Nationaltorwart Manuel Neuer im Training der Nationalmannschaft
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WM 1962
Hans Tilkowski erhält vor der WM in Chile die Rückennummer eins und fliegt mit dem sicheren Gefühl nach Südamerika, dort das deutsche Tor zu hüten. Als ihm Bundestrainer Sepp Herberger am Vorabend des Auftaktspiels gegen Italien plötzlich mitteilt, dass er auf das 20 Jahre alte Talent Wolfgang Fahrian von Zweitligist Ulm setzen werde, wirft "Til" wütend mit Stühlen, tritt aus der DFB-Auswahl zurück und verlangt die Aushändigung seines Reisepasses sowie ein Rückflug-Ticket. Beides wird dem damaligen Herner verwehrt.
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Mit Fahrian dringt die deutsche Nationalmannschaft ins Viertelfinale vor. Dort ist - anders als bei den WM-Turnieren 1954 und 1958 gegen denselben Gegner - mit einem 0:1 gegen Jugoslawien Endstation für den Weltmeister von 1954 und WM-Vierten von 1958. Tilkowski bestreitet sein nächstes Länderspiel erst im Januar 1964. Fahrian kommt bis 1964 in insgesamt zehn Länderspielen zum Einsatz. Bei der WM 1966 ist Tilkowski sicherer Rückhalt, das legendäre "Wembley-Tor" im Finale gegen England (2:4 n.V.) verhindert er jedoch nicht.
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WM 1986
Uli Stein (r.) ist von 1983 an die Nummer zwei hinter Europameister Harald Schumacher (l.), will sich mit dieser Rolle aber nicht abfinden. Bei der WM 1986 in Mexiko eskaliert der Konkurrenzkampf, als Stein Teamchef Franz Beckenbauer in Anlehnung an dessen frühere Werbespots ("Kraft in den Teller, Knorr auf den Tisch") als "Suppenkasper" verhöhnt und nach Hause geschickt wird.
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Der bis dahin überragende Schumacher hält im Finale gegen Diego Maradonas Argentinien (2:3) nach eigenen Angaben "wie ein Arsch" und fliegt wenige Monate später wegen seines Skandalbuchs "Anpfiff" nach 76 Länderspielen selbst aus der Nationalmannschaft. Stein spielt zwischen 1983 und 1986 sechsmal für die Nationalmannschaft.
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EM 1988
Eike Immel wird 1980 mit 19 Jahren der jüngste Torhüter der DFB-Elf, nach Schumachers Rauswurf ist er ab 1987 die Nummer eins, auch bei der Heim-EM 1988, als das Aus im Halbfinale mit einem 1:2 gegen den späteren Europameister Niederlande kommt. Im ersten Spiel nach dem Turnier setzt Teamchef Beckenbauer in der WM-Qualifikation in Finnland auf den jungen Illgner (l.) - und Immel tritt umgehend zurück.
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Er habe auf die Diskussionen "keine Lust mehr", sagt er. Jahre später spricht er von einem Fehler und einer "Kurzschlussreaktion". Mit seinem Nachfolger Illgner, der beim 1. FC Köln den Posten des Stammtorwarts von Buch-Autor Schumacher geerbt hat, im Tor wird Deutschland 1990 Weltmeister.
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WM 1994
Vor der WM 1994 in den USA stiftet Illgner mächtig Unruhe in der Mannschaft, weil er sich mehr um seine Ehefrau Bianca sorgt als um eine adäquate Vorbereitung auf die Titelverteidigung. Zudem ist Illgner sportlich umstritten, weil Konkurrent Andreas Köpke besser in Form ist. Trotzdem setzt Bundestrainer Berti Vogts auf Illgner als Nummer eins - und wird bitter enttäuscht. Das Aus ereilt den Weltmeister im Viertelfinale mit einem 0:1 gegen Turnier-Überraschung Bulgarien.
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Andreas Köpke (r.) erlebt das Debakel - wie auch Oliver Kahn (l.) - von der Bank aus. Erst nach dem Turnier räumt Vogts in einem "Spiegel"-Interview seinen Fehler offen ein, auf den falschen Torwart gebaut zu haben: "Ich war zu gutmütig, das ist alles. Illgner, den wir lange für einen Vorzeigefußballer gehalten haben, ist ein Beispiel dafür, wie ein Junge von innen zerfressen wird. Jetzt stehe ich vor der Enttäuschung, dass er mich und die Mannschaft nur benutzt hat, um noch einmal 300.000 Mark Prämien und Werbegelder abzustauben."
