Journalisten, der heute seinen 65. Geburtstag feiert.

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Pro Marcel Reif (von Marcel Engels)

So schön die Fußball-WM in Brasilien für uns auch war, sie hatte einen negativen Beigeschmack: die unsäglich schlechten TV-Kommentatoren der öffentlich-rechtlichen Sender. Bei der Mischung aus Stammtischparolen und Fußball-Halbwissen, die Steffen Simon und Kollegen präsentierten, sehnte ich mich nach Sky und seinen Kommentatoren. Vor allem nach Marcel Reif, dem für mich mit Abstand Fähigsten seiner Zunft.

Denn ich brauche niemanden, der mir erzählt, was auf dem Platz passiert. Das sehe ich selbst. Ob der Spielbegleiter mal einen Spieler von seinem Sitzplatz auf der Pressetribüne aus verwechselt, was man Marcel Reif gerne vorwirft: mir doch egal. Der Kommentator soll mir Dinge sagen, die ich nicht weiß. Das Spiel für mich einordnen und mir Nebenaspekte präsentieren, die es für mich interessanter machen. Und er soll mich nicht mit gezwungen kreativen Wortbildern langweilen. Von übertriebenem Geschrei, um ein Spiel spannender zu machen, als es eigentlich ist, mal ganz abgesehen.

Marcel Reif spart sich all diese Oberflächlichkeiten. Man merkt in jeder Sekunde, dass er selbst lange Jahre für Kaiserslauterns Juniorenteams auf dem Rasen stand. Praktisches Fußballwissen, das vielen anderen seiner Kollegen fehlt. Sprachlich ist er sowieso für mich unantastbar. Nur weil er mit Sprache gut umgehen kann, muss man das nicht mit Arroganz gleichsetzen, was seine Kritiker gerne tun. Deshalb freue ich mich jedes Mal, wenn ein Spiel von Reif kommentiert wird. Denn dann weiß ich hinterher mehr als vorher und habe mich nicht gelangweilt.

Kurzum: Alles Gute zum Geburtstag! Bleib so, wie Du bist!

Contra Marcel Reif (von Tim Frische):

Auch ich war mal Fan von Marcel Reif. Da feierte ich meinen Geburtstag allerdings noch mit einem Besuch in der Kinderecke von McDonald's und die Champions League wurde bei RTL übertragen. Seitdem sind gut 20 Jahre vergangen - und Reif hat es geschafft, zu meinem absoluten Anti-Liebling unter den TV-Kommentatoren zu werden.

Dafür gibt es viele gute Gründe. Der wichtigste: Die Spielanalysen von Reif kann ich nicht ernst nehmen. Selbst wenn Mannschaft A das Spiel dominiert, eine Möglichkeit nach der anderen hat, drei Elfmeter verweigert bekommt und dann Mannschaft B trifft, ist deren Führung nach Reifs Ansicht stets verdient. Reif hackt außerdem durchgehend auf einem Team herum, wenn dieses nicht die erwartete Leistung bringt - zumindest bis es dann doch ein Tor schießt. Spätestens dann, wenn Reif nach der fünften missglückten Aktion einer Mannschaft diese zum fünften Mal für ihr angebliches Komplettversagen verreißt, weiß ich, dass ich mir diesen Unsinn nicht länger anhören sollte. Dann schicke ich ein Stoßgebet gen Himmel und danke Sky für die Stadionton-Option, mit der ich Reifs nerviges Geschwätz abschalten kann.

Vielleicht wäre Reif halbwegs zu ertragen, wenn er nicht auch noch eine extrem arrogante Art an den Tag legen würde. Seine versehentlich live übertragenen Ausraster gegenüber Mitarbeitern und Fußball-Fans sind legendär. Und sie bestätigen vor allem das Image, das er mittlerweile bei vielen Zuschauer hat: das des abgehobenen, selbstverliebten Kommentators, der sich selbst gewiss für den Größten seiner Zunft hält. Die vergangenen 20 Jahre haben zumindest mir gezeigt: Das ist Reif ganz sicher nicht.

Trotzdem: Auch von mir selbstredend alles Gute zum Geburtstag, Herr Reif.

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