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WM 2006
Kahn muss sich hinter dem 96er-Europameister Köpke lange gedulden, ehe er zum Stammkeeper, Kapitän und besten Torhüter der Welt aufsteigt. Doch Jürgen Klinsmann nimmt ihm schon vor seinem Debüt als Bundestrainer 2004 die Binde weg und stellt seinen Status als Nummer eins in Frage. Wenig später ersetzt er Kahns Vertrauen, Torwarttrainer Sepp Maier, durch Köpke. "Klinsmann will Kahn fertig machen", ätzt Maier.
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Das Fernduell mit Lehmann schwelt, bis Klinsmann zwei Monate vor der Heim-WM bei einer eilig anberaumten Medienrunde ausgerechnet in München verkündet: Lehmann ist die Nummer eins! Der damalige Londoner rechtfertigt das Vertrauen, spielt während des Turniers fehlerlos und bleibt vor allem wegen seiner Paraden im Elfmeterschießen des aufregenden Viertelfinals gegen Argentinien in Erinnerung.
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Direkt davor kommt es zu einer legendären Geste, als Kahn (l.) Lehmann (r.) vor laufender Kamera kollegial alles Gute für die anstehende Entscheidung wünscht. Angesichts der damals herrschenden Rivalität zwischen den beiden Torleuten ein Zug Kahns, der Größe beweist und ihm Respekt einträgt.
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Vor dem Turnier ist sogar mit einem Rücktritt Kahns (l.) aufgrund der Entscheidung Klinsmanns gerechnet worden, doch der ehrgeizige Bayern-Torwart fügt sich klaglos und fair in seine Rolle als Ersatzmann und darf beim Sommermärchen im Spiel um Platz drei ein letztes Mal für Deutschland ran. Nach dem 3:1-Sieg über Portugal nimmt er die Glückwünsche Lehmanns (r.) entgegen. Kahns 86. Länderspiel ist auch sein letztes, ehe er aus der Nationalmannschaft zurücktritt.
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WM 2018
In der Saison vor der WM 2018 kommt Manuel Neuer (l.) nur auf vier Pflichtspieleinsätze, ehe ihn ein Mittelfußbruch für neun Monate außer Gefecht setzt. Derweil bleibt sein Nationalmannschafts-Konkurrent Marc-André ter Stegen in 19 von 37 Pflichtspielen für den FC Barcelona ohne Gegentor und hegt berechtigte Hoffnungen, beim Turnier in Russland das deutsche Tor zu hüten.
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Neuer aber genießt nicht nur einen großen Vertrauensvorschuss bei Bundestrainer Joachim Löw, sondern meldet sich mit seiner Teilnahme an den letzten beiden Vorbereitungsspielen gegen Österreich (1:2) und Saudi-Arabien (2:1) auch rechtzeitig fit. Für ter Stegen bleibt nur der Platz auf der Bank, und es zerplatzt sein Traum, WM-Torhüter zu sein.
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Mit Weltmeister Neuer im Tor ereilt die deutsche Nationalelf das Aus erstmals bei einer WM bereits nach der Gruppenphase. Ein 0:2 gegen Südkorea stürzt den deutschen Fußball vier Jahre nach dem umjubelten WM-Triumph in Brasilien in eine tiefe sportliche Krise.
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EM 2024
Vor der Heim-EM 2024 kehrt Neuer (r.) wegen eines komplizierten Bruchs des Unterschenkels, den er direkt nach dem Vorrunden-Aus bei der Winter-WM 2022 beim Skifahren erlitten hat, erst am neunten Bundesligaspieltag in den Spielbetrieb zurück - nach einer Pause von diesmal zehn Monaten. Obwohl Neuer schnell wieder seine alte Form beweist, kann sich ter Stegen bis in den März 2024 hinein Hoffnungen machen, diesmal im Kampf um die Nummer eins nicht den Kürzeren zu ziehen.
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Dann aber entscheidet sich Bundestrainer Julian Nagelsmann, der im September 2023 - wie schon nach der Saison 2020/21 beim FC Bayern - Hansi Flick abgelöst hat, für Neuer. Der muss am Tag der Bekanntgabe der Entscheidung aber wegen einer Muskelverletzung das Trainingslager der Nationalelf verlassen. Neuers Torwarttrainer und Vertrauten Toni Tapalovic hatte Nagelsmann im Januar 2023, just, als Neuer sich verletzt hatte, beim FC Bayern München entlassen. Dies stieß bei Neuer auf wenig Verständnis. Nagelsmanns Vertrauen für die EM aber genießt er trotzdem. (sid/hau